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Snapshot

Snapshot

Titel: Snapshot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Robertson
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fing mittendrin ein Proll aus der Gegend an, lauthals herumzuschreien: » Hey, Alter, biste im Radio? Nachrichten? Nachrichten, oder? Oder nich? Ey, Alter, ich rede mit dir!«
    Nachdem der Reporter eine Weile erfolglos versucht hatte, den Mann zu übertönen, schnitt der Sender zu einem Bericht, den derselbe Mitarbeiter offenbar vorher abgeliefert hatte: ein Interview mit einer namenlosen, aber sehr besorgten Bürgerin, die bestimmt Sadie hieß. Oder Magrit, dachte Winter, Sadie oder Magrit. Jedenfalls hatte sie siebzehn Jahre lang in dieser Straße gewohnt, aber so etwas hatte sie noch nie erlebt– als wären öffentliche Hinrichtungen von Gangsterbossen anderswo an der Tagesordnung. Nein, den Schuss hatte sie nicht direkt gehört und Mr. Quinn hatte sie auch nicht direkt gekannt, aber sie wusste schon, was das für einer war, und sie fand es ganz schrecklich. Ihre Sprösslinge waren so traumatisiert, dass sie sie von der Schule genommen hatte. Was für ein Schwachsinn. Aber der größte Schwachsinn war, dass Winter hier rumhocken musste, während am anderen Ende der Stadt die Post abging. Da hätte er gleich in der IT bleiben und irgendwelche Trottel fragen können, ob sie den Computer denn schon mal aus- und wieder eingeschaltet hatten. Er wollte draußen auf der Straße sein, im tiefsten Dreck, zwischen den langen Schatten, dort, wo das Blut im Asphalt versickerte. Er wollte unter Menschen sein, unter echten Menschen, schlechten, guten, verängstigten Menschen. Er wollte sein, wo sie lebten und starben, ja, vor allem, wo sie starben. Auf den Zeitungsfotos war das Loch in Quinns Kopf nicht zu erkennen, doch in Winters Kopf spukte es immer noch herum. Knochenfragmente, Blutspritzer, offener Mund, offenes Loch, ein sauberer Mord, das Werk eines Profis, genau in den Hinterkopf, mitten hinein in die Herrlichkeit. Die Feuchtigkeit des Gehsteigs frisst sich ins Jackett, knabbert am edlen Stoff, Milligramm für Milligramm holt sich die Erde zurück, was ihr genommen wurde. Das Regenwasser kriecht die Schultern hinauf, das Blut kommt ihm entgegen, zwei Fremde, die sich niemals hätten treffen sollen, Leben und Tod auf parallelen Gleisen.
    Plötzlich piepte sein Handy– eine SMS . Winter zuckte zusammen, und vor seinem geistigen Objektiv rauschte der Verschluss herab.
    Addison hatte ihm geschrieben, um sich zu erkundigen, ob er auch schön brav sei. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Keine Minute später beklagte Addy sich in einer weiteren SMS , dass er sich neben Caldwell und Quinn auch noch mit dem Nuttenmord herumschlagen musste.
    Die übliche Hackordnung eben. Ein Pfund Drogenbaronfleisch war deutlich mehr wert als das lebendige Fleisch, das sich in Anderston zum Verkauf anbot. Die tote Nutte stand eine Stufe über dem erdolchten Dealer Sammy Ross, aber der erschossene Malky Quinn stand eine ganze Treppe über den Geschehnissen in der Wellington Lane. Damit konnte es nichts und niemand aufnehmen.
    Winters Handy klingelte, das Display leuchtete auf. Schon wieder Addison.
    » Wie geht’s, du arme Sau?«, begrüßte ihn der DI . » Wie lebt sich’s so im Besenschrank?«
    » Fick dich, Addy. Ich verlier hier sowieso halb den Verstand, also spar dir den Scheiß.«
    » Jetzt mach dir mal nicht ins Hemd, Kleiner. Wo bleibt dein Sinn für Humor? Hör zu: Hier rastet gerade ganz Glasgow aus. Deshalb könnte ich nachher ein Bierchen gebrauchen. Bist du dabei?«
    » Klar, aber erzähl doch erst mal ein bisschen. Was gibt’s Neues von der echten Welt?«
    » Also wenn das die echte Welt ist, kann ich gern drauf verzichten. Von Malky Quinn hast du doch gehört, oder? Tja, im Moment ruft mich die halbe Stadt an. Da draußen geht’s los, aber so richtig. Insgesamt drei Typen wurden schon von der Straße in diverse Autos gezerrt und nach einer ordentlichen Abreibung wieder rausgeschmissen. Außerdem zwei Drive-by-Shootings, irgendwelche Idioten, die blindlings auf irgendwelche Fenster ballern. Und natürlich haufenweise Gerüchte über geheime Treffen der üblichen Verdächtigen, die nicht ganz so geheim geblieben sind. Die rennen rum und versohlen jedem den Arsch, der vielleicht was damit zu tun haben könnte. Wenn sie nicht gleich die Waffe zücken. Jeder darf mal ran.«
    » Und weiß auch irgendwer, was er da tut?«
    » Das wäre ja das Neueste. Nein, ich glaube, die schlagen bloß wild um sich. Vielleicht treten sie ein paar Schädel zu viel ein, aber was soll’s, Hauptsache, sie kommen irgendwie an Informationen. Die sind

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