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Snapshot

Snapshot

Titel: Snapshot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Robertson
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eingelassen hatte? Deshalb duldete Shirley keinen Widerspruch. Ob sie wollten oder nicht, Narey und Winter sollten gefälligst nach Hause gehen und schlafen.
    Schlafen. Sehr witzig.
    Also hatten sie sich die Treppe zu Rachels Wohnung hinaufgeschleppt. Als die Tür ins Schloss fiel, öffnete sie schon den Kühlschrank, machte eine Flasche Weißwein auf, nahm zwei Gläser aus dem Schrank und schenkte ihnen ein. Winter hatte nicht mal die Kraft, Einwände zu erheben. Normalerweise beschwerte er sich immer, wenn er Weißwein trinken musste.
    Rachel schüttelte die Schuhe von den Füßen, stieg aus der Hose und zog die Bluse aus. Gewissensbisse nagten an Winter, als er ihren Körper bewunderte, statt an Addison zu denken. Bis ihm einfiel, dass Addison exakt dasselbe getan hätte, wenn nicht Schlimmeres. Er musste unwillkürlich auflachen, erstickte das Lachen aber im selben Moment. Rachel blickte ihn fragend an, sagte aber nichts. Stattdessen streifte sie Schlafanzughose und T-Shirt über und tapste ins Schlafzimmer.
    Auf dem Weg durch den Flur schlüpfte Winter aus den Schuhen. Als er neben Rachel auf den Boden sank, schüttete sie sich gerade ihren Wein in die Kehle. Sofort schenkte sie sich nach, doch das zweite Glas rührte sie nicht an. Ohne ihn anzusehen, streckte sie die Arme aus, und er sank hinein. So saßen sie eine kleine Ewigkeit da. Schließlich brach Rachel das Schweigen.
    » Kann ich dich was fragen?«
    » Natürlich.«
    » Aber die Frage wird dir nicht gefallen.«
    Seine Muskeln spannten sich an. » Sag schon.« Viel schlimmer konnte es doch nicht mehr werden, oder?
    » Als Addy angeschossen wurde, warum bist du da aufgestanden und hast ihn fotografiert? Obwohl wir am Boden bleiben sollten? Du wusstest doch, dass der Wahnsinnige wahrscheinlich noch da draußen war.«
    » Weil ich meine Arbeit machen musste.«
    » Schwachsinn. Da musst du dir schon was Besseres einfallen lassen, Tony. Warum bist du aufgestanden?«
    » Weil ich meine Arbeit machen musste, okay? Weil ich will, dass der Typ dafür bezahlt, und weil ich sonst nichts dafür tun kann. Ich kann nur sicherstellen, dass alle Beweise vorliegen, wenn das Ganze vor Gericht kommt.«
    Eine Bewegung an seiner Schläfe– sie schüttelte den Kopf. » Okay, meinetwegen. Aber das ist keine Antwort auf meine Frage. Die Aktion hätte dich dein Leben kosten können. Warum hast du das riskiert?«
    Er zögerte. Vielleicht weil er die Antwort selbst nicht kannte. Oder weil er sie ganz genau kannte.
    » Was ist? Schweigst du mich jetzt an? Komm schon, Tony.«
    » Ich weiß es nicht.«
    » Doch«, sagte sie mit sanfterer Stimme. » Ich glaube, du weißt es schon. Vertrau mir.«
    » Ich… Ich bin einfach aufgestanden und hab ihn fotografiert. Als hätte ich gar keine Wahl. Ich hab es selbst erst richtig kapiert, als ich schon auf den Beinen war.«
    » Okay. Aber das ist auch nur eine halbe Antwort. Warum wolltest du es tun?«
    Als er mit den Schultern zuckte, fluchte sie.
    » Verdammt noch mal, Tony! Wie lange kennen wir uns jetzt schon? Wenn du Leichen fotografierst, lebst du auf, das weißt du genauso gut wie ich. Und bisher habe ich eingesehen, dass das halt dein Ding ist, aber seit heute Morgen macht es mich einfach nur fertig. Du fotografierst Leichen– okay. Aber ich kann nicht akzeptieren, dass du dafür dein eigenes Leben aufs Spiel setzt. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich weiß nicht, ob ich da noch mitmachen kann.«
    Er war froh, dass er ihr Gesicht, ihren Blick nicht sehen musste. Und obwohl er wusste, dass er mit seinen Ausweichmanövern nicht mehr durchkommen würde, versuchte er es noch einmal. » Ehrlich, Rach, ich weiß es nicht. Verstehst du das denn nicht?«
    » Nein. Überhaupt nicht. Und jetzt noch mal zum Mitschreiben: Du sagst mir jetzt, warum du das gemacht hast, oder wir sind fertig miteinander. Ich kann nur damit klarkommen, wenn ich es auch verstehe.«
    » Lass das. Du weißt, wie ich so was hasse.«
    » Ich weiß langsam gar nicht mehr, was für einer du bist.«
    » Nett von dir.«
    » Tut mir leid, war nicht so gemeint. Aber ich muss es wirklich wissen. Und zwar jetzt.«
    Er schloss die Augen und brüllte einen stummen Schrei in ihre Schulter.
    » Sag’s mir.«
    Seine Atmung beschleunigte sich.
    » Na gut. Ich sag dir, was ich weiß. Aber ich verstehe es selber nicht so ganz.«
    » Okay.«
    » Wenn ich so was sehe, wenn ich so was fotografieren kann… ja, dann fühle ich mich lebendig. Ein bisschen, als würde ich den

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