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Snobs: Roman (German Edition)

Snobs: Roman (German Edition)

Titel: Snobs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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mürrisch? Was ist los mit dir?«
    »Nichts. Ich bin nicht mürrisch. Obwohl ich ein bisschen beleidigt bin, dass du uns verschmähst und diese beiden vorziehst. Glaubst du wirklich, dass es dir Spaß machen wird, mit ihnen zusammenzuwohnen?« Sie murmelte fast, als wollte sie Neugier provozieren, blieb aber gut hörbar. Ich fand das ziemlich unangenehm.
    »Ich sehe nicht, warum es mir keinen Spaß machen sollte.«
    Wieder fasste sie Simon scharf ins Auge. »Ich muss schon sagen, Googie ist wirklich angetan von ihm. Sie hat beim Tee verkündet, sie würde Brook Farm an den schönsten Mann vermieten, den sie je gesehen hat. Das hat mich doch überrascht.«
    »Wirklich?«, fragte ich.
    Wir sahen beide zu Russell hinüber, der mit unserer Gastgeberin lachte und flirtete. Ständig warf er seine im Kerzenlicht schimmernden Haare zurück wie ein unruhiger Hengst. Seine Augen wirkten dunkler als bei Tageslicht und leuchteten wie geschliffene Saphire. Ich blickte wieder zu Edith. Auch sie war natürlich schön, im Allgemeinen überstrahlte sie mit ihrer Schönheit alle ihre Tischgenossen bei weitem, doch heute Abend fiel mir auf, wie viel sie von ihrer Lebhaftigkeit eingebüßt hatte. Ich erinnerte mich, wie sie bei der Bekanntgabe ihrer Verlobung Lord Uckfield bezirzt hatte, doch ihr immer wieder aufblitzendes verstohlenes Lächeln war nun einer würdevolleren, entschlosseneren Miene gewichen. Eine Veränderung, die ihr nicht gut zu Gesicht stand.
    »Gut aussehen mag er ja«, sagte sie wegwerfend. »Aber Schauspieler machen so ein weibisches Getue um ihre Erscheinung. Ich kann einen Mann, der sich über Augentropfen und Wimperntusche den Kopf zerbricht, einfach nicht ernst nehmen.«
    Ich drehte mich zu ihr. »Wer verlangt von dir, ihn ernst zu nehmen?«, fragte ich.
    Edith wandte ihre Aufmerksamkeit wieder ihrem Teller zu.

11
    Die Countess Broughton lag grübelnd in der Badewanne. Gelegentlich wand sie sich und verteilte so das heiße Wasser, das in einem dünnen Rinnsal aus dem Hahn lief, den sie geschickt mit den Zehen regulierte. Bald würde Mary ihr das Frühstück hochbringen und wäre überrascht, sie im Bad zu finden. Sie durchbrach die Routine, die sich bereits in ihrem beschränkten Leben breit gemacht hatte. Sogar Charles hatte sie verblüfft angesehen, als sie sich aus dem Bett rollte und Wasser einlaufen ließ. »Badest du schon jetzt?«, fragte er und beobachtete sie wie ein verwirrter Welpe. Er wagte kaum, ihr Tun und Treiben in Frage zu stellen, fürchtete aber jede Veränderung.
    »Ja. Hast du was dagegen?«
    »Nein, nein, überhaupt nicht.« Charles war keine Kämpfernatur. »Sonst badest du immer nach dem Frühstück, deshalb hab ich gefragt.«
    »Heute bade ich eben vor dem Frühstück. In Ordnung?«
    »Ja. Ja, natürlich.« Er redete lauter, weil sie ins Bad ging und sich die Zähne putzte. »Ich gehe mit Roberts zur Brook Farm rüber. Willst du mitkommen?«
    »Eigentlich nicht.«
    »Wir verschaffen uns einen Überblick, was noch zu tun ist. Viel wohl nicht, wenn sie das Haus bloß für ein paar Wochen wollen. Seltsame Idee. Wären sie in einem Hotel nicht besser aufgehoben?«
    »Offensichtlich sind sie anderer Meinung.«
    »Ja. So ist es wohl. Na schön. Haben dir die beiden anderen gefallen?«
    »Ich habe mich so gut wie gar nicht mit ihnen unterhalten. Deine Eltern haben mir kaum eine Chance gelassen.«
    Charles lachte. »Ich muss schon sagen, Bella hat den alten Herrn prächtig amüsiert. Ich sehe ihn schon zur Brook Farm rüberpilgern und fragen, ob sie vielleicht ein Schälchen Zucker braucht. Russell, dieser Schönling, ist für meinen Geschmack ein bisschen zu glatt.«
    »Googie schien sehr von ihm angetan.«
    Doch Charles hatte schon alles gesagt, was er sagen wollte. Er überließ seine Frau ihren Neuerungen im morgendlichen Ablauf und verschwand in sein Ankleidezimmer.
    Auch wenn er vielleicht einen anderen Anschein erweckt hatte, hatte er gegen eine Vermietung von Brook Farm nicht das Geringste einzuwenden. Ganz im Gegenteil. So hatte er einen Vorwand, die Arbeiten voranzutreiben, und seit Edith die Lust verloren hatte, mit ihm dort zu wohnen, wollte er das Haus so schnell wie möglich vermieten und vom Hals haben. Die leeren, hübschen Zimmer, deren Einrichtung sie gleich nach der Hochzeit in allen Einzelheiten besprochen hatten, waren für ihn wie ein Vorwurf, eine bestürzende Erinnerung, dass er versagt hatte – aber worin? Hatte er sie nicht verstanden? Aber was sollte er denn bloß

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