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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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wohl für den jüdischen Nabokov.«
    Allein der Gedanke, es könnte einen solchen Menschen geben, ließ Ruslan und Valentin schnauben. »Ich finde nicht, dass man diesenShteynfarb auf junge Menschen loslassen darf«, sagte ich. »Besonders nicht an einer Schule wie dem Hunter College, wo die Studenten arm und leicht zu beeindrucken sind.«
    Wir tranken auf die schwierigen Lebensumstände armer, leicht zu beeindruckender Menschen und das Ende des amerikanischen Imperialismus in der Gestalt Jerry Shteynfarbs. Valentin, den Künstler, schienen diese Ideen am meisten zu erregen, er wischte sein Glas vom Tisch und warf die Augen himmelwärts. Er war von schlankem Körperbau mit gelblichem Teint und dem überernsten Gesicht eines slawischen Intellektuellen. Alle unverwechselbaren Kennzeichen waren da: struppiges Ziegenbärtchen, blutunterlaufene Augen, Haare wie ein Stachelschwein, schiefe Zähne unten, große dicke Kartoffelnase oben, 30-Rubel-Sonnenbrille vom U-Bahn-Kiosk. »Du hast wohl was gegen amerikanischen Imperialismus?«, sagte ich zu ihm.
    »Ich bin M-m-monarchist«, stammelte das Bübchen.
    »Na, das ist bei der Jugend von heute ja eine beliebte Haltung«, sagte ich und dachte bei mir:
Oh, unsere arme entthronte Intelligenzija, wozu lehren wir sie überhaupt Literatur und schöne Künste?
»Und wer ist dein Lieblingszar, junger Mann?«, fragte ich ihn.
    »Alexander I. Nein, halt … II.«
    »Der große Reformator. Entzückend. Und wer sind deine Hurenfreundinnen?«
    »Sie machen eine Mutter-Tochter-Nummer«, erklärte der Künstler. »Es gibt Menschen, die es besonders erregt, wenn Mutter und Tochter aneinander rummachen. Sie kommen aus dem Bezirk Kursk. Ganz kultivierte Menschen. Elisabeta Iwanowna spielt Akkordeon, und ihre Tochter, Ljudmila Petrowna, kennt Zitate der großen Philosophen.«
    Sein Gebrauch ihrer Vatersnamen war seltsam rührend – mir war sofort klar, worauf er hinauswollte. Das war der einzige Weg, der unseren jungen Raskolnikows offen stand. »Ich werde sie retten!«, rief er, und mir war sofort klar, dass er sie nicht retten würde.
    »Ich vermute, du stehst auf die Tochter«, sagte ich.
    »Sie stehen mir beide so nah«, sagte Valentin. »Wenn man ihnen begegnet, sieht man gleich, wie sie aneinander hängen. Sie sind wie Naomi und Ruth.«
    Wir kippten zwei Kurze hintereinanderweg, einen auf Naomi und einen auf Ruth. Die Stimmung schlug ins Aggressive und Sentimentale um. Ich glitt in verschiedene Gespräche hinein und schwebte wieder aus ihnen heraus.
    »Scheiß auf alle«, hörte ich Ruslan den Vollstrecker einmal sagen, aber ich war mir nicht sicher, auf wen er sich bezog. »Alle vor die Straßenbahn werfen! Mir doch wurscht!« Das Mädchen aus Georgien brachte mehr Mutton und einen dicken Laib
khachapuri
, einen anheimelnden Brotfladen, gefüllt mit ricottaartigem Käse. Wir tranken auf Georgien, des Mägdeleins herrliche, unregierbare, mittellose Heimat, und beinahe wollte sie sich uns an den Hals werfen und vor Scham und Dankbarkeit weinen.
    Ein neuer Satz Wodkaflaschen wurde aufgetragen, eine für jeden.
    »Sie kastriert mich«, rief Aljoscha-Bob in einem dramatischen Tonfall, den er sich in Russland angewöhnt hatte. »Wie kann sie mir das antun? Was soll ich ihr denn noch geben? Ihr gehört schon mein ganzes Herz. Warum kann sie mich nicht so lieben, wie ich bin? Was findet sie bloß an Boston so toll?«
    Wir tranken auf Aljoscha-Bobs Herz. Wir tranken auf seine Männlichkeit. Wir tranken auf sein fliehendes jüdisches Kinn und seinen Billardkugelkopf. Wir atmeten die giftigen Dämpfe wieder aus, die uns die Kehlen hinunterströmten, über unseren Köpfen erstrahlte ein Regenbogen aus Alkoholdunst, während die untergehende Sonne die Turmspitze der nahen Peter-und-Pauls-Festung in ein flammendes Ausrufezeichen verwandelte. Wir tranken auf die untergehende Sonne, unsere heimliche Mitverschworene. Wir tranken auf das goldene Ausrufezeichen. Wir tranken auf Sankt Peter und Sankt Paul.
    Ein neuer Satz Wodkaflaschen wurde aufgetragen, eine für jeden.
    »Warum kann meine Website nicht www.ruslan-der-vollstrecker.com heißen?«, fragte Ruslan. »Warum heißt sie ruslan-der-bestrafer.org?«
    »Weil ruslan-der-vollstrecker.com schon vergeben war«, erklärte Valentin sanft.
    »Aber ich
bin
der Vollstrecker. Ich kenne Ruslan den Bestrafer. Wohnt bei seiner Mutter am U-Bahnhof Avtovo. Ein Würstchen. Jetzt werden die Leute mich für ihn halten. Jetzt holen sie mich nie mehrzum

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