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Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Snack Daddys Abenteuerliche Reise

Titel: Snack Daddys Abenteuerliche Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Shteyngart
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obsoleten BTR -152-Truppentransportern, aus deren Dachluken ein Wald von Flakkanonen wuchs. (Als ich ein Kind war und noch nicht onanierte, drehten sich meine Fantasien in erster Linie um die Rote Armee.)
    Schwung auf Schwung regneten die Trümmer der Zivilisation auf uns herab, Platinen, Batterien und Infrarotbirnen. Die Fernbedienungsverkäufer versuchten, ihre Ware zu retten, stopften die erlesensten Modelle in ihre Leinensäcke und liefen dann zwischen den sich in Zeitlupe bewegenden Vehikeln Slalom, um sich im maurisch geschmückten Opernhaus neben dem McDonald’s in Sicherheit zu bringen. Schweigend sah Alexandre Dumas ihnen von seinem Wandgemälde aus zu und dokumentierte alles auf der Schriftrolle.
    In der Stadt hallte schweres Maschinengewehrfeuer wider. Aufgeregt suchte ich nach den verräterischen Rauchwolken, an denen ich ein Kriegsgebiet erkannte, aber am Himmel stand nur die heimtückische Sonne. Die Zeit für männliche Action im amerikanischen Stil war gekommen. »Los, los, los, ihr Hunde des Krieges!«, feuerte ich Trotl und Timofej an und schob sie Richtung Auto. Die Alarmanlage des Jeeps war losgegangen, hinten war eine Scheibe eingedrückt, aber das mächtige Hyatt-Logo hatte die einheimischen Diebe offenbar abgeschreckt. »Sie müssen das Ding fahren«, befahl ich Trotl und drückte ihn auf den Fahrersitz. »Ich habe keine Ahnung, wie das geht, und mein Diener erst recht nicht.«
    Trotl hyperventilierte. Fortwährend zeigte er auf sein
mobilnik
und deutete Richtung Gorbigrad, anscheinend wollte er seine Familie anrufen. Ich griff in meine Gürteltasche und zog ein Fläschchen Tavor heraus. »Was ist das?«, keuchte Trotl. »Baldrian?«
    »Wohl kaum«, sagte ich. Ich stopfte ihm eine Hand voll Tavor in den Mund und spülte mit einem Liter Cola aus dem Flaschenhalter nach. »Wirkt sofort«, log ich. »Tief durchatmen Mr Trotl, tief durchatmen. Soll ich Ihnen ein beruhigendes westliches Liedchen singen?
My name is Luka
«, sang ich, »
I live on the second floor.
«
    »Nein«, rief Trotl. »Bitte nicht singen! Ich muss positiv denken. Ich möchte meine Mädchen wiedersehen.«
    Neben uns drehte ein T-62 sein Kanonenrohr langsam in unsereRichtung, wie ein schwerfälliges Kind, das Freundschaft schließen wollte. »Los!«, schrie ich Trotl an.
    Mit quietschenden Reifen rasten wir über den McDonald’s-Parkplatz und verschwanden in einer zugeschissenen Seitenstraße. Unter Wäscheständern ächzten durchhängende Balkone, verängstigte Bewohner lugten aus den Fenstern, aus allen Richtungen kamen die Stimmen der Fernsehansager und warnten in der Sprache der Einheimischen vor Gefahr im Verzug. Im Radio wurde Tschaikowskis
Schwanensee
gespielt, ein sicheres Zeichen, dass alles noch viel schlimmer war, als es aussah. Wir mussten zwischen verängstigten Katzen Spießruten laufen und bogen auf zwei Rädern in die nächste enge Gasse ab, diesmal beherrscht von der Fassade einer Svanï-Kirche.
    An der Straße hinauf zum »Plateau International« hatten Soldaten einen Kontrollpunkt errichtet. Wir fanden uns am Ende einer langen Schlange aus abgewürgten Zhigulis und Ladas. Vor uns durchsuchten kleine dünne Jugendliche mit dichten schwarzen Schnurrbärten die Autos, in Uniformen, auf die schlicht das russische Wort
soldat
gestickt war. An ihren Gürteln baumelten Handgranaten. Ein paar von ihnen schlurften in rosa Badelatschen herum.
    »Wenn sie merken, dass ich ein echter Demokrat bin, knallen sie mich ab«, sagte Trotl. »Georgi Kanuks Sohn ist schlimmer als sein Vater. Er hat die Spezialeinsatzkräfte angeführt. An seinen Händen klebt Blut. Er wird den Tod seines Vaters rächen wollen.«
    »Ich bin bei Ihnen«, sagte ich. »Ich bin ein Vainberg. Ein Belgier. Ein Jude. Ein reicher Mann. Sie fahren mich ins Hyatt. Wir sind wichtige Leute, Trotl. Sie müssen an sich glauben.«
    »Ich muss meine Familie anrufen«, sagte Trotl und zog sein Handy aus dem Holster. Kaum stand die Verbindung, fing er an zu weinen. Er sprach halb in der Landessprache, halb auf Russisch. »Warst du mit den Mädchen bei ExcessHollywood? Hatten sie da
Toy Story 2
? Sag ihnen, dass ich morgen wieder zu Hause bin, dann können wir zusammen gucken. Oder vielleicht können sie ins Hyatt kommen, und wir gucken den Film auf Larry Zartarians Großleinwand. Würde ihnen das Spaß machen? Oh, meine süßen kleinen Äffchen! Halt sie gut fest. Lass sie nie aus den Augen. Ich hätte es wissen müssen. Ich hätte mich umdie Fellowship in Harvard

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