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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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luftdichten Schiffscontainern ins Land geschmuggelt, damit sie am Battery Park Sonnenbrillen verkloppen und ihren Kindern in Togo was zu essen schicken können. Floßladungen voll halb verdursteter, halb verhungerter, halb nackter südamerikanischer Asylbewerber, an den Stränden von Miami angespült (ich habe mich immer gefragt, warum sie sich für solche lange Reisen nie genug Wasser und Knabberzeug mitnehmen). Aber ist ihnen je ein reicher und gebildeter Mann untergekommen, der oben auf dem Fahnenmast über dem Sternenbanner in den Sitzstreik tritt? Ist schon je ein Mann, die Brieftasche überquellend mit dem Gegenwert von einem Dutzend amerikanischer Träume in Dollar, vor ihnen am Boden gekrochen, nur um noch ein einziges Mal die Brooklyn Promenade sehen zu dürfen? Haben Sie je einen kultivierten Europäer erlebt, der dem belgischen Schokotrüffel den amerikanischen Berserker vorzog? Vergessen Sie die Mexikaner und die Afrikaner und so weiter. In gewissem Sinne ist die Geschichte meiner Sehnsucht nach Amerika die bezwingendste von allen. Für eine Nation, die mehr aus dem Bauch lebt als aus dem Kopf, ist sie das größte Kompliment.
    In der Fuschatskajastraße sagte Mamudow, er werde mich am Eingang des Konsulats abladen und um die Ecke fahren (im Bannkreis des heiligen Amerika dürfen Zivilfahrzeuge nicht im Leerlauf warten). »Sie sehen nicht ganz frisch aus, Eure Exzellenz«, merkte Mamudow an. »Legen Sie sich doch zu Hause kurz aufs Ohr. Wir holen eine Asiatin aus dem Bordell und ein bisschen Tavor aus dem Amerikanischen Krankenhaus. Das mögen Sie doch.«
    »Zum
chuj
mit der Asiatin«, rief ich und trat die Wagentür auf. »Bin ich etwa kein Mann, Mamudow?«
    Draußen war die Atmosphäre aufgeladen, wie überall, wo ein westliches Konsulat sich an einer dreckigen Dritte-Welt-Straße aufbauen muss und die lokalen Neutronen und Elektronen sich nicht mit der positiven Ladung des Westens vermischen dürfen. Ich fühlte mich wie von einem unsichtbaren Windstoß getroffen und taumelte zurück.Aber die amerikanische Flagge über dem Portikus des Konsulats winkte mir freundlich und aufmunternd zu. Ich überquerte die Straße und lief zwei russischen Muskelprotzen in die Arme, der eine mit Cäsarenfrisur (um den immer weiter zurückgehenden Haaransatz zu verbergen), der andere mit Bürstenschnitt. Beide reichten mir ungefähr bis an die Brustwarzen, von Buchweizen und Billigwurst gestärkt, in Uniformen mit dem Sternenbanner auf den Schulterstücken.
    »Können wir Ihnen helfen?«, fragte der Bürstenschnitt, als ich auf die Tafel zutorkelte, an der die Regeln für die Erniedrigung russischer Visaantragsteller in englischem Offizianesisch aushingen:
Jedem Antragsteller auf ein Visum zur Einreise in die Vereinigten Staaten wird per Gesetz die Absicht der Einwanderung unterstellt. Die Beweislast, diese Annahme zu widerlegen, liegt beim Antragsteller.
Im Klartext:
Ihr seid alle Nutten und Verbrecher, also was habt ihr hier verloren?
    »Können wir Ihnen helfen?«, wiederholte der Bürstenschnitt. Ein langer, dünner Riss lief von der Stirn bis zu seinem Kinn, als hätte man ihn als Kind einmal zu oft fallen gelassen. »Du hast hier nichts verloren, Junge. Das Konsulat ist geschlossen. Zisch ab.«
    »Ich möchte den
chargé d’affaires
sprechen«, sagte ich. »Mein Name ist Mischa Vainberg, Sohn des berühmten Boris Vainberg, der zur Sowjetzeit vor dem KGB -Hauptquartier einen Hund angepinkelt hat.« Ich lehnte mich an die Mauern des Konsulats, breitete die Arme aus und präsentierte meinen weißen Bauch wie ein Hündchen, das vor einem größeren Hund seine Unterwerfungsgeste macht. »Mein Vater war ein ganz großer Dissident. Größer als Scharanskij! Wenn die Amerikaner erst einmal wissen, was er für die Religionsfreiheit geleistet hat, werden sie ihm auf dem Times Square ein Denkmal setzen.«
    Die beiden Wachleute grinsten sich an. Man kann in Russland nicht mehr oft im Amt einen Juden verprügeln, also heißt es zugreifen, wenn die Gelegenheit sich bietet. Der Jude muss für Gott und Vaterland verprügelt werden, sonst wird man es für den Rest seines Lebens bereuen. Der Typ mit der Cäsarenfrisur ließ seine Nackenrollen spielen. »Wenn du nicht verschwindest«, sagte er, »kriegst du es mit uns zu tun.«
    »Geh doch gleich zum israelischen Konsulat«, schlug der Bürstenschnitt vor. »Da hast du bestimmt mehr Glück.«
    »Koffer! Bahnhof! Israel!«, skandierte Cäsar das bekannte russische Mantra, mit dem man

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