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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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Knochenbrechen. Wie stehe ich denn da?« Wir tranken auf Ruslans weit bekannte Kraft und seine harten Fäuste. Wir tranken auf seine verkorkste Kindheit. Wir tranken auf seine Website.
    Ein neuer Satz Wodkaflaschen wurde aufgetragen, eine für jeden.
    »Wenn Russland doch nur stark wäre«, sagte Valentin, »und Amerika schwach. Dann könnten wir wieder die Häupter erheben. Dann könnten meine Ruth und meine Naomi die Fifth Avenue entlangspazieren und anspucken, wen sie wollen. Niemand würde es wagen, sie zu schlagen oder sie zu zwingen, aneinander rumzumachen.« Wir tranken auf das Wiedererstarken der russischen Macht. Wir tranken noch einmal auf Naomi und Ruth. Wir tranken auf den bevorstehenden Tag der Strafe für Amerika, an dessen Kommen selbst Aljoscha-Bob mit seinem goldenen amerikanischen Pass nicht zweifelte.
    »Apropos Amerika«, sagte Aljoscha-Bob. »Hör mal, Mischenka …« Aber anstatt weiterzureden, ließ er im Suff den Kopf hängen.
    »Was denn, Aljoscha?«, fragte ich und berührte ihn an der Hand. Doch mein Freund war selig weggeschlummert. Sein kleiner Körper vertrug weniger Wodka als mein großer. Wir warteten einen Augenblick, bis er sich wieder erholt hatte und mit einem Satz wieder wach wurde. »Arumpf!«, machte er. »Hör mal, Mischa. Ich war mit Barry vom amerikanischen Konsulat einen trinken und hab das alte Arschloch gefragt …« Sein Kopf sank wieder nach vorn. Ich kitzelte ihm mit Petersilie die Nase. »Ich hab das alte Arschloch gefragt, ob du jetzt, wo dein Papa tot ist, nicht ein Visum für die Staaten kriegen könntest.«
    Mein Gifthümpel pochte hoffnungsfroh und warnte mich zugleich, dass im Leben alles bitter endet. Still und leise rülpste ich in meine Hand und machte mich bereit, die Tränen wegzuputzen, die da fließen würden, wäre die Nachricht nun gut oder schlecht. »Und?«, hauchte ich. »Was hat er gesagt?«
    »Keine Chance«, murmelte Aljoscha-Bob. »Das Kind eines Mörders lassen sie nicht rein. Außerdem hatte der tote Mann aus Oklahoma politische Connections. In der neuen Regierung stehen sie auf Oklahoma. Sie wollen ein Exempel an dir statuieren.«
    Die Tränen blieben aus. Aber der Zorn suchte sich seinen Weg durch meine Nasenlöcher, aus denen ein tiefes, sonores Pfeifen erklang.Ich nahm die frische Flasche Wodka und pfefferte sie an die Wand. Ein glitzernder Regen aus Klarheit und Licht ging nieder. Die Kundschaft des »Bergadlers« verstummte, ein Dutzend glatt rasierter Köpfe glänzte in der Sommerhitze, die reicheren Männer sahen mit hochgezogenen Augenbrauen ihre Bodyguards an, die Bodyguards prüften ihre Fäuste. Der georgische Geschäftsführer warf einen Blick aus seinem Büro, und als er eruiert hatte, dass ich es war, verbeugte er sich respektvoll in meine Richtung und bedeutete der Kellnerin, mir eine neue Flasche zu bringen.
    »Locker bleiben, Snack«, sagte Aljoscha-Bob.
    »Wenn du was Sinnvolles machen willst, dann wirf den Amis eine Flasche an den Kopf«, sagte Ruslan der Vollstrecker. »Aber vorher schön anzünden. Sollen sie doch alle verbrennen. Mir doch wurscht!«
    »Ich will Amerika«, sagte ich, während ich die neue Flasche öffnete und mir, alle Benimmregeln beiseite wischend, sofort in den Hals schüttete. »New York. Rouenna. Von hinten. Empire State Building. Gemüse vom Koreaner. Salattheke. Waschsalon.« Ich brachte mich mühsam in die Senkrechte. In bunten Mustern und Farben wirbelte der Tisch um mich herum – Hammelfleischstückchen am Spieß, Eigelb, auf Käsepasteten tropfend, Eintopf, blubbernd vor Sonnenblumenöl und Blut. Wie hatte aus einem Spätnachmittagsimbiss nur solch eine Orgie der Gewalt werden können? Wer waren diese Kretins rundherum? Versagen und Mutlosigkeit, wo immer ich hinsah. »Ein Exempel wollen sie statuieren?«, rief ich. »Ich
bin
das Exempel. Ich bin das beste Exempel eines guten, liebevollen, ehrlichen Menschen. Und jetzt werde ich es ihnen zeigen!« Torkelnd machte ich mich auf den Weg in Richtung Mamudow und Landrover.
    »Geh nicht!«, rief Aljoscha-Bob mir nach. »Mischa! Du bist nicht zurechnungsfähig!«
    »Bin ich etwa kein Mann?«, ließ ich den Lieblingsrefrain des Geliebten Herrn Papa erklingen. Und meinem Fahrer Mamudow befahl ich: »Zum amerikanischen Konsulat!«
     
     
    Sicher ist für die Generäle an der Spitze der amerikanischen Einwanderungsbehörde alles schon mal da gewesen: mexikanische Wanderarbeiter, von Kojoten über den Rio Grande gehetzt. Rabenschwarze Afrikaner, in

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