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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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wischten sich mit den Schürzen die Gesichter ab. Nur meine Nana und eine ihrer Schulfreundinnen wirkten frisch und wohlklimatisiert, als hätten sie sich den Abend über aus der Küche fern gehalten. (Sie hatten tatsächlich in Nanas Zimmer gekifft und ausgestopfte Büstenhalter anprobiert.)
    »Die Bienen kommen, wenn sie den Honig riechen«, sagte Herr Nanabragov, zuckend und mit den Hüften wackelnd. »Frauen, ihr seid wie die Bienen –«
    »Mach schnell, Timur«, sagte eine farblose ältere Frau, das dünne Haar mit Mehl bestäubt. »Du plapperst bis morgen früh, und wir stehen da und lassen den Hammel verbrutzeln.«
    »Leute, das ist mein Eheweib!«, rief Herr Nanabragov und zeigte auf seine Gattin. »Die Mutter meiner Kinder. Seht sie euch genau an, es ist vielleicht das letzte Mal, denn wenn sie die Kebabs verkohlen lässt, werde ich sie heute Abend wahrscheinlich umbringen.« Gelächter und Prösterchen. Die Frauen blickten ungeduldig zurück in Richtung Küche. Nana rollte mit den Augen, blieb aber stehen, bis der Hausherr rief: »Husch, husch, ihr Frauen! Flattert davon … Doch halt. Erst, geliebtes Weib, gib mir noch einen Kuss.«
    Frau Nanabragovna seufzte und trat zu ihrem Gatten. Sie küsste ihn sechsmal, auf Backen, Schläfen und Nase. Sie wollte wieder gehen, aber er stand auf, warf sie zurück und drückte ihr laut einen dicken Schmatzer auf den Mund, während sie winselnd mit den Armen um sich schlug. »Papa«, sagte Nana, »das ist ihr peinlich.« Nana sah mich entnervt aus ihren braunen Augen an, als wollte sie entweder, dass ich ihre Eltern trennte, oder mich mit derselben Leidenschaft auf sie stürzte. Keines von beidem brachte ich über mich. Die Schändung der Frau Nanabragovna nahm indessen ihren Lauf.
    »Oho!«, rief die ganze Versammlung. »Wahre Liebe!« »Sie sind unzertrennlich.« »Genau wie im Kino.« »Fred und Ginger.«
    Herr Nanabragov ließ von seiner Gattin ab, die zu Boden plumpste; ihre Freundinnen mussten ihr aufhelfen. Sie klopfte sich den Schmutz vom Rock, verbeugte sich schüchtern vor den Männern am Tisch, und sich den Mund mit dem Ärmel abwischend, verschwand sie wieder in Richtung Küche. Nana packte ihre Freundin am Arm und folgte den älteren Frauen mit übertriebener männlicher Großspurigkeit.
    Die allseitige, von den Frauen erzeugte Erregung flaute wieder ab. Der Hammel wurde aufgetragen, und seine knorpelige, fettige Konsistenz sollte unsere Zähne noch lange beschäftigen. Der Hausdiener Falisch, ein halb unsichtbarer mohammedanischer Gnom, erschien an unserer Seite, um von dem gigantischen Kebab neue Stücke abzusäbeln. »Esst nur, esst, ihr Herren«, sagte er. »Spuckt die Knorpel ruhig aus, vielleicht kann Falisch sich daraus noch eine Mahlzeit bereiten. Auch recht, spuckt mir die Knorpel ruhig ins Gesicht, Exzellenzen. Bin ich denn kein Mann? Offenbar nicht.«
    Ich konnte kaum fassen, dass ein Diener so ungezogen mit seiner Herrschaft sprach, und drückte im Namen des Gastgebers mein Entsetzen aus. Aber Herr Nanabragov sagte nur: »Wir stehen dir zu Diensten, Falisch. Iss, so viel du magst, und trink, was dein Glaube dir erlaubt.« Und darauf schnitt Falisch sich ein paar besonders zarte Happen ab und machte sich mit jemandes Weinhorn davon.
    Langsam fanden die Männer ihre Sprache wieder. Nachdem sie den Hammel zerkaut und sich den Dessertwein in die Gurgel gekippt hatten, griffen sie zu ihren
mobilniki
und bellten Befehle quer durch die Stadt oder bezirzten ihre Geliebten. Ein Grüppchen älterer Männer, die sich in Stylingfragen offensichtlich an Herrn Nanabragov orientierten – halb offene Leinenhemden und improvisierte nervöse Zuckungen –, führten dasselbe fruchtlose Gespräch, das in jenem Sommer auch die Salons von Moskau und St. Petersburg beherrschte: ob ein Mercedes 600S (ein so genannter
schestjorka
) einem BMW 375i vorzuziehen sei. Zu dieser Frage hatte ich wenig beizutragen, außer meiner Vorliebe für Landrover, deren Sitze sich so kuschlig an mich schmiegten. Andere, darunter der schweigsame Antisemit Wolodja, widmeten sich der Ölindustrie in einer Sprache, die ich nicht verstand –
»light sweet crude«
, » OPEC -Benchmark« und so weiter.
    »Wissen Sie«, sagte ich zu Herrn Nanabragov, »ein komischer amerikanischer Freund von mir glaubt, dass es bei diesem ganzen Krieg um Öl geht. Um eine Pipeline, die entweder durch das Gebiet der Sevo oder der Svanï gelegt werden soll, und wer mehr Profit daraus schlägt.«
    Die Worte

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