Snobs: Roman (German Edition)
habe dich in This Morning with Richard and Judy gesehen.«
»Du lieber Himmel – Frühstücksfernsehen! Du steckst wohl in einer ernsthaften Lebenskrise.«
»Ich hatte eine Mandelentzündung, aber ich mag Judy auch ganz gern«, gestand ich. »Sie sieht immer so gequält und echt aus. Ich fand dich übrigens ganz gut.«
»Wirklich?« Sie schien erstaunt. »Ich dachte, ich hätte mich total blamiert. Vor der Kamera habe ich überhaupt keine Angst, aber wenn ich den Mund aufmache, klinge ich wie eine dumme Pute. Die haben mich sicher nur eingeladen, weil Tara Palmer-Tomkinson abgesagt hat.«
»Hat sie wirklich?«
»Keine Ahnung. Hab ich mir grad so ausgedacht.«
»Vielleicht wäre es eine Lösung, einfach nichts zu sagen.«
»Das meint Charles auch, aber das würde auch nichts ändern. Die zitieren einen trotzdem.« Womit sie natürlich vollkommen Recht hatte.
»Du und Charles, ihr seid ein entzückendes Paar. Deine Mutter ist sicher sehr aufgeregt.«
Edith rollte mit den Augen. »Sie ist völlig aus dem Häuschen. Sie hat Angst, sie wird wie in Dallas Bobby in der Dusche finden, und alles war nur ein Traum.«
»Und? Wird das passieren?«
Ediths Gesicht verhärtete sich zu einer mondänen Maske, die besser in eine Opernloge der Belle Epoque zu passen schien als ins Australian zur Mittagszeit. »Nein, ich glaube nicht.«
Ich zog die Augenbrauen hoch. »Darf ich gratulieren?«
»Noch nicht«, sagte sie energisch, »aber versprich mir, dass du am Samstag zur Stelle bist. Acht Uhr. Im Smoking.«
»In Ordnung. Aber du musst es Isabel sagen. Soll ich Lady Uckfield schreiben?«
»Nein, nein, das erledige ich alles. Du brauchst bloß zu kommen.«
Als ich Isabel an diesem Abend anrief, hatte Edith schon mit ihr gesprochen und die Sache war schnell geregelt. Und so kam es, dass ich mich ein paar Tage später im Salon der Eastons zu einem Drink einfand, bevor wir uns nach Broughton aufmachten. David klopfte das Herz vor Aufregung, endlich in der Festung empfangen zu werden, was er mit einem linkischen, mürrischen Benehmen überspielte. Isabel war weniger aufgeregt und fürchtete daher auch weniger, man könnte ihr etwas anmerken.
»Na, sind wir der Meinung, dass die Einladung einen bestimmen Anlass hat?«, fragte sie kichernd, als ich eintrat.
»Ich weiß nicht«, sagte ich. »Sind wir das?«
David drückte mir ein Glas in die Hand. Es gab bei ihm ärgerlicherweise immer nur warmen Whisky; er hatte irgendwo gelesen, dass ein Gentleman seinen Whisky ohne Eis trinkt. »Isabel glaubt, dass sie ihre Verlobung bekannt geben werden.«
Der Gedanke war mir natürlich auch schon gekommen; dies würde erklären, warum Edith das Bedürfnis nach Verstärkung der eigenen Mannschaft hatte. Doch schon im Kindergarten hatte ich gelernt, dem Naheliegenden zu misstrauen. »Wären ihre Eltern dann nicht auch eingeladen?«
»Vielleicht sind sie es.« Der Gedanke war nicht von der Hand zu weisen. Bei der Vorstellung, wie Stella Lavery zu ihrem Zimmer hochging und sah, dass ihre Taschen ausgepackt worden waren und das Abendkleid bereit lag, wurde mir warm ums Herz. Jeder verdient ein paar Momente absoluter Vollkommenheit in seinem Leben.
»Das werden wir ja bald erfahren«, sagte ich.
Isabel sah auf die Uhr. »Sollten wir nicht los?«
»Noch nicht. Wir haben noch jede Menge Zeit.« Jetzt, wo ihm seine Beute sicher war, konnte David es sich leisten, die Krallen wieder kurz einzuziehen.
Doch Isabel setzte sich durch und wir brachen auf zu unserem ersten, aber – wie wir alle insgeheim glaubten – wahrscheinlich nicht letzten privaten Besuch in Broughton Hall.
Das Haus sah nicht weniger abweisend aus als zuvor, doch da nun eine Bresche in die Festung geschlagen war, hatte sogar seine kalte Ausstrahlung etwas Erfreuliches. Wir standen vor derselben Tür und klingelten.
»Ich frage mich, ob das der richtige Eingang ist«, sagte Isabel, doch bevor wir weiter ins Grübeln kommen konnten, wurde die Tür von einem Butler geöffnet, der uns nach oben in den Roten Salon führte. Ich war überrascht, dass die Familie diese repräsentativen Räume, die
zur Besichtigung freigegeben waren, überhaupt benutzte. Ich hatte erwartet, wie bei solchen Abendgesellschaften üblich, in einen anderen, vornehm-wohnlichen Salon gewiesen zu werden, wo zwischen den Porträts und Louis-Quinze-Möbeln weiche Sofas und Chintzsessel standen. Ich sollte bald erfahren, dass ich mich zu Recht wunderte; die Tatsache, dass wir die Getränke im Roten
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