Smart Magic
Magatai hatten ihr nicht einmal den Sattel und das Zaumzeug abgenommen. Sie hielten wenig von den Pferden der Steppe. Geschickt sprang Matani in den Sattel und ließ die Stute langsam laufen. Der Hengst schloss sich an, halb von Tom angetrieben und halb aus Gewohnheit. Matani lächelte.
»Und jetzt werden wir ein wenig üben.«
Sie unterdrückte den Instinkt, die Stute frei galoppieren zu lassen, und führte den Hengst langsam, während Tom lernte, sich an die Bewegungen des Pferdes zu gewöhnen, und dabei seine Angst verlor.
Der endlose Himmel war blau und wolkenlos über ihnen. Die Pferde grasten in ihrer Nähe, und Tom und Matani saßen auf einer groben Decke und verspeisten Brot und frischen Käse aus Begrah-Milch.
»Schmeckt gut«, murmelte er. »Nussig irgendwie.«
»Beglag«, erklärte sie. »Allein hat er wenig Geschmack, aber wir geben oft Nüsse oder getrocknete Früchte hinein. Man muss ihn frisch essen. Wenn er hart wird, kommt er in die Suppe, sonst muss man ihn lutschen.«
»Erinnert mich an Käse aus meiner Welt. Den mochte ich am liebsten auf Pizza.«
»Pizza?«
»Das ist auch ein Essen. So eine Art Fladenbrot mit Käse und Tomaten drauf. Und dazu jede Menge Wurst oder Peperoni, Spinat oder Spaghetti Bolognese oder …«
Er unterbrach sich und lachte. »Sorry, ich mag Pizza. Es kommt nicht alles auf einmal drauf, keine Sorge. Nur das, was passt.«
Matani fand sein Lachen ansteckend. »Klingt lecker. Ich würde gern mal so eine Pizza essen.«
Er schwieg und sah zum Himmel empor.
»Ich auch«, meinte er leise.
»Vermisst du dein Zuhause? Deine Welt?«
Er zuckte mit den Schultern.
»Keine Ahnung. Es ist so wenig Zeit, darüber nachzudenken, verstehst du?« Er wartete nicht auf ihre Antwort. »Ich habe bei einer ziemlich ätzenden Familie gelebt. Also, mein Pflegevater war richtig schlimm. Es war kein tolles Leben. Als ich noch da war, wollte ich nur weg. Aber ich vermisse die anderen, Alex und Karo und Benny und selbst die blöde Schule und sogar Salzi. Ich meine, nie wieder mit denen reden? Kein gemeinsames Kicken mehr? Kein Abhängen? Keine Pizza?«
Obwohl sie nicht alle Worte kannte, die er verwendete, verstand sie diesmal doch sehr genau, was er meinte. »Es tut mir sehr leid für dich. Ich kann verstehen, wie es dir geht. Als ich bei den Magatai war, dachte ich, dass ich dort vielleicht sterben würde. Fern von meinem Stamm, meiner Familie. Ich glaube, ich weiß, was du fühlst.«
Sie schenkte ihm ein trauriges Lächeln. Sie wollte ihm ein Zeichen geben, dass er nicht allein war in dieser für ihn fremden Welt. Obwohl seine Gedanken offensichtlich dunkel waren, gelang es ihm, es zu erwidern.
»Es ist so … seltsam«, fuhr er fort. »Bei uns weiß man nichts mehr von einer geteilten Welt. Klar, es gibt Geschichten, in denen Leute fantastische Länder besuchen, aber das sind Geschichten. Schlechte Filme mit Zeitreisen und so. Aber das hat nichts damit zu tun, wie es hier ist. Als ich die Münzen gesucht habe, da war das mehr eine Spielerei, eine Art Flucht von zu Hause. Ich hab doch im Leben nicht erwartet, dass ich in eine andere Welt geraten würde!«
»Willst du zurückgehen?«
Diesmal sagte er lange nichts. Seine Finger spielten mit einem Grashalm, in den er immer dickere Knoten machte. Als er antwortete, klang seine Stimme nicht sicher.
»Ich denke schon. Nicht unbedingt nach Hause, aber zurück in meinen Teil der Welt durchaus.« Er öffnete die Arme, als wollte er mit dieser Geste die ganze Steppe umfassen. »Das hier, das ist für mich fremd. Ich kenne mich hier nicht aus. Alles ist anders. Hier gibt es Magie! Das ist so anders, dass ich es immer noch nicht raffe.«
Seine Worte verklangen, und Matani wusste nicht, was sie antworten sollte. Ihr Herz sagte ihr, dass es richtig war, dass Tom hierhergekommen war, dass er mit diesem Ort verbunden war. Aber sie konnte verstehen, dass er seine Heimat und seine Freunde vermisste. Wäre es bei mir nicht ebenso?
Sie beobachteten die Wolken, die hoch oben am Himmel über sie hinwegzogen, und lauschten dem Wind, der durch das Gras flüsterte.
»Erzähl mir von den Magatai. Wenn es stimmt, dass ich ihretwegen hier bin, sollte ich mehr über sie wissen«, bat Tom unvermittelt.
Matani lehnte sich zurück, bis sie auf dem Rücken lag. In ihrem Gesichtsfeld waren nur noch die Spitzen der Gräser, der Himmel und die Wolken.
»Sie kamen über das große Meer. Mein Volk lebte damals in den fruchtbaren Ländern an den Küsten. Wir hatten
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