Snapshot
vielleicht willst du mir Gesellschaft leisten.«
» He, Moment mal…«
» Komm schon. Keine große Sache. Du hockst dich eine halbe Stunde vor die Glotze, und dann geht’s ab ins Pub. Die erste Runde geht auf mich. Abgemacht?«
» Und was soll ich in der Zeit machen? Staub wischen oder was?«
» Die Putzkolonne würde es dir danken.«
» Ach, verdammt. Meinetwegen. Aber danach gehen wir ins Griffin.«
» Ins Griffin? Ich hasse das Griffin.«
» Eben deswegen. Abgemacht?«
» Bis um sechs.«
10
Winter hockte vor der Monitorwand, die Füße auf den Tisch gelegt, was Addison bekanntlich nicht gerne sah. Man gönnte sich ja sonst nichts. Die missbilligenden Blicke, die ihm Rebecca Maxwell zuwarf, nahm er dafür freudig in Kauf. WPC Maxwell war für das Videosystem zuständig.
Auf Addisons Nicken hin startete sie die Wiedergabe. Zahlreiche Kameras hatten den Rotlichtbezirk kurz vor und kurz nach dem Tod der Prostituierten eingefangen, die sie dank Rachels Ermittlungen auf den Namen Melanie getauft hatten. Leider waren es keine besonders erbaulichen Filmchen. Männer, die in der West Campbell Street, in der Waterloo Street und in den benachbarten Gassen herumschlichen, geduckte Köpfe, aufgestellte Kragen. Und natürlich die Nutten, die unter den Straßenlaternen warteten, um sich der Laufkundschaft anzubieten. All das keine zwei Fußminuten von hier, wo sie saßen.
Sie kamen nur schleppend voran. Schatten, die ziellos-zielgerichtet im verworrenen Licht umherstrichen, waren kein besonders spannender Anblick. Ein Voyeur hätte sich daran vielleicht gar nicht sattsehen können, aber Winter machte es nicht im Geringsten an. Ab und zu ließ Addison das Band anhalten, um das Standbild eines Verdächtigen zu studieren, doch auch der DI konnte bloß wild drauflosraten. Sie suchten die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen. Zwischen Huren und Freiern wurden immer wieder unhörbare Worte gewechselt, ehe sie dorthin verschwanden, wo der Handel vollzogen wurde, in die Finsternis der Gassen und Hauseingänge. Weiß Gott, wer dort wem was antat. Weiß Gott, wie oft eine gewürgt wurde.
» Selbst wenn wir jeden einzelnen Freier identifizieren könnten«, überlegte Addison, » selbst wenn wir jeden einbestellen würden, der da rumläuft… woher sollen wir wissen, welcher von ihnen bei Melanie war? Und wer sie umgebracht hat? Wenn der Mörder überhaupt dabei ist.«
Darauf folgte eine weitere halbe Stunde stockendes Videogucken und leidenschaftliches Fluchen. Winter konnte nur noch an das Guinness denken, das im Griffin auf ihn wartete. Die Vorahnung des herrlichen Geschmacks kitzelte seinen Gaumen.
Schließlich hielt er es nicht mehr aus. » Was denkst du, wer wird den Mighty Quinn beerben?«, fragte er seinen Kumpel. » McGurk? Oder vielleicht der kleine Lenny?«
Den Blick starr auf die Monitore gerichtet, schüttelte Addison den Kopf. » McGurk hat sich quasi selbst die Eier abgeschnitten, als die Kugel in Malkys Kopf eingeschlagen ist. Ich hab sein Gesicht gesehen. Der wird es nicht drauf anlegen, dass es ihm genauso ergeht. Und nach allem, was man so hört, ist er der geborene Vize. Und Malkys kleiner Bruder… Lenny hatte noch nie den Mumm, den Big Boss zu spielen, und jetzt hat er erst recht Muffensausen. Eigentlich hätte der Killer die beiden gleich mit erledigen können.«
» Wer dann?«
» Tja, das ist wohl die Millionen-Dollar-Frage. Aber einen Namen hört man immer wieder: Ally Riddle. Sagt dir was?«
Winter schüttelte den Kopf.
» Ist noch eher jung, so um die fünfundzwanzig, aber ein ziemlich helles Köpfchen. Und schon lang bei den Quinns. Hat als Teenie bei der Truppe angeheuert und ist dann im Schnellverfahren aufgestiegen. Vor ein paar Jahren hat Malky ihm die Leitung eines Schrottplatzes an der London Road übertragen, durch den ein Haufen Geld fließt, ein Riesenhaufen. Quinn hat den jungen Ally offenbar sehr geschätzt. Er hat ihn nie öffentlich in den Himmel gehoben, um McGurk und Lenny nicht vor den Kopf zu stoßen, aber anscheinend ist allen klar, dass mit Riddle zu rechnen ist.«
» Meinst du, er wollte seinen Aufstieg ein wenig beschleunigen?«
» Wohl kaum. Warum sollte er, wo Malky so große Stücke auf ihn gehalten hat? Die jetzige Situation kann ihm gar nicht gefallen, denn für den großen Karrieresprung ist er vielleicht noch gar nicht bereit. Und ein Doppelmord an Caldwell und Quinn… Das wäre eine Nummer zu groß für den Jungen. Trotzdem behalten wir ihn im Auge. Das
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