Snapshot
würde auf Rachel aufpassen, sie sei in Sicherheit und mittlerweile selbst der Meinung, dass sie sich lieber nicht auf der Straße blicken lassen sollte, drehte er sich um und sah ihr in die Augen.
» Zufrieden?«, fragte er.
» Nein, das nicht. Mir macht es auch keinen Spaß, ihm was vorzulügen. Aber ich fürchte, wir haben keine Wahl.«
» Man hat immer eine Wahl, Rachel.«
» Meinetwegen. Dann hab ich meine Wahl wohl getroffen.«
» Tony glaubt, dass du in Lebensgefahr bist. Und er glaubt, dass du jetzt in Sicherheit bist. Mindestens eins davon trifft nicht zu.«
» Hoffentlich trifft nichts davon zu.«
Danny durchschaute ihr gequältes Lachen. » Tony hat gesagt, dass der dunkle Engel weiß, wo du wohnst. Und dass du auf seiner Abschussliste stehst. Willst du wirklich da rausgehen und dich abknallen lassen?«
» Bei allem Respekt, Danny, ich bin kein Kind, sondern ein Cop. Ich brauch keinen Babysitter, und schlaue Ratschläge von einem Trottel, der zufälligerweise mein Freund ist, brauche ich am allerwenigsten. Scheiße, hab ich ihn wirklich grad als meinen Freund bezeichnet?«
» Aber der dunkle Engel glaubt, dass dein Name im Handy eines Dealers steht.«
» Er glaubt es nicht, er weiß es.«
» Aha.«
» Ich bin sauber, Danny. Ich hab nie die Hand aufgehalten.«
Danny nickte. » Ich weiß, aber es macht trotzdem keinen guten Eindruck. Und deshalb kann Tony nicht mit Alex Shirley oder irgendeinem anderen Cop über die ganze Scheiße reden?«
Sie schüttelte den Kopf. » Nein. Ich glaube eher, dass er ahnt, was hier läuft. Frag mich nicht wie, aber anscheinend ist er zu denselben Schlüssen gekommen wie ich. Obwohl er ein Trottel ist.«
» Und was sind das für Schlüsse?«
Auf einmal war Narey nur noch müde. Sie ließ den Kopf in die Hände sinken. » Der Anruf des dunklen Engels ging um 6.04 Uhr im Einsatzraum der Operation Nachtschwalbe ein, doch die Nachricht wurde erst um kurz nach sieben abgehört, als die Büroangestellte zum Dienst kam. Alle verfügbaren Detectives wurden aus dem Bett geschmissen und im Eiltempo zum Tatort beordert. Dort fanden sie fünf Leichen, die noch warm waren. Kannst du mir folgen?«
Danny antwortete mit einem nachdenklichen Nicken. » Hätte der Anrufer jemanden erreicht oder wäre die Nachricht sofort abgehört worden, wären die Kollegen eine Stunde früher da gewesen, als der dunkle Engel vielleicht noch nicht fertig war. Auf jeden Fall hätte er keine Zeit mehr gehabt, sich für die Schüsse auf die beiden Cops zu positionieren. Der Anrufer kannte eure Schichten. Er wusste, dass er noch eine Stunde Luft hatte.«
Narey lächelte. » Tony sagt immer, du bist der schlaueste Mann, den er kennt.«
» Ja, aber Tony ist bekanntlich ein Trottel. Also was sagt das jetzt über mich?« Er lachte. » Und du willst wirklich nicht hierbleiben?«
» Vergiss es. Würdest du dich an meiner Stelle irgendwo verkriechen?«
» Nein. Okay, was machen wir jetzt?«
» Wir gehen jetzt da raus, und zwar sofort. Könnte eine lange Nacht werden.«
45
Winter räumte die Fotografien, die er auf dem Tisch ausgebreitet hatte, zurück in die Schublade. Auch die abfotografierten Ausdrucke aus der Abstellkammer stopfte er dazu, und am Schluss klebte er einen Zettel mit einem einzigen Wort– einem Namen– oben drauf. Eine kleine Rückversicherung, man konnte ja nie wissen. Für einen Moment überlegte er, ob er die Schublade abschließen sollte, doch dann dachte er an zugedeckte Brunnen und reingefallene Kinder und ließ es bleiben. Früher hätte es vielleicht was gebracht, jetzt nicht mehr. Außerdem würde er vielleicht schon bald darauf angewiesen sein, dass irgendjemand in der Schublade nachschaute.
Winter loggte sich aus und fuhr den PC herunter.Aber ihm war klar, dass die Leute von der Technik mit etwas gutem Willen auch ohne Passwort problemlos in seinen Rechner eindringen könnten. Und wenn sie erst mal drin waren, würden sie nach spätestens zwei Minuten über ein Dokument stolpern, das alle Fragen beantwortete.
Er verließ das Büro und ging den Gang hinunter zum Lagerraum, wo die technische Ausstattung seiner Abteilung aufbewahrt wurde. Tagsüber hielt dort der Lagerverwalter Wache, der ein strenges Auge auf sämtliche Entnahmen und Zugänge hatte. Doch jetzt war Nacht, und für den Fall, dass er mal kurzfristig Ersatz für ein defektes Gerät brauchte, besaß Winter eine Magnetstreifenkarte. Lenny Lewis, der Verwaltungsnazi, regte sich darüber regelmäßig auf, aber
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