Snack Daddys Abenteuerliche Reise
wahrscheinlich vom Sevo-Plateau unter uns. Rundherum schien es zu einer seltsamen akustischen Verzerrung zu kommen, als wäre die Sommerhitze mit ihren dicken Schichten aus schimmernder, hoch schwefliger Luft plötzlich hörbar geworden. »Scheiße«, rief Lefèvre, als die Recyclingcontainer plötzlich unkontrolliert zu wackeln begannen, wofür das Gebrüll der Frauen nicht allein die Ursache sein konnte. »Oh Kacke, Pisse, Arsch«, sagte er.
Trotl kam aus dem Restaurant gerannt, an den zitternden Händen die gelblichen Reste eines Cheeseburgers, Ketchupflecken auf dem Zenga-Schlips. Er versuchte zu sprechen, brachte als hilfloser Intellektueller aber nur ein Stammeln und Wiehern hervor. Erst der McDonald’s-Junior-Manager Mischa konnte uns die Lage erklären.
»Georgi Kanuks Flugzeug ist eben von Sevo-Rebellen abgeschossen worden«, sagte er.
18
Nur das Hyatt ist noch sicher
»Und nun«, prophezeite Lefèvre, »werden wir alle in Absurdistan sterben.«
Eine einsame MiG-29 stieß ein Loch in die Stratosphäre über uns und zog einen bedrohlichen Bogen über dem grauen Becken des Kaspischen Meeres. Das Svanï-Plateau erzitterte.
»Wir sind Belgier«, schrie ich den Diplomat an und schwang meinen neuen Pass. »Wer sollte uns etwas tun?«
»Hier kommen wir nicht mehr lebend raus«, bekräftigte Lefèvre.
»Scheiße, Jean-Michel«, rief der Junior-Manager. »Kein Bürgerkrieg vor August, hast du gesagt. Im Juli bleibt alles ruhig, hast du gesagt. Wir schnappen uns die Vainberg-Knete und hauen ab, hast du gesagt. Nächste Woche wollten wir in einem Flugzeug nach Brüssel sitzen.«
»Keine Chance«, sagte der Diplomat. »Der Flughafen ist bestimmt schon dicht. Garantiert.«
»Wie konnte das passieren?«, kreischte der Junior-Manager, die eine Hand zornig erhoben, die andere leidenschaftlich in die Hüfte gelegt. »Und was ist mit dem American-Express-Luxuszug über die Grenze? Der, wo eine Fahrt 5000 Dollar kostet? Den können sie doch nicht streichen!«
»Bestimmt alles im Arsch«, sagte Lefèvre. »Sie haben mich angelogen.«
»Wer hat dich angelogen?«, fragte der Junior-Manager.
»Alle«, sagte Lefèvre. »Die Sevo, die Svanï, Golly Burton …«
Ich wandte mich zu Trotl, der so zerknittert aussah wie ein Stück Hamburger-Einwickelpapier.
»Was geht hier vor, Trotl? Sie werden doch wohl nicht auf Belgier schießen?«
»Vainberg«, sagte Lefèvre, »ich habe eine wichtige Aufgabe für Sie.«
»Für wichtige Aufgaben bin ich immer bereit!«, brüllte ich, während ich mich mühsam an einer Recyclingtonne aufrichtete.
»Schaffen Sie sofort den Demokraten ins Hyatt. Stellen Sie ihn unter Larry Zartarians Schutz. Hier draußen ist er nicht mehr sicher.«
Mein Puls raste wie der eines verliebten jungen Mädchens. Ich war glückselig und manisch zugleich.
Glauben Sie, dass ein Mensch einen Demokraten retten kann? Ich auch.
»Draußen wartet ein Hyatt-Jeep«, sagte ich. »Aber was ist mit Ihnen, Monsieur Lefèvre? Kann ich irgendetwas für Sie tun?«
»Machen Sie einfach, dass Sie hier wegkommen«, sagte Lefèvre. »Alle leiden, Mischa. Aber einige leiden mehr als andere.«
»Wie bitte?«
»Cheerio, Gargantua! Ab durch die Mitte!«
Durch das steife McDonald’s hallte das Wimmern der Frauen und Kinder; die Männer steuerten einen würdelosen Strom von Flüchen bei, die alle das russische Allzweck-Schimpfwort
bljad
, »Nutte«, variierten. Die Menschen hatten sich unter den schmierigen quadratischen Tischen und hinter dem Tresen verschanzt, als würde das Lokal ausgeraubt. Einige bewaffnete Gäste hatten die Pappaufsteller der McDonald’s-Maskottchen, einen gruseligen amerikanischen Clown und eine Art lila Klops, in »menschliche« Schutzschilde verwandelt.
»Sie halten das Restaurant für internationales Territorium. Sie glauben, dass sie hier sicher sind. Aber jetzt sind nur noch die Botschaften sicher, das Hyatt und das Radisson.«
»Ja, ja!«, rief ich, hatte keine Ahnung, was ich da bejahte, und genoss doch jeden Atemzug. »Wir kriegen Sie schon ins Hyatt, Mr Trotl. Dafür stehe ich mit meinem Namen.«
Draußen sahen wir, was wir ursprünglich für den Lärm zerschlagenen Geschirrs und Bestecks gehalten hatten. Die Kettenfahrzeuge schwerer Infanterie zermalmten den Markt für gebrauchte Fernbedienungen unter sich. Ich stand vor einem Konvoi aus stummeligen, mit Rammböcken ausgestatteten Bulldozern, die sich als sowjetischeT-62-Panzer entpuppten, gefolgt von einem Ring aus genauso
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