Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
Vom Netzwerk:
Schluck vom Schwarzgebrannten. Für meine neuen Freunde war ich kein blutsaugerischer Jude mehr, sondern ein vertrauenswürdiger Mensch. Ein Alkoholiker.
    »Ich liebe Russland auf meine Art«, platzte ich heraus. »Wenn ich nur etwas für dieses Land tun könnte, ohne dazustehen wie ein Arschloch.«
    »Du hast doch was von ›Mischas Kindern‹ gesagt«, erinnerte Bürste mich.
    »Wie kann ich jungen Herzen Gutes tun, wo doch mein eigenes gebrochen ist? Ich habe gerade meinen lieben Vater verloren. Auf der Palastbrücke in die Luft gesprengt.«
    »Echt traurig«, sagte Cäsar. »Mein Vater ist gerade von einem Brotlaster überfahren worden.«
    »Meiner ist letztes Jahr aus dem Fenster gefallen«, sagte Bürste. »Nur aus dem zweiten Stock, aber auf den Kopf.
Kaput.
« Jeder stießen wir einen tiefen Trauerlaut aus Nasen, Kehlen und Lippen, als würden wir tief tragisch Nudeln aus einer Eisenschüssel schlürfen. Langsam fuhr das Geräusch die Straße hinunter, machte an jeder Tür Halt und vergrößerte heimlich die Verzweiflung dahinter.
    »Wir stehen lieber wieder auf«, sagte ich. »Ich lasse euch jetzt besser in Ruhe. Es könnte ja plötzlich einer eurer amerikanischen Herren vorbeikommen. Und dann werdet ihr gefeuert.«
    »Sollen sie doch alle zum Teufel gehen«, sagte Cäsar. »Wir reden hier mit unserem Bruder. Für unseren Bruder würden wir unser Leben geben.«
    »Wir schämen uns sowieso schon für die amerikanische Flagge auf unseren Ärmeln«, sagte Bürste. »Du hast uns wieder an die Würdeunseres Landes erinnert. Sie können Mütterchen Russland schlagen, wieder und wieder, aber nie wird sie zu Boden gehen. Vielleicht lässt sie sich mal im Rinnstein nieder so wie wir …, einen heben, weißt du …, aber zu Boden geht sie nie.«
    »Helft mir, Brüder!«, jaulte ich, womit ich nur meinte, dass sie mich wieder auf die Beine hieven sollten, aber sie verstanden es eher spirituell – sie stellten mich wieder auf die Füße, klopften mir den Staub von meinem Puma-Jogginganzug, massierten mir die blauen Flecken und küssten mir dreimal die Wangen. »Wenn eure Kinder jemals Winterstiefel oder sonst etwas brauchen sollten«, sagte ich, »kommt zum Bolschoi Prospekt, Nummer 74, auf der Seite vom Petrogradskaja. Fragt nach Boris Vainbergs Sohn, jeder kennt mich da. Ich werde euch alle Stiefel geben, die ich habe.«
    »Wenn dir irgendein
mudak
wehtun will wegen deiner Religion oder dich auslacht, weil du fett bist, holst du uns, dann spalten wir ihm den Schädel«, sagte Cäsar.
    Noch ein letztes Mal prosteten wir einander mit der Flasche zu, »Auf unsere Freundschaft!«, und dann torkelte ich im Zickzackkurs die Straße hinunter zu meinem wartenden Wagen. Eine leichte Brise fuhr mir in den Rücken und wies mir den Weg, blies mir den Staub vom Nacken und pustete mir einen Blutfleck vom Doppelkinn. Die unerträgliche Schwüle des Tages hatte sich verzogen und einer flüchtigen sommerlichen Leichtigkeit Platz gemacht, so wie eben die Gewalt dem Mitgefühl und Verständnis. Mehr als gelegentlichen Strafaufschub verlange ich ja nicht.
    »Habt Ihr mit den Amerikanern gesprochen?«, fragte Mamudow.
    »Nein«, sagte ich und massierte mir den lädierten Speck um meine Nieren. »Aber ich habe mit ein paar Russen gesprochen, und jetzt geht es mir wieder gut. Unsere Landsleute sind so wunderbar, findest du nicht, Mamudow?« Mein tschetschenischer Fahrer schwieg. »Fahren wir zum ›Bergadler‹«, sagte ich. »Vielleicht sind Aljoscha-Bob und seine Freunde noch dort. Ich will noch ein wenig trinken!«
    Aljoscha-Bob und Ruslan der Vollstrecker hatten die Räumlichkeiten eben verlassen, aber der Künstler Valentin hing noch am Tisch herum, pickte hungrig das Sauerkraut von fremden Tellern und stopftesich ein paar Scheiben übrig gebliebenes georgisches Käsebrot in den zerrissenen Ranzen.
    »Wie geht’s, Brüderchen?«, sagte ich. »Genießt du den herrlichen Tag?«
    »Ich gehe jetzt meine Freundinnen im ›Alabama Father‹-Stripclub besuchen«, sagte Valentin kleinlaut.
    Er meinte wohl das Mutter-Tochter-Hurenduo. »He, ich könnte dich und Naomi und Ruth doch zum Essen ausführen!«, sagte ich. »Wir gehen ins ›Nest der Adligen‹.«
    Obwohl der Monarchist sich schon auf Aljoscha-Bobs Kosten gut gemästet hatte, klatschte er jetzt mit den Händen und kreischte: »Essen! Ach, wie christlich von Euch, Hochwohlgeboren!«
     
     
    Der »Alabama Father«-Stripclub war um diese Tageszeit fast leer, nur an einem der hinteren

Weitere Kostenlose Bücher