Snobs: Roman (German Edition)
Welt, auf die sie alle ihre Hoffnungen gebaut hatte, vom Untergang bedroht war. »Jedenfalls wird es Jahre dauern, bis sie etwas ausgeknobelt haben, was besser funktioniert, da wird sicher nichts überstürzt.«
Charles stand auf und bat Edith um einen Tanz.
Sie warf ihm einen fragenden Blick zu, als sie sich übers Parkett schoben, wo sich jetzt iranische Banker mit ihren Geliebten drängten.
Er lächelte. »Henry ist schon in Ordnung.«
»Ist er ein guter Freund?«
»Eine Art Cousin. Ich kenne ihn von klein auf. Meine Güte, ist der fett geworden, was? Er sieht aus wie ein Ballon.«
»Wie lange sind die beiden denn schon verheiratet?«
Er wiegte den Kopf. »Vermutlich vier, fünf Jahre.«
»Haben sie Kinder?«
Er verzog ironisch den Mund. »Zwei Mädchen. Der arme alte Henry. Sein Arzt hat ihm Portwein und Käse verordnet und was weiß ich noch alles.«
»Warum denn das?«
»Damit sie einen Jungen bekommen, natürlich. Damit sie den verdammten Jungen kriegen.«
»Und was passiert, wenn der Junge ausbleibt?«
Charles runzelte die Stirn. »Henry hat keine Brüder. Ich glaube, dass irgendein Kerl in Südafrika den Titel erbt, bin aber nicht sicher, ob der Besitz ebenfalls ihm oder den Mädchen zufällt. Aber die beiden sind ja noch jung. Sie werden es wohl noch eine Weile probieren.«
»Das könnte ganz schön teuer werden.«
»Mit Sicherheit. Man weiß nie, wann man lieber aufhören sollte. Schauen Sie sich die Clanwilliams an. Sechs Mädchen, erst dann haben sie das Handtuch geworfen, und heute ist alles noch schlimmer.«
»Wieso eigentlich?«
»Dreimal dürfen Sie raten. Sogar die Mädchen müssen heute anständige Schulen besuchen.«
Eine Weile tanzten sie schweigend, Charles nickte ab und zu einem Bekannten zu. Mit einem Gefühl der Dankbarkeit entdeckte Edith zwei junge Frauen aus ihrer Debütantinnensaison und warf ihnen ein strahlendes Lächeln zu. Da sie Ediths Tanzpartner erkannten, winkten sie zurück, so dass sich Edith weniger unsichtbar fühlte. Als sie die Tanzfläche verließen, stieg langsam das Gefühl in ihr auf, dass sie sich wirklich ganz nett amüsierte.
Henry und Jane hatten sich nicht von der Stelle gerührt, und als sie sich dem Tisch näherten, sprang Jane auf und nahm Charles an der Hand. »Zeit, dass du mit mir tanzt. Henry hasst Tanzen. Also?« Sie führte Charles zurück auf die Tanzfläche und ließ Edith mit ihrem einem Schwein nicht unähnlichen Gatten allein.
Er lächelte schwach. »Das sagt sie immer. Ich hasse Tanzen überhaupt nicht. Wollen wir?«
Edith schüttelte den Kopf. »Seien Sie mir nicht böse – nur wenn Sie wirklich darauf brennen. Ich bin ganz erschöpft.« Beim Gedanken, gegen diese Wabbelmassen gedrückt zu werden, überlief sie eine Gänsehaut.
Er nickte gleichmütig. Dass er einen Korb bekam, war offenbar nichts Neues für ihn. »Kennen Sie Charlie gut?«
»Nein, wir haben uns nur einmal auf dem Land getroffen und dann wieder in Ascot, und da bin ich nun.«
»Wo auf dem Land? Mit wem?« Als er eine Chance witterte, weitere Namen auszutauschen, lebte er etwas auf.
»Mit den Eastons, in Sussex. David und Isabel. Kennen Sie die?« Edith wusste ganz genau, dass er sie nicht kannte. So war es auch.
»Ich kenne Charlie schon mein ganzes Leben lang.«
Edith kramte träge nach einer Antwort. »Ich glaube nicht, dass es jemanden gibt, den ich schon mein ganzes Leben lang kenne. Außer meine Eltern«, fügte sie lachend hinzu.
Henry erwiderte ihr Lachen nicht. »Oh«, sagte er nur.
Sie versuchte es weiter. »Wer sind Eric und Caroline?«
»Caroline ist seine Schwester. Die kenne ich auch schon mein ganzes Leben lang.« Er nickte leise vor sich hin und freute sich an diesen langen Bekanntschaften. »Eric ist der Bursche, den sie gerade geheiratet hat.«
»Ihn kennen Sie vermutlich noch nicht Ihr ganzes Leben.«
»Ich habe ihn vor der Hochzeit noch nie gesehen.«
»Ist er nett?«
»Darüber kann ich wirklich kein Urteil abgeben.« Offenbar hatte sich Caroline in Henrys Augen etwas grauenhaft Unschickliches zuschulden kommen lassen. Die Verbindung mit diesem Fremden musste eine Mesalliance sein. Edith hatte das Gefühl, dass es fast an ein Vergehen grenzte, von dem Eindringling überhaupt zu reden.
»Wo liegt Royton denn?«
Diesmal drückte sich auf Henrys Gesicht mehr Überraschung als Missfallen aus. Er fand Edith sicher ganz schön verschroben, weil sie nicht wusste, wo Royton war. »In Norfolk.«
»Ist es schön dort?« Edith hatte
Weitere Kostenlose Bücher