Sniper
Coronado nächstgelegenen Stadt – herrscht zwar immer tolles Wetter, aber in Südkalifornien sind auch jede Menge Verrückte unterwegs. Ich wollte irgendwo leben, wo die Leute etwas normaler waren.
Der für mich zuständige Detailer versprach mir, dafür zu sorgen, dass mein Wunsch Berücksichtigung fand. Ich hoffte zwar, dass das in seiner Macht lag, war mir dessen allerdings keineswegs sicher. Aber wenn wir ehrlich sind: Damals hätte ich jede Zuweisung akzeptiert – schon alleine deshalb, weil ich sowieso kein echtes Mitspracherecht hatte.
Die eigentliche Teamzuteilung war dann alles andere als spektakulär. Wir wurden in einen großen Seminarraum gebracht und erhielten die Umschläge mit unseren Befehlen. Mein Wunsch ging in Erfüllung, ich kam zum Team 3.
Liebe
In jenem Frühling passierte auch noch etwas anderes, das nicht nur eine enorme Auswirkung auf meine militärische Laufbahn haben sollte, sondern auf mein gesamtes Leben.
Ich verliebte mich.
Ich weiß nicht, ob Sie an Liebe auf den ersten Blick glauben; ich tat es jedenfalls damals nicht – das heißt bis zu jenem denkwürdigen Abend im April 2001, als ich Taya an der Theke einer Bar in San Diego erblickte, während sie sich gerade mit einem meiner Freunde unterhielt. An ihr sah eine schwarze Lederhose scharf und stilvoll zugleich aus. Die Kombination gefiel mir.
Ich war dem Team 3 gerade beigetreten. Unser Training hatte noch nicht begonnen und ich genoss eine Woche Urlaub, bevor es richtig ernst wurde und ich mir meinen Platz in einem SEAL-Team verdienen musste.
Taya arbeitete als Referentin für ein Pharmaunternehmen, als wir uns kennenlernten. Sie kam ursprünglich aus Oregon, hatte das College in Wisconsin besucht und war einige Jahre zuvor an die Westküste gezogen. Ich fand sie auf Anhieb sehr hübsch, obwohl sie just in diesem Moment gerade etwas verärgert aussah. Als wir ins Gespräch kamen, stellte ich auch fest, dass sie sehr intelligent war und eine gute Portion Humor besaß. Ich hatte sofort das Gefühl, dass sie jemand war, der in derselben Liga spielte wie ich.
Aber vielleicht sollte sie selbst die Geschichte erzählen; ihre Version klingt nämlich besser als meine:
Taya:
Ich erinnere mich an den Abend unserer ersten Begegnung – zumindest teilweise. Eigentlich wollte ich gar nicht ausgehen, Denn ich befand mich gerade in einer Krise. Ich hatte einen Job, den ich nicht mochte.
Und ich war relativ neu in der Stadt und deshalb immer noch auf der Suche nach Anschluss. Zwar hatte ich ab und zu ein Date, aber leider noch nicht den richtigen Mann kennengelernt. Im Laufe der Jahre hatte ich ein paar gute Beziehungen gehabt und auch ein paar schlechte, und dazwischen einige wenige Verabredungen. Ich erinnere mich, wie ich vor meiner Zeit mit Chris betete, Gott möge mir einfach nur einen netten Kerl schicken. Alles andere war egal, dachte ich mir. Ich wünschte mir jemanden, der tief in seinem Innersten ein guter, anständiger Kerl war.
Eine Freundin rief mich an und wollte in San Diego um die Häuser ziehen. Ich lebte damals in Long Beach, das etwa 145 Kilometer entfernt war. Ich hatte keine Lust, aber irgendwie überredete sie mich.
Wir zogen also an jenem Abend los und kamen an einem Lokal vorbei, das Maloney ’ s hieß. Aus dem Schuppen dröhnte das Lied »Land Down Under« von Men at Work. Meine Freundin wollte hineingehen, aber der Eintritt war sehr teuer, so zwischen 10 und 15 Dollar.
»Da geh ich nicht rein«, protestierte ich. »Schon gar nicht, wenn sie dort Men at Work spielen.«
»Ach, hab dich nicht so«, sagte meine Freundin. Sie zahlte und wir gingen hinein.
Wir standen an der Theke. Ich hatte schon etwas getrunken und war gereizt. Da kam dieser große, gut aussehende Typ herüber und sprach mich an. Ich hatte mich gerade mit einem seiner Freunde unterhalten, der ein ziemlicher Trottel war. Meine Laune war immer noch im Keller, obwohl ich ihn irgendwie anziehend fand. Er sagte mir, wie er hieß – Chris – und ich nannte ihm meinen Namen.
»Was machst du beruflich?«, fragte ich.
»Ich bin Eisverkäufer.«
»So ein Quatsch«, sagte ich. »So wie du aussiehst, bist du beim Militär.«
»Nein, ehrlich«, widersprach er. Aber nur, um mir dann noch etliche andere Versionen aufzutischen. SEALs geben Fremden gegenüber nie zu, was sie wirklich tun und Chris hatte einige der lustigsten Geschichten parat. Zu den besten gehörte die des Delfinwachsers: Er behauptete, die Haut von Delfinen, die in Gefangenschaft
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