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Snobs: Roman (German Edition)

Snobs: Roman (German Edition)

Titel: Snobs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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einer Sonntagsbeilage einen Artikel über die »Entdeckung der Lavery« mit mehreren großen Farbaufnahmen. Mit einem Schlag gewann Edith Popularität. Erst ärgerte sie sich, dass sie immer als Aufsteigerin hingestellt wurde, doch allmählich trat dieser ursprüngliche Anlass des Medieninteresses hinter einer Unzahl von Modeberichten und Preisverleihungen und Einladungen zu Nachmittagsfernsehsendungen zurück, und Edith fing an, die Aufmerksamkeit zu genießen. Von Presseleuten verfolgt zu werden verführt unweigerlich zur Annahme, dass das eigene Leben interessant sein müsse , wenn sich so viele Menschen dafür interessieren. Was Edith genauso gern glauben wollte wie alle anderen. Natürlich verlor sie bald die Tatsache aus den Augen, dass sie nur deshalb berühmt wurde, damit es eben eine weitere Berühmtheit gab – aus keinem anderen Grund.
Ich besuchte einmal eine Wohltätigkeitsgala, bei der Edith einen der von einer Boulevardzeitung gestifteten Preise verlieh; ich erinnere mich an ihre anschließende Äußerung, wie furchtbar die anderen, preisverleihenden »Prominenten« wären: lauter Sportberichterstatter und Modegurus – warum man die bloß eingeladen hatte? Ich wies sie darauf hin, dass sich selbst bescheidene Sportkommentatoren und -kommentatorinnen ihre Berühmtheit auf eine Weise verdient hätten, wie es Edith nicht getan hatte. Sie lächelte, doch ich merkte, dass sie mir meine Bemerkung übel nahm. Sie hatte gefährlich früh begonnen, selbst zu glauben, was die Medien über sie verbreiteten.
    Die Fototermine und Gesellschaftsberichte hatten zur Folge, dass sie sich besser und teurer kleidete als zuvor. Ich bin nicht sicher, wie sie das schaffte, da Charles zu diesem Zeitpunkt wohl noch nichts berappte. Wahrscheinlich hatte sie Vereinbarungen mit Designern, die ihre Modelle für einen Abend verleihen, wenn es Grund zur Annahme gibt, dass die Trägerin in der Zeitung erscheint. Oder vielleicht machte Mrs. Lavery einiges locker. Falls sie das Geld besaß, zeigte sie sich bestimmt gern spendabel.
    In dieser Zeit sah ich Edith viel weniger. Ich bin nicht sicher, ob sie immer noch in der Milner Street arbeitete, aber ich halte sie nicht für jemanden, der das Fell des Bären verkauft, bevor er ihn erlegt hat. Doch stellte sich ihr wohl weniger oft die Frage, wie sie die Mittagspause verbringen sollte. Erst im März darauf, Monate nach dem Beginn ihrer Beziehung zu Charles, entdeckte ich sie eines Tages in einer Ecke des Australian vor einem Thunfischsandwich, und als ich mir etwas zu trinken geholt hatte, ging ich zu ihrem Tisch. »Hallo«, sagte ich, »darf ich mich zu dir setzen, oder meditierst du gerade?«
    Sie blickte mit einem überraschten Lächeln hoch. »Setz dich. Du kommst wie gerufen.« Sie war zerstreut und ernst, insgesamt nicht die coole Blondine, die ich gewohnt war.
    »Was gibt’s?«
    »Fährst du vielleicht zufällig nächstes Wochenende zu den Eastons?«
    »Nein. Sollte ich denn?«
    »Es käme mir sehr gelegen.«
    »Nun ja, ich habe nichts anderes vor. Ich könnte wohl anrufen und mich selbst einladen. Warum?«
    »Charles’ Mutter gibt am Samstagabend ein Essen in Broughton, und ich hätte gern ein paar Leute von meiner eigenen Truppe dabei. Isabel und David würden wohl auch kommen?«
    »Machst du Witze?«
    »Das ist es ja. Ich hätte dich gern dabei, damit du ihre Hysterie ein wenig dämpfst. Charles mag dich.«
    »Charles kennt mich gar nicht.«
    »Aber wenigstens seid ihr schon miteinander bekannt.« Ich wusste, was sie bedrückte. Sie hatte es satt, unsichtbar zu sein. Ausschließlich von Menschen umgeben zu sein, die wie selbstverständlich annahmen, dass sie Edith bereits kennen würden, wäre sie kennenswert. Sie wollte einen eigenen Freund in ihrer Nähe haben, den sie Charles nicht vorzustellen brauchte.
    »Ich komme gern, wenn Isabel Platz für mich hat.«
    Sie nickte dankbar. »Ich würde dich gern nach Broughton einladen, wenn ich könnte.«
    »Das würde mir Isabel nie verzeihen. Hast du sie schon einmal eingeladen?«
    »Nein.« Ich sah sie überrascht an, und sie zuckte mit den Achseln. »Ich war selbst immer nur für einen Abend dort und meist zu einem bestimmten Anlass, und du weißt doch, wie die Eastons sind …« Und ob ich das wusste. Ich brauchte nur an Ascot und das Glitzern in Davids Augen zu denken, um es nur allzu gut zu wissen.
    »Wie läuft denn alles so? Ich lese ständig von dir in der Zeitung.«
    Sie errötete. »Ist das nicht albern?«
    »Und ich

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