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SMS für dich

Titel: SMS für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofie Cramer
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muss einfach nur noch weinen.
     Aber zum ersten Mal in ihrem Leben fühlt sie sich auch ohne vergebliche lange Erklärungen von ihrer Mutter verstanden.
    Karin streichelt ihr übers Haar, sie spricht leise weiter: «Ich weiß, dass ich damals nicht alles richtig gemacht habe. Aber
     wie jede Mutter wollte auch ich für mein Kind immer nur das Beste! Du würdest doch auch versuchen, deine Tochter so gut es
     geht zu schützen.»
    |157| «Aber ich werde wahrscheinlich niemals Kinder haben!», bringt Clara schwach hervor, weil sie sich noch immer an der Schulter
     ihrer Mutter vergräbt.
    «Natürlich wirst du das, wenn du es möchtest. Du wirst eine neue Liebe finden. Eine andere, aber ganz bestimmt eine, die dir
     auch ein Kind schenkt. Und ich würde dir einfach wünschen, dass dein Kind ein genauso zauberhaftes Wesen sein wird, wie du
     es bist. Genau deswegen geben dir Lisbeth und Willy auch das Geld – weil es bei dir in guten Händen ist und sie dich über
     alles lieben.»
    Clara kann nun nicht mehr. Sie bringt keine einzige Silbe mehr heraus. Sie schluchzt so sehr, dass sie kaum noch Luft bekommt.
    Bevor sie den Mut hatte, ihrer Mutter gegenüber etwas von der Sorge um ihren unerfüllten Kinderwunsch zu sagen, war Clara
     gar nicht richtig bewusst, wie sehr sie dieses Thema offenbar beschäftigt. Sie dachte immer, das Einverständnis zur Heirat
     mit Ben sei automatisch das Ja zu einem Kind gewesen. Denn auch er wollte Kinder, das wusste Clara.
    Schon bei der zweiten Verabredung im «Cheers» hatte Clara die lässige Art beeindruckt, mit der Ben das Wesentliche zum Ausdruck
     brachte. Er hatte sie nach Hause begleitet, sie bereits im Flur innig geküsst und sich dann alle Räume ihrer Wohnung zeigen
     lassen. Auch das Schlafzimmer. Vor einem Kinderfoto von Clara war er stehen geblieben.
    «Wenn ich groß bin, will ich auch mal so süße kleine Hosenscheißer haben. Und du?»
    Bei der Erinnerung an seine Worte muss Clara jetzt lächeln. Allerdings schwingt auch ein bitterer Beigeschmack mit. Wie |158| naiv sie gewesen waren! Nicht ein einziges Mal haben sie erwachsen und ausführlich über das Thema gesprochen.
    Dennoch hat sie all die Jahre mit Ben ihren Kinderwunsch nie wirklich in Zweifel gezogen, sondern eher Mitleid für Menschen
     wie Katja empfunden, die sich bewusst gegen Kinder entscheiden. Auch wenn Clara einige ihrer alten Freundinnen heute nicht
     mehr erträgt, weil sich deren Welt nur noch um Kinder dreht, bildete sie sich immer ein, dass bei ihr alles anders ablaufen
     würde. Sie wollte immer versuchen, einem Beruf nachzugehen und nicht eine dieser Mütter zu werden, die sich für nichts anderes
     mehr interessierten als Windeln und Babysachen. Und sie war so froh, in Ben offenbar den Partner gefunden zu haben, der ähnlich
     tickte wie sie.
    Aber seit dem Abschiedsbrief wird ihre Ahnung zur Gewissheit: Kinder hätten Verantwortung bedeutet, und wahrscheinlich hat
     Ben bei dem Thema einen großen Druck verspürt. Oder besaß er einfach viel mehr Weitblick als sie selbst? Hatte er gewusst
     oder gespürt, dass sie beide noch viel zu stark in ihrer eigenen Kindheit verhaftet waren? Wären sie gar nicht in der Lage
     gewesen, einem kleinen Menschen das nötige Urvertrauen zu geben?
    Clara muss schlucken. Nach allem, was in den letzten Monaten passiert ist, ist der Wunsch nach einem Kind so weit in den Hintergrund
     geraten, dass sie das erste Mal in ihrem Leben nicht mehr sicher ist, ob sie eines Tages wirklich Mutter sein möchte. Sie
     fühlt sich wie an einer Kreuzung mit zu vielen Abzweigungen, von denen keine einzige mit einem Wegweiser beschildert ist.
    Aber sie ist froh, dass sie ihre Familie hat. Ihre Mutter und ihre Großeltern. Und in diesem Moment wird Clara |159| von einer so großen Dankbarkeit erfüllt, dass sie ihre Mutter noch fester an sich drückt. Endlich kann sie sich ihrer Mutter
     gegenüber einmal klein und schwach zeigen. Außerdem ist sie sehr dankbar, so ein großzügiges Geschenk von Lisbeth und Willy
     erhalten zu haben. Für einige Zeit wird sie die Miete für ein geeignetes Atelier bezahlen können, sogar dann, wenn die Selbständigkeit
     nicht so anläuft, wie sie es sich erträumt.
    Clara spürt, wie neue Energie ihren Körper durchströmt. Versöhnlich nickt sie ihrer Mutter zu. Schon morgen wird sie das Auto
     vollladen und ihre schönsten Bilder zu Beppo bringen.
    Vielleicht sollte ich auch meine Familie und Freunde ins «Castello» einladen, denkt Clara. Am

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