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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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bäurischen Magd, einfältig und beschränkt, die dem netten Kleinadligen Kirsanow in die Arme fällt, in jeder Verfilmung die Rolle für meinen Vater. Ich verfüge über eine wahrhaft erstaunliche Fähigkeit, die Möglichkeiten der Menschen falsch einzuschätzen. Ljuba war keine Fenitschka. Sie war eher eine zeitgenössische Anna Karenina oder die dumme Ziege Natascha aus
Krieg und Dingsda
.
    »He«, sagte sie. »Das ist meine Lieblingsstrophe. Wo Humungous G … Wie sagt man das? Wo er
kackt

    »Wo Humungous G ein paar Reime kackt«, sagte ich.
    Ljuba stellte sich im Bett auf, haute mit den Händen großstädtisch in die Luft, wackelte mit den Hüften wie eine gebärfreudige amerikanische Studentin und sang:
Siiihxty-inch plasma screen
    Bitch, you never seen
    Such mad expensive shit
    Puuut mei fingers on your clit
    Uh, sex in the Lex
    Check my dschenjuine Rolex
    Faiping cum off your tits
    I’m busting phat beats
    Right past yo’ shoulder
    It’s over
    Now go cook for my kids
    »Das war aber hübsch«, sagte ich. »Dein Englisch ist schon viel besser geworden.«
    »Und was am Judentum noch so toll ist«, sagte sie, »es ist ja so was von alt. Boris hat mir erklärt, dass wir nach dem jüdischen Kalender schon im Jahr 5760 leben!«
    »Du lässt nicht locker, was?«, sagte ich. »Aber was ist schon die Vergangenheit, Ljuba? Fern und dunkel ist sie, und die Zukunft können wir nur erraten. Die Gegenwart! Da hast du etwas, woran du glauben kannst! Wenn du wissen willst, zu wem ich bete, Ljuba, es ist das heilige Hier und Jetzt.«
    Worten können Taten folgen. Nun hüpfte Ljuba aus dem Bett, hakte ihren Texasgürtel auf und schleuderte sich in einer akrobatischen Einlage den Saum ihres langen Jeanskleides über die Knie, über ihre struppige braune
pizda
, den straffen Bauch, das lange blasse Oval ihres Gesichts – bis sie plötzlich nackt vor mir stand.
    Verstohlen riskierte sie kurze Blicke auf ganz nebensächliche Teile meiner Physiognomie, meinen Unterleib zum Beispiel, die Hände an den Seiten. Nach einer Weile senkte sie die Augen noch weiter, bis sie auf ihren Brüsten ruhten, zwei kleinen weißen Beutelchen, die friedlich auf ihren sonnengebräunten Rippen lagen.
    Sie nahm eine in die Hand, drückte sie und tat dann mit der anderen dasselbe.
    »Na, so ist das eben«, erklärte sie mir achselzuckend. »In meinem Innersten bin ich total scharf auf dich.«
    Da stand ich nun, keinen halben Meter vor dieser jungen Russin, versuchte mir zu vergegenwärtigen, wer ich war, ureigentlich, fragte mich, ob sich Mitleid als Erregung verkaufen lassen würde oder umgekehrt. Grund genug gab es für beides. Ljuba war schlank und durchtrainiert (vor allem im Vergleich zu mir), nur an einer Hüfte entlang und abwärts auf ihr Geschlecht zu lief ein Streifen glänzender verhärteter Haut, wo ein Verwandter mit zwölf Jahren versucht hatte, sie anzuzünden. Der Geliebte Herr Papa hatte immer behauptet, dass er diese Stelle am zartesten küsste, aber mit meiner sowieso schon überstrapazierten Vorstellungskraft konnte ich mir dieses Bild – Papas Fischlippen auf Ljubas Narbe, sein alltäglicher Jähzorn vom Erbarmen gemildert – nur schwer vor Augen rufen.
    Ereignisse bahnten sich an und gaben mir das Gefühl, nur ganzperipher mit ihnen zu tun zu haben. Ljuba lag wieder auf dem Bett, ihre Arme hingen in der Luft, ihre
pizda
lag wie ein weiches braunes Stück Fell dazwischen. »Ich muss mich vorbereiten«, sagte sie. Sie griff sich eine Tube und drückte sich mit einem höchst unangenehmen Geräusch etwas daraus auf die Finger. Dann führte sie sich die Finger ein. »Das macht es leichter für mich«, erklärte sie.
    Es war unhöflich, einfach so dazustehen und sie anzustarren. Ich ließ die Hosen fallen, um Ljuba mit meinem purpurnen Halb-
chuj
bekannt zu machen, meinem zu Klump gehauenen Leguan. In diesem Land gilt es als tödliche Beleidigung, nicht mit einer nackten Frau zu schlafen, auch wenn sie mit dir verwandt ist. Also hatte ich zu handeln wie ein Mann, auch wenn ich in Wirklichkeit längst durch die Decke davongeflogen war, über das ockerfarbene Gewirr der Dächer Leninburgs, rund um die goldene Spitze der Admiralität und darüber hinweg und hinaus in die dunklen blauen Weiten des Finnischen Meerbusens, wo, wie ich immer geglaubt hatte, die Essenz meiner Mutter glückselig und kultiviert über dem französischen Garten eines der Sommerpaläste des Zaren in der Schwebe hing (obwohl, wie ich eben dargelegt hatte, es

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