Sniper
telefonierten meine ehemalige Freundin und ich regelmäßig mit dem Handy und schickten uns SMS.
Taya ahnte, dass etwas faul war. Eines Abends kam ich nach Hause, sie bat mich Platz zu nehmen und konfrontierte mich mit allem, sehr ruhig, sehr sachlich – das heißt so sachlich man in einer solchen Situation nur sein kann.
»Wir müssen einander vertrauen können«, sagte sie dann. »Und so wie es aussieht, klappt das nicht.«
Wir führten ein ausführliches und emotionales Gespräch über uns und den Zustand unserer Ehe. Ich glaube, wir brachen beide in Tränen aus. Zumindest tat ich es. Ich liebte meine Frau. Ich wollte mich nicht noch weiter von ihr entfernen oder mich trennen. Und auf keinen Fall wollte ich mich scheiden lassen.
*
Ich weiß: Es klingt schwülstig. Ein SEAL, der über die Liebe spricht?
Ich würde mich lieber 100-mal bis zur Besinnungslosigkeit würgen lassen, als das in der Öffentlichkeit zu tun, geschweige denn mein Herz der Welt auszuschütten.
Aber es war so. Wenn ich ehrlich sein will, muss ich die Dinge so schildern, wie sie waren.
Wir stellten einige Regeln auf, an die wir uns halten wollten. Und wir kamen überein, dass wir eine Eheberatung aufsuchen würden.
Taya:
Wir kamen an einen Punkt, an dem ich das Gefühl hatte, vor einem tiefen Abgrund zu stehen. Wir stritten uns nicht nur wegen der Kinder, wir hatten einfach keinen Bezug mehr zueinander. Ich wusste, dass er unsere Ehe, mich und die Kinder aus den Augen verloren hatte.
Ich erinnere mich, wie ich mich mit einer Freundin unterhielt, die eine Menge durchgemacht hatte. Ich schüttete ihr mein Herz aus.
Sie sagte: »Dir bleibt nur eine Wahl. Du muss alles aufs Spiel setzen. Du musst ihm sagen, dass du ihn liebst und mit ihm zusammen sein willst, du ihn aber nicht aufhalten wirst, wenn er gehen will.«
Ich befolgte ihren Rat. Es war ein sehr schweres Gespräch.
Aber tief in mir drin waren mir mehrere Dinge klar. Ich wusste zunächst einmal, dass ich Chris liebte. Und zweitens, und das war mir sehr wichtig, wusste ich, dass er ein guter Vater war. Ich hatte ihn mit unserem Sohn und unserer Tochter gesehen. Ihm waren Disziplin und Respekt sehr wichtig, aber gleichzeitig verbrachte er oft und gerne Zeit mit den Kindern, die sich, wenn sie mit ihm spielten, vor Lachen bogen. Diese beiden Dinge überzeugten mich, dass ich alles tun musste, um unsere Ehe zu retten.
Aus meiner Sicht war ich auch nicht die perfekte Ehefrau gewesen. Ja, ich liebte ihn, aber ich war auch zickig gewesen. Ich hatte ihn vergrault.
Wir beide mussten die Ehe wollen und wir mussten uns zusammenraufen, damit sie funktionierte.
Ich würde gerne behaupten, dass von da an alles schlagartig besser wurde. Aber so läuft es nicht im Leben. Wir redeten mehr miteinander. Ich nahm unsere Ehe ernster – und ebenso die Verantwortung meiner Familie gegenüber.
Ein Problem, auf das wir keine Antwort wussten, hatte mit meiner Verpflichtung als Zeitsoldat zu tun und wie sie sich mit unseren langfristigen Plänen als Familie vereinbaren ließ. Meine Dienstzeit würde in knapp zwei Jahren ablaufen; wir hatten bereits angefangen darüber zu reden.
Taya stellte klar, dass unsere Familie einen Vater brauchte. Mein Sohn wuchs heran. Jungen benötigen eine starke Männerfigur in ihrem Leben; das sah ich auch ein.
Aber ich hatte auch das Gefühl, dass ich meinem Land verpflichtet war. Ich war zum Töten ausgebildet worden; und ich war sehr gut darin. Ich hatte den Drang, meine SEAL-Kameraden und meine Landsleute beschützen zu müssen.
Und es machte mir Spaß. Sehr sogar.
Aber …
Ich ging beide Standpunkte immer wieder durch. Es war eine sehr schwere Entscheidung.
Extrem schwer.
Schließlich kam ich zu dem Schluss, dass sie recht hatte: Andere konnten das Land ebenfalls verteidigen, aber in meiner Familie war ich unersetzbar.
Also sagte ich ihr, ich würde meine Dienstzeit nach ihrem Ablauf nicht weiter verlängern.
Ich frage mich heute immer noch manchmal, ob ich damals die richtige Entscheidung getroffen habe. Ich vertrete die Auffassung, dass man seinem Land zur Verfügung stehen sollte, solange man fit ist und Krieg herrscht. Warum also sollte jemand anderes an meiner Stelle gehen? Ein Teil von mir war damals ernsthaft der Überzeugung, dass ich mich feige verhielt.
Wer in den Teams dient, dient uneigennützig. Als Zivilist handle ich ausschließlich eigennützig. Aber SEAL zu sein, war nicht nur mein Beruf; es war meine Identität.
Ein vierter
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