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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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er mit seinem Vater in einen Zuckwettstreit treten. »Hier hat es in der vergangenen Woche 65 Tote gegeben –«
    »Darunter deinen lieben Trotl«, erinnerte Herr Nanabragov ihn.
    »– und die Welt hat keine Träne um sie geweint.«, sagte Bubi.
    »Wir sind nicht wie diese reichen, verzogenen Italiener, wir wollen Globalisierung total«, sagte Herr Nanabragov zu mir. »Wir wollen Kapitalismus und Amerika.«
    »Und Israel«, sagte Bubi.
    » BBC One, France 2, Deutsche Welle, Rai Due und CNN haben live berichtet, und jetzt, weil ein Europäer tot ist, kannst du einschalten, wo du willst, alle weinen um den Flegel aus Genua.«
    »Wie viele Flegel müssen wir denn
noch
umbringen?«, sagte Bubi.
    »Psst, mein Sohn, dies ist ein friedliebendes Land«, sagte Herr Nanabragov.
    Plötzlich sahen sie mich alle an und zupften an ihren Hemden herum; Parka Gylle legte sein Hühnerbein ab und rülpste sich elegant in die Hand. »Ihr Konflikt lässt sich schwer definieren«, versuchte ich. »Niemand weiß so richtig, worum es geht.«
    »Um unsere Unabhängigkeit!«, rief Herr Nanabragov.
    »Und Israel«, sagte Bubi.
    »Um St. Sevo den Befreier«, rief einer der älteren Männer.
    »Um die Wahre Fußstütze Christi.«
    »Den diebischen Armenier.«
    »Den leise sich erhebenden Leoparden.«
    »Und natürlich auch um Parkas neues Wörterbuch!«
    »Alles schön und gut«, sagte ich. »Aber die Leute wissen nicht mal, wo euer Land liegt oder wer ihr seid. Ihr habt keine weltbekannten kulinarischen Spezialitäten; wenn ich alles richtig verstanden habe, ist eure Diaspora in Südkalifornien, drei Zeitzonen von der Medienmetropole New York; und bei euch gibt es keinen lang anhaltenden Konflikt mit hohem Wiedererkennungswert wie zwischen den Israelis und den Palästinensern, über den sich die Menschen in den reicheren Ländern beim Abendessen streiten können. Am besten, ihr organisiert euch eine UN -Intervention wie in Osttimor. Vielleicht schicken sie Truppen.«
    »Die UN wollen wir nicht«, sagte Herr Nanabragov. »Wir wollen keine Soldaten aus Sri Lanka auf unseren Straßen. Das haben wir nicht nötig. Wir wollen Amerika.«
    »Wir wollen
big time
«, krähte Bubi auf Englisch.
    »Bitte, du musst mit Israel reden«, sagte Herr Nanabragov, »dann empfehlen sie uns vielleicht den Amerikanern.«
    »Wie soll ich denn mit Israel reden?«, fragte ich. »Was soll ich ihm sagen? Ich bin ein einfacher belgischer Bürger.«
    »Dein Vater hätte
gewusst
, was man sagen muss«, erklärte mir Herr Nanabragov.
    Still käuten wir diese Mitteilung eine Weile wieder. Die Finken trällerten den Spatzen etwas zu, und die Spatzen revanchierten sich. Es kam zu einem Stromausfall. Das Haus um uns herum wurde dunkel, und sofort warf das Mondlicht Schatten auf die verglasten weinberankten Veranden. Schließlich sprangen die Notstromaggregate an. Aus der Küche hörten wir den schwermütigen Gesang der Frauen, nur meine Nana fehlte im Chor. Irgendwo in der Ferne fiel ein Hund in das Jaulen ein.
    Herr Nanabragov hatte Recht. Mein Vater hätte gewusst, was man sagen musste.

29
    Ein böser Diener
     
    Die Trinksprüche verebbten. In Plastikkanistern trug man süßen Wein auf, und die Männer wurden langsam betrunken. Noch nie hatte ich Menschen im Kaukasus so viel wegbechern sehen. »In der Sowjetzeit tranken wir vor Glück und Liebe; heute trinken wir, weil wir müssen«, sagte Herr Nanabragov, und das war sein letzter program-matischer Trinkspruch des Abends. Die Männer stellten sich in einer Reihe auf, mir die Wangen zu küssen, und ihre Schnapsfahnen und kratzigen Gesichter waren mir nicht unangenehm. »Du musst dich um uns kümmern«, bettelten einige. »Unser Schicksal liegt in deiner Hand.«
    »Meine Mutter wird deine Mutter sein«, versicherten mir andere. »Du kannst dich immer an meinem Brunnen laben.«
    »Stimmt es«, flüsterte Wolodja mir zu, der ehemalige KGB -Agent, »dass die Juden fast die ganze Pornoindustrie in der Hand haben?«
    »Na klar«, sagte ich. »Ich versuche mich auch ab und zu an einem Pornofilm. Wenn Sie von ein paar gefallenen russischen Frauen hören, rufen Sie mich an. Es dürfen natürlich auch junge Mädchen sein.«
    Herr Nanabragov küsste mich sechsmal, auf Wangen, Nase und Schläfen, so wie seine Frau und Tochter ihn geküsst hatten. »Guter Mischa«, sagte er lallend. »Braver Junge. Du darfst uns nicht verlassen und nach Belgien gehen, kleiner Mann. Wir lassen dich einfach nicht weg.«
    Nana trat auf den Balkon, zog mich

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