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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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brachen Timofej und ich vor dem Leid der dicken Frau in nervöses Gelächter aus. Eine tief sowjetische Saite wurde in uns angeschlagen – wir sahen, wie ein Mensch langsam vor dem Kollektiv seiner Würde beraubt wurde.
    Die Soldaten erkannten das Zeichen des Hyatt auf unserem Jeep und winkten uns respektvoll durch, während die Einheimischen an den Wagen klopften, in der Hoffnung auf sicheres Geleit ins Hotel. »Leider müssen wir erst mal unsere eigenen Häute retten«, sagte ich zu Trotl.
    Der Demokrat nickte und schwieg. Als wir auf die kreisrunde Zufahrt zum Hyatt einbogen, rief er zwei Worte, die keinen Sinn ergaben, steuerte scharf nach links und ließ uns langsam seitlich in einen BTR -70 mit Tarnanstrich krachen. Donnernd entfalteten sich vor uns die Airbags. Nur Weiß vor den Augen, die fetten Wangen vom sich bauschenden Nylon zerkratzt, taumelte ich aus dem Wagen. Ein Offizier rannte auf uns zu, von einem Trupp Soldaten gefolgt. Jetzt verstand ich, was Trotl hinter mir schrie. Zwei Worte. »Oberst Svyokla«.
    In einem Roman aus dem goldenen Zeitalter der russischen Literatur würde ein Mann namens Svyokla wie ein
svyokla
aussehen, also wie Rote Bete. In den Zeiten moderner Landwirtschaft erinnerte Oberst Svyoklas Kopf an einen riesigen genmanipulierten Pfirsich, zu perfekt gerundet, künstlich gereift, die Haut glatt und trocken. Er trug weder ein demokratisches Ziegenbärtchen nach Trotls Art noch einen nahöstlichen Schnauzer, wie er auf den Oberlippen seiner Männer spross. Er sah aus wie einer jener würdevollen älteren Herrn aus dem Kaukasus, wie man ihnen oft in den Hinterzimmern der Kasinos von St. Petersburg begegnet, wo sie recht elegant an armenischem Weinbrand nippen und das provinzielle Geschiebe am Roulettetisch und auf der so genannten Tanzfläche gar nicht beachten.
    »Mischa Vainberg«, rief Oberst Svyokla und schüttelte mir die Hand. »So eine Freude. Meine Mutter wird Ihre Mutter …«
    Während er mich begrüßte, zerrten die Soldaten Trotl aus dem Hyatt-Jeep. Trotl leistete keinen Widerstand, ließ sich abschleppen, kraftlos wackelte sein Kopf auf den tarnfarbenen Wogen. »Ich habe früher für Ihren Vater gearbeitet, Boris, als hiesiger Ölberater«, sagte Oberst Svyokla und fuhr mir knuffig durchs Haar. »Sein Tod war eine große Tragödie. Das jüdische Volk hat einen großen Verlust erlitten. Herzliches Beileid.«
    Ganz hinten auf der Zufahrt, unter einem Schild »Achtung: Niedrige Durchfahrtshöhe!« war mit vorgehaltenen Waffen eine Gruppe von Männern zusammengetrieben worden. Schrecklich ergeben standen sie da, schlaff hingen ihnen die Krawatten vor der Brust, unter ihren kurzen Ärmeln glänzten die Haare auf ihren Armen, ein paar hatten schon zugeschwollene Augen, vermutlich von Schlägen mit dem Gewehrkolben.
    »Die Sevo haben einen Putschversuch unternommen. In ein paar Minuten haben wir das geregelt. Gehen Sie zurück ins Hotel, Mischa.«
    Ich rannte, so schnell es mein Gewicht erlaubte, und platzte mitten in die eisgekühlte Halle des Hyatt. Aljoscha-Bob und Larry Zartarian fingen mich in ihren Armen auf, und wir purzelten auf den Marmorboden.
    »Ihr müsst … Ihr müsst …«, rief ich, über sie hinwegkraxelnd, mit den Armen rudernd, als schwömme ich auf einen Leuchtturm in der Ferne zu.
    »Wir können nichts … Wir können nichts …«, gaben sie beide zur Antwort. »Wir können nichts tun.«
    In einer Gruppe von Ölarbeitern, die Krüge mit ihrem Nachmittagsbier in der Hand, entdeckte ich Josh Weiner. »Josh!«, schrie ich. »Josh, Hilfe! Sie haben Trotl.«
    Eingehend betrachtete der Diplomat seine ausgestreckten Handflächen. Langsam drehte er die Hände um, ohne dabei den Blick zu heben.
    »Josh!«, rief ich. Timofej wuchtete mich auf die Beine.
    Ich humpelte zu Weiner hinüber, aber er wandte sich still von mir ab.
    »Wir haben bereits offiziellen Protest eingelegt«, hörte ich ihn sagen.
    »Die Leute, die sie erschießen wollen …, das sind keine Aufständischen. Das sind alles Demokraten!«
    »Hast du nicht gehört, was ich eben gesagt habe, Vainberg?«, zischte Weiner durch die Zähne. »Wir haben offiziellen Protest eingelegt.«
    Ich wandte mich ab und lief Richtung Sonnenlicht. »Mischa, nein!«, rief Aljoscha-Bob und warf sich auf mich, aber mit einem einzigen Schlag meiner riesigen Patschfaust stieß ich ihn aus dem Weg.
    Zornige Männerstimmen ertönten, als ich auf der Zufahrt erschien. »Runter!«, befahlen die Soldaten Trotl und den anderen. Ich

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