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Snobs: Roman (German Edition)

Snobs: Roman (German Edition)

Titel: Snobs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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Aufstrahlen von Simons bezirzendem Lächeln erkannte ich, dass ich nun in seiner Achtung erheblich gestiegen war.
    Kaum war ich am nächsten Vormittag am Set eingetroffen, einer Ballszene im Roten Salon, wo Charles und Edith uns zum Verlobungsdinner empfangen hatten, flog meine Deckung auf – falls ich je eine gehabt hatte. Die meisten Hauptdarsteller waren in ihren nicht sehr originalgetreuen Kostümen versammelt, als Lady Uckfield
hereinkam. »Ah, Marchioness«, sagte Twist und vollführte, was er für eine höfliche Verbeugung hielt. In ihren ebenmäßigen, lächelnden Zügen entdeckte ich nicht das leiseste Zucken, als Twist sie wichtigtuerisch wie ein Kleinstadt-Bürgermeister bei einer Fabrikführung den Schauspielern vorzustellen begann. Da entdeckte sie mich, ließ ihn einfach stehen, küsste mich auf beide Wangen und führte mich beiseite zum Fenster. Für die meisten Kollegen war ich ab dieser Sekunde gebrandmarkt, und ich brauchte mehrere Wochen, um wieder etwas Glaubwürdigkeit als Schauspieler zurückzugewinnen.
    »Edith sagt, Sie wollen nicht bei uns wohnen.«
    »Sie sind sehr liebenswürdig, aber das geht wirklich nicht. Ich käme nur durcheinander, zu welchem Team ich gehöre.«
    Sie lachte und antwortete mit einem flüchtigen Rundblick durch den Raum: »Das will ich nicht hoffen.« Ich lächelte.
    »Wo kommen Sie dann unter? Sie wollen sich doch nicht ernsthaft den Dorfgasthof antun?«
    Ich dachte an die traurigen Broschüren auf der Frisierkommode meines Hotelzimmers, die mich im »glanzvollen Landhaus Notley Park« willkommen hießen, und schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht.«
    »Da bin ich ja erleichtert.«
    »Tatsächlich haben zwei Kollegen und ich uns gefragt, ob wir uns vielleicht irgendwo auf Ihren Gütern einmieten könnten. Was meinen Sie? Es bräuchte nichts Luxuriöses zu sein. Solange wir drei Schlafzimmer und warmes Wasser haben.«
    »Wer wäre das?«
    Ich nickte zu Bella hinüber, die, in weinroten Samt geschnürt, sich mit Simon unterhielt. Er war in blassblaue Seide gekleidet, mit einem Spitzenbesatz an Kragen und Manschetten, und trug eine Perücke, die im Unterschied zu den Perücken der meisten Komparsen nicht aussah, als wäre sie einer Themseleiche vom Kopf gezogen worden, sondern sein Gesicht mit einer noch üppigeren blonden Lockenpracht als seiner natürlichen umrahmte. Er fing unseren Blick auf und sah lächelnd zu uns herüber.
    Lady Uckfield lächelte vorsichtig zurück. »Du lieber Himmel, was für eine Schönheit.«
    »Das ist unser jugendlicher Liebhaber.«
    »Das glaube ich gut und gern.« Sie wandte sich zurück zu mir. »Wir können sicher etwas organisieren. Wahrscheinlich könnten Sie Brook Farm haben, wenn Ihnen die spärliche Möblierung nichts ausmacht. Ich werde Charles bitten, alles in die Wege zu leiten. Kommen Sie doch heute zum Dinner und bringen Sie die anderen beiden mit. Zur Gesichtskontrolle«, fügte sie trocken hinzu, als sie schon am Gehen war. »Gegen acht, und bitte ziehen Sie sich nicht um.«
     
    »Bist du sicher, dass mein Aufzug in Ordnung ist?«, fragte Bella zum zwölften Mal, als der Wagen vor dem Vordereingang knirschend zum Stehen kam.
    »Ganz sicher.«
    Sie wand sich aus dem Auto. »Guter Gott, ich habe nichts mitgenommen außer Latzhosen und Pullis.« Tatsächlich sah sie in ihren schwarzen Klamotten und den großen Ohrringen ziemlich frivol aus, wie eine französische Sängerin in einem subversiven Nachtclub.
    Simon war wesentlich gelassener, als wir uns der hufeisenförmigen Freitreppe näherten. Er gehörte zu den übrigens gar nicht so seltenen Schauspielern, die im Fernsehen so oft Adlige spielen, dass sie sich schließlich selbst dafür halten. Er hatte in unzähligen Serienfolgen fast jede Uniform getragen, war bei fast jedem militärischen Konflikt zum Sturmangriff geritten, hatte an Fuchsjagden teilgenommen und bis zum Umfallen getanzt, so dass er jetzt irgendwie selbst daran glaubte, er beziehe seine Schuhe von Lobb’s und seine Hüte von Lock’s und bekäme sofort eine Mitgliedschaft bei White’s angetragen, wenn man dort nur von ihm erfahren würde – kurz, er glaubte, dass er zur crème de la crème gehörte. In Fulhamer Salons ließ er vor seinen Gastgeberinnen abschätzige Bemerkungen über jüngere Mitglieder der königlichen Familie fallen und setzte dazu ein Gesicht auf, als erzähle er lieber nicht alles, was er wusste. Nicht dass es zwischen ihm und David Easton gesellschaftlich einen großen

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