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Snobs: Roman (German Edition)

Snobs: Roman (German Edition)

Titel: Snobs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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einen ziemlich geschärften Blick für Nasen), dazu ein wohlgeformter, mädchenhafter Mund mit ebenmäßigen, wenn auch leicht scharfkantigen Zähnen vervollständigten das Bild. Doch hier endete die Vollkommenheit noch nicht. Statt der schmächtigen Statur, die man mit Schauspielern des Typs »blonder Schnösel« verbindet, besaß Russell den muskulösen und durchtrainierten Körper eines Athleten. Kurz gesagt, er war ein Prachtexemplar. Es kommt einem vor, als bekämen es die Götter manchmal satt, ihre Schöpfungen
zu verhunzen, und winkten jemanden ohne Macke durch. Russell war so jemand. Wenn er einen Fehler hatte – und man musste wirklich lange danach suchen –, dann waren es wohl seine Beine, die für seine Größe ein wenig zu kurz geraten waren. Später erfuhr ich, dass dieses winzige Detail, dieses Staubkörnchen auf dem Regenbogen, ihm täglich stundenlange Qualen bereitete, was viel über den Wahn und die Undankbarkeit der menschlichen Rasse aussagt.
    Wir drei beschlossen, sowohl um den Regisseur als auch um den Speisesaal des Hotels einen großen Bogen zu machen, und saßen kurze Zeit später in einer der Nischen eines exzentrischen Lokals in Uckfield, dessen Wirt sich für eine Einrichtung im Wildweststil entschieden hatte. Es wurde ein vergnügter Abend, ein ermutigender Beginn der Arbeit. Simon war sehr unterhaltsam; eine der angenehmsten Seiten der glücklichen Schönen ist ihre Ungezwungenheit im Umgang. Er war verheiratet und hatte drei Kinder, einen Jungen und zwei Mädchen, von denen wir viel erfuhren (und weiter erfahren würden), und er breitete sich so unbefangen über seine eigene Person und seine Erfolge aus, wie es nur der eingefleischte Egozentriker fertig bringt. Dennoch war er witzig, angenehm und charmant, eine gute Ergänzung zu Bellas temperamentvoller Quirligkeit. Außerdem war er ein Weltmeister im Flirten. Noch der banalste Wortwechsel mit einem Mitmenschen, sei es mit unserer Kellnerin oder dem Mann, den wir auf der Straße nach dem Weg fragten, war ihm ein strahlendes Lächeln wert. Er war erst zufrieden, wenn jeder, egal, wie unbedeutend, ihm zu Füßen lag. Ich genoss es immens, ihn in Aktion zu sehen.
    »Ich glaube nicht, dass ich es sechs Wochen in diesem Hotelzimmer aushalte«, sagte Bella. »Erst dachte ich, das muss wohl ein Irrtum sein. Ein Kabuff so groß wie ein Handtuch und das Bad ’ne Art Schrank.« Sie winkte nach einer weiteren Flasche.
    Schauspieler sind als ewige Nörgler berüchtigt. Nie sind sie glücklicher, als wenn sie richtig schön über die miesen Bedingungen jammern können, unter denen sie arbeiten, schlafen und sich umkleiden müssen. Es gibt einen alten Witz über einen Schauspieler, dem nach
fünf Jahren Arbeitslosigkeit knapp vor dem Selbstmord eine Starrolle mit Julia Roberts als Partnerin angeboten wird. Als man ihn fragt, ob das wirklich stimmt, antwortet er: »Ja. Und das Beste ist: Morgen habe ich frei.« Selbst ich, dem solche Dinge nicht so wichtig sind, verzagte bei der Aussicht auf sechs Wochen orange-braune Tapete, und so schlug die Geburtsstunde der Idee, dass wir uns zu dritt ein Cottage teilen könnten. Das war natürlich auch ein gewisses Risiko, und wir beschlossen, immer von einer Woche auf die nächste über eine Verlängerung zu entscheiden, doch so könnten wir Kosten sparen und unsere Lage erheblich verbessern. »Die Sache hat nur einen Haken«, sagte Bella, »ich hab mich schon umgehört. So gut wie alles in der Nähe gehört den Broughtons und die sind nicht scharf auf Kurzmieter. Sie vermieten prinzipiell nicht an Urlauber.«
    »Könnten die Filmleute nicht ein gutes Wort für uns einlegen?« Simon setzte das sanfte Lächeln eines Menschen auf, für den jede Hürde überwindbar ist. »Die verdienen doch genug an uns. Wer ist denn der Aufnahmeleiter? Es muss doch jemanden geben, der einen guten Draht zu den Broughtons hat – wenigstens im Moment noch.«
    Da wir am nächsten Tag anfangen würden zu drehen und es sich zwangsläufig schnell herausstellen würde, dass ich mit der Familie bekannt war, schaltete ich mich ein. »Ich kenne die Broughtons«, sagte ich. »Ich weiß nicht, ob sie etwas zu vermieten haben, aber ich kann auf alle Fälle fragen.«
    Bella freute sich über diese Wendung der Ereignisse und war nicht weiter überrascht. Sie kannte mein Doppelleben schon von früher, und da sie kein Snob war, hatte sie nicht das Bedürfnis, dazu in irgendeiner Weise Position zu beziehen. Doch am scheinwerferhellen

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