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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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bewerben sollen. Warum habe ich nur auf Josh Weiner gehört?«
    »Das reicht!«, befahl ich. »Tränen trocknen und auflegen. Wir sind gleich dran. Stark bleiben!«
    Ein frühpubertierender Soldat klopfte an unser Wagenfenster. Er blickte erst auf meine schweren Titten, dann auf den zitternden Trotl und meinen ahnungslosen Timofej und versuchte, unsere Menagerie einzuordnen. »Was sind Sie für ein Landsmann?«, herrschte er den Demokraten an, wobei seine Schnaps- und Knoblauchfahne ins Wageninnere schwappte, zusammen mit dem anheimelnden Geruch nach ungewaschener männlicher Scham. Trotl fing an, ihn verzweifelt anzublöken. Der Soldat ignorierte ihn, fasste ihm mit seiner großen schwarzen Tatze ins Hemd und zog ein kleines goldenes Kreuz an einer Kette heraus. Er identifizierte die Sevo-Fußstütze und warf das Kreuz dann Trotl wieder ins Gesicht. »Raus aus dem Wagen,
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«, sagte er.
    »Ich bin Belgier«, rief ich und wedelte mit meinem Pass. »Ich bin belgischer Staatsbürger. Wir sind auf dem Weg ins Hyatt. Dies ist ein Hyatt-Wagen. Er ist mein Fahrer. Ich bin ein sehr wichtiger Mann, ein Jude.«
    Der Soldat seufzte. »Das jüdische Volk lebt seit langem in Frieden in diesem Land«, rezitierte er. »Meine Mutter wird auch Ihre Mutter sein –«
    »Jetzt lassen Sie meine Mutter mal«, sagte ich. »Wissen Sie, wer mein Vater war? Boris Vainberg.«
    »Soll ich jetzt etwa jeden Juden im Land kennen?«, fragte der Soldat. Er hob seine Kalaschnikow und schob die Mündung in den Knoten von Trotls Zenga-Schlips. In der Hose des armen Mannes breitete sich eine vertraute Flüssigkeit aus und tropfte ihm auf die Schuhe. Rot erglühte sein Körper in den gestärkten Baumwollklamotten. Vielleicht erlitt er gerade einen Herzinfarkt.
    Ich dagegen fühlte mich obenauf wie noch nie.
    »Sie wissen nicht, wer Boris Vainberg war?«, brüllte ich den Soldaten an. »Er hat KBR die 800-Kilo-Schraube verkauft.«
    »Sie sind bei KBR ?«, fragte der Soldat.
    »Golly Burton, Golly Burton«, wieherte Timofej vom Rücksitz.
    Der Soldat senkte die Waffe. »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«, fragte er. Aus traurigen Kinderaugen sah er uns an, der Chance beraubt, uns verprügeln zu dürfen. Er salutierte nachlässig. »Weiterfahren die Herren.«
    Trotl gelang es, den Gang einzulegen, und langsam tuckerten wir zum »Plateau International« hinauf, im Windschatten eines gepanzerten Truppentransporters. Der Demokrat weinte nicht mehr und stieß nur noch rhythmisch Urin aus, krampfte die Hände um das Lenkrad und behielt die Flakkanone im Auge, die unmittelbar vor uns auf und ab hüpfte.
    »Wow«, sagte ich auf Englisch. Ich drehte mich nach meinem Diener um. »Hast du das gesehen, Timofej? Wir haben es geschafft. Wir haben ein Leben gerettet. Wie heißt es noch im Talmud? ›Und wer eine Seele rettet, wird betrachtet, als habe er eine ganze Welt gerettet.‹ Ich bin nicht religiös, aber mein Gott! Was für eine Leistung. Trotl, wie fühlen Sie sich?«
    Aber Trotl konnte mir nicht so viel Dankbarkeit erweisen, wie ich verdiente. Er musste atmen und fahren. Ich beschloss, ihm noch ein wenig Zeit zu lassen. Im Kopf entwarf ich schon eine Mail an Rouenna über die Heldentaten des Tages. Wie hatte sie mir in dem Traum vom Achtdollarapfel gesagt?
Sei ein Mann. Mach mich stolz.
Beides abgehakt.
    Achträdrige gepanzerte Truppentransporter vom Typ BTR -70 verstopften den Boulevard der Nationalen Einheit; wer immer das Programm von BBC World verfolgte, war mit ihrer schiefen, schwankenden Erscheinung vertraut. Vor dem strategisch bedeutenden Benetton-Shop und der Parfümerie 718 waren Panzer aufgefahren. Schlanke Absurdis in schwarzen Jeans und schicken Hemden, nur mit ihren
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bewaffnet, rannten den Boulevard entlang und versuchten, den betrunkenen Soldaten auszuweichen, die sie beschimpften und ihnen Analverkehr und Schlimmeres androhten.
    Kurz vor den Hochhäusern von Hyatt und Radisson steckten wir in einer Menge aus schreienden und schubsenden Fußgängern fest, die alle in dieselbe Richtung wollten. Soldaten hatten sie umzingelt, zerfledderten ihnen die Papiere und zerrten an ihren Kreuzen. Sie schlugenden Menschen ins Gesicht und betatschten kichernd und vergnügt die jungen Mädchen. Mitten im Gewühl versuchte ein junger Soldat, ein Kreuz von einem matronenhaften Hals zu reißen, während er das Gesicht der Dame mit Fausthieben traktierte. »Räuber!«, kreischte die Frau. »Bürger, zu Hilfe! Räuber!« Aus irgendeinem Grund

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