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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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Tische neben dem verlassenen Roulette und der importierten Cola-Rum-Maschine hatten sich vier Angehörige des niederländischen Konsulats dumm gesoffen. Trotz des Publikumsmangels standen Valentins liebe Freundinnen Elisabeta Iwanowna und Ljudmila Petrowna auf der improvisierten Bühne und rieben sich zu den Klängen der amerikanischen Supergruppe Pearl Jam an zwei Stangen.
    Der Altersunterschied zwischen den beiden Gefährtinnen des Künstlers fiel weniger stark ins Auge, als ich angenommen hatte; eigentlich erinnerten Mutter und Tochter eher an zwei Schwestern, die eine vielleicht zehn Jahre älter als die andere, ihre nackten Brüste der Schwerkraft ergeben, mit einer Hautfalte über dem kleinen Bäuchlein. Die Mutter versuchte, Ljudmila ihre Theorie von der Stange als wildem Tier zu vermitteln, das man mit den Schenkeln packen musste, damit es nicht entkam. Wie alle Töchter wollte auch diese nichts von der Mutter wissen und sprach: »Ich weiß, was ich tue,
mamotschka
. Wenn du schläfst, sehe ich mir die richtig guten Filme an –«
    »Du bist ein Schwachkopf«, sagte die Mutter, sich unter dem Sound der sich verzehrenden amerikanischen Rock-’n’-Roll-Band windend. »Warum habe ich dir bloß das Leben geschenkt?«
    »Meine Damen!«, rief Valentin ihnen zu. »Meine Lieben …, ich wünsche euch einen guten Abend!«
    »Hallöchen, mein Kleiner«, sangen Mutter und Tochter im Chor. Beide legten sie sich eine Hand auf die winzigen Höschen und schenkten dem Künstler ein besonders wildes Vorzugsrubbeln.
    »Meine Damen«, sagte Valentin, »darf ich euch Michail Borisowitsch Vainberg vorstellen. Einen sehr guten Menschen. Wir haben heute Abend schon auf den Untergang Amerikas angestoßen. Er fährt einen Landrover.«
    Die Damen warfen einen Blick auf meine teuren Schuhe und hörten auf, sich die Höschen zu rubbeln. Sie sprangen von ihren Stangen und rieben sich stattdessen an mir. Schnell roch die Luft um mich nach Nagellack und sanftem Druck. »Guten Abend«, sagte ich und fuhr mir durch die lockige Mähne, Prostituierte machen mich nämlich immer ein bisschen schüchtern. Ich muss gestehen, dass ihr warmes Fleisch sich gut an mir anfühlte.
    »Wir nehmen dich mit nach Hause!«, kreischte die Tochter und fuhr mir mit einem neugierigen Finger die Arschfalte meiner Hosen ab. »50 Dollar die Stunde für uns beide. Alles, was du willst, von vorn oder hinten, aber bitte keine blauen Flecken.«
    »Oder noch besser, wir gehen mit zu
dir
!«, sagte die Mutter. »Wahrscheinlich hast du ein tolles Haus am Ufer der Moika … oder eins dieser tollen alten Häuser aus der Stalinzeit am Moskowskij Prospekt.«
    »Mischa ist der Sohn des Boris Vainberg, eines berühmten und kürzlich verschiedenen Geschäftsmannes«, verkündete Valentin. »Er hat sich erboten, uns in ein Restaurant namens ›Nest der Adligen‹ einzuladen.«
    »Noch nie gehört«, sagte die Mutter, »klingt aber ganz toll.«
    »Es befindet sich im Teehaus des Yusupov-Palastes«, sagte ich mit einem Anflug von Pedanterie, da ich wohl wusste, dass die Villa, in der man den durchgeknallten Mönch Rasputin vergiftet hatte, auf die Damen wenig Eindruck machen würde. Valentin rang sich ein stilles geschichtsbewusstes Lächeln ab und drängelte sich ein wenig an die Tochter, die ihm die Gunst eines züchtigen Kusses auf die Stirn erwies.Das »Nest der Adligen« ist wirklich ein faszinierender Ort. Normalerweise sind Nutten und Menschen aus den unteren Einkommensklassen wie Valentin nicht zugelassen, aber meines guten Rufes wegen lenkte die Geschäftsführung rasch ein.
    Nun, jeder weiß, dass St. Petersburg tiefste Provinz ist und im Schatten unserer feigen Hauptstadt Moskau verkümmert, die selber als Dritte-Welt-Megalopolis am Rande eines spektakulären Untergangs steht. Aber das »Nest der Adligen« ist eines der göttlichsten Restaurants, die ich je gesehen habe – von den Wänden trieft mehr Goldbeschlag als, jawohl, von denen der Isaakskathedrale; sie sind zu allem Überfluss bis an die Decke mit Porträts von Adligen behängt. Und doch wurden die Exzesse der Vergangenheit hier überraschenderweise mit der ruhigen Würde des Winterpalastes geerdet.
    Ich hatte gewusst, dass einer wie Valentin hier aufblühen würde. Für seinesgleichen stand dieses Lokal für eines der beiden Russländer, die sie begreifen konnten. Für sie gab es nur den Marmor und Malachit der Eremitage oder die verkommene Gemeinschaftswohnung im Kolomna-Viertel.
    Beim ersten Blick auf die

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