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Snapshot

Snapshot

Titel: Snapshot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Robertson
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Scheißangst. Ach ja, angeblich sah die Kleine mal richtig gut aus, früher, vor dem Crack. Sie hatte wohl ein Zimmer in einer Wohnung in Maryhill, aber wenn du mich fragst, war sie eher eine von denen, die öfter mal umziehen. Und noch was. Anscheinend hatte sie einen Lover mit ziemlich üblem Temperament. Aber mehr kann ich dir echt nicht sagen.«
    » Danke, Joanne. Ich will dich wirklich nicht drängen, aber… ein Mädchen ist bereits tot, und der Mörder könnte jederzeit erneut zuschlagen. Also denk doch noch mal drüber nach. Kann ich nicht doch mit den Frauen reden?«
    Joanne massierte sich die Schläfen, als würde es ihr sehr schwerfallen, nicht vollends auszurasten. Schließlich zwang sie sich zu einem Lächeln. » So, so, du willst mich nicht drängen? Sorry, aber zuerst einmal bin ich den Frauen verpflichtet, die da draußen auf der Straße stehen, und ich kann unser Vertrauensverhältnis nicht wegen eines einzelnen Vorfalls aufs Spiel setzen. Mir und allen anderen, die hier arbeiten, liegt zuallererst die Sicherheit der Frauen am Herzen, und jede verdammte Minute, die sie auf der Straße verbringen, sind sie in Gefahr. Also spar dir die emotionale Erpressung, okay? Ich sag dir jetzt, wie wir’s machen: Ich versuche, mit ihnen zu sprechen, und wenn eine reden will, melde ich mich bei dir. Verstanden?«
    » Verstanden«, sagte Narey mit einem nachdenklichen Nicken. » Und danke, Joanne. Ich meine, eigentlich wollen wir doch alle dasselbe: das Arschloch möglichst schnell hinter Gitter bringen.«
    Als Joanne lächelte, war sie wieder fast die Alte. » Ich weiß. Ab und zu muss man sich eben die Hände schmutzig machen, nicht wahr? Ich melde mich, sobald ich was für dich habe.«
    Ein paar Sekunden später standen Narey und Corrieri zitternd auf der Straße. Nach der geheizten Beratungsstelle kam es ihnen jetzt besonders kalt vor.
    Corrieri beäugte ihre Vorgesetzte mit schuldbewusster Miene. » Das vorhin tut mir leid, Sergeant. Ich hab Mist gebaut. Ich hätte sie nicht reizen dürfen.«
    » Schon gut. Joanne muss eben ab und zu Dampf ablassen. Eigentlich tut ihr das ganz gut.«
    Ein zweifelndes Lächeln. » Aber wenn ich den Mund gehalten hätte, hätte sie vielleicht die Namen von Melanies Bekannten rausgerückt.«
    Narey schüttelte den Kopf. » Nie im Leben. Aber ich dachte mir, wenn sie sich schon so in Rage geredet hat, verspricht sie mir vielleicht aus Versehen, was ich von Anfang an wollte– dass sie sich unter den Mädchen umhört. Mehr war sowieso nicht drin.«
    » Also«, überlegte Corrieri laut, » dann war es gar kein so großer Fehltritt, dass ich das mit den › Professionellen‹ gesagt habe, was Sie vorhin gesagt hatten?«
    Narey lächelte in sich hinein. » Nein, Julia, es war kein so großer Fehltritt. Und jetzt gehen wir was essen.«

6
    Dienstag, 13. September
    Winter ließ seinen Wagen im Parkhaus an der Cambridge Street stehen. Er lief die Renfrew Street hinunter, vorbei an der Rückseite des Savoy Centre, und versuchte dabei, den plötzlichen Regenduschen vom Dach und den scharfkantigen Schirmen der Mittagspausengänger auszuweichen. Der dröhnende Kater von gestern Abend, als er mit Addison ein paar Biere geleert hatte, war verflogen, und seine Schicht fing erst in ein paar Stunden an. Dann würde er die Ehre haben, den restlichen Rory McCabe zu den Akten zu legen, aber jetzt musste er erst mal zu den Läden an der Buchanan Street, wo er hoffentlich ein Geburtstagsgeschenk für seine junge Cousine Chloe auftreiben konnte.
    Kaum hatte er die West Nile Street überquert, knapp hundert Meter vor den Stufen der Royal Concert Hall am Ende der Sauchiehall Street, wurde er von einem wandelnden Smiley mit Zottelhaaren überfallen, der einen dilettantischen Stepptanz auf den Asphalt legte.
    » Hey, wie geht’s denn so? Haste kurz Zeit? Nur kurz? Keine Sorge, ich will kein Geld.« Nein, dachte Winter, selbstverständlich nicht. Verlogenes Arschloch. Heutzutage war es eine echte Herausforderung, die Buchanan Street hinunterzugehen. Von der hochgelegenen Donald-Dewar-Statue runter bis zum St-Enoch-Bahnhof hatte man die Straße zur Fußgängerzone erklärt, nur auf ein paar Querstraßen durften noch Autos fahren. Die Idee war gewesen, den Leuten zu ermöglichen, gemütlich an den Läden entlangzuschlendern. Tatsächlich musste man sich seinen Weg durch einen Mob aus Müßiggängern, Halbwüchsigen, Spendensammlern und Straßenkünstlern bahnen. Ein wahrer Spießrutenlauf.
    Unter Dewars

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