Snobs: Roman (German Edition)
Cocktailparty in Eaton Terrace kennen, zu der ein Freund meines Onkels einlud, der zufällig auch ein Freund ihrer Mutter war; keiner von uns beiden hatte besonders große Lust hinzugehen. Kurz nachdem sie (mit besagter Mutter) dort eintraf, wurde ich ihr vorgestellt und kam mehr oder weniger auf der Stelle zur Erkenntnis, dass sie die Frau war, die ich heiraten wollte. Sie hieß Adela Fitzgerald, ihr Vater war ein irischer Baronet – eine der frühesten Ernennungen, wie sie von Zeit zu Zeit energisch betonte. Sie war groß, attraktiv und hatte eine sachlich-nüchterne Art, und ich sah sofort, dass ich mit dieser Person den Rest meines Lebens durchaus glücklich sein könnte. In den nächsten Monaten war ich folglich sehr damit beschäftigt, sie von dieser Tatsache zu überzeugen, die für mich auf der Hand lag, ihr aber, wie ich gestehen muss, nicht so unmittelbar einleuchtete. Welche Gründe bei einer solchen Wahl den Ausschlag geben, ist für mich – auch als glücklich verheirateter Mann – immer noch ein Rätsel, genau wie damals, als ich einer Frau nachsetzte, die ich kaum kannte. Viele Jahre lang hatte ich erfolglos versucht, die richtige Partnerin zu finden, und es kam mir unerklärlich vor, dass ich nun auf Anhieb zufrieden sein sollte, und doch war es so. Auch hatte ich nie einen Anlass, meine Entscheidung zu bereuen.
Ich enthielt Adela meinem Bekanntenkreis eine Weile vor. Wenn
man auf die vierzig zugeht, machen alle ein großes Tamtam um jede Begleiterin, mit der man mehr als einmal gesehen wird – so ersticken wohlmeinende Freunde viele Romanzen schon im Keim. Daher wollte ich mich lieber bedeckt halten, bis ich wüsste, ob wirklich etwas »dahinter steckte«. Aber schließlich war ich meiner Sache sicher und stellte Adela allen vor. Meine vornehmen Freunde und mehr noch meine Eltern waren erleichtert, dass ich meine Frau aus meiner alten Welt gewählt hatte und nicht aus meiner neuen. Meine Theaterfreunde – großzügiger, wenn auch meist gleichgültiger – freuten sich einfach, dass ich endlich jemanden gefunden hatte.
Als die Aufnahmen dem Ende zugingen, schlug ich Adela vor, an einem Freitag nach Sussex zu kommen, ein wenig bei den Dreharbeiten zuzusehen und zwei Mal bei uns zu übernachten. Damit dies mit allem Anstand geschehen konnte, hatte ich zu Bellas ungemeiner Erheiterung vor, mein Zimmer aufzugeben und auf dem Sofa zu schlafen. Und so kam Adela am verabredeten Abend in ihrem ziemlich zerbeulten grünen Mini an, schloss bei einem fröhlichen und dank Bella köstlichen Abendessen Bekanntschaft mit den anderen beiden und versprach uns, am nächsten Tag nach ihren Einkäufen zum Set zu kommen.
Bevor sie am nächsten Vormittag erschien, passte mich Edith ab. Wir drehten in einem Rosengarten seitlich vom Haus, der von dort über einen kurzen Weg zu erreichen war. Die Szene war ursprünglich für die erste Woche angesetzt, wurde aber aus mir entfallenen Gründen endlos verschoben. Nun hatten wir bereits Mitte Oktober, doch zum Glück für unsere (besorgten) Produzenten wurde es am Drehtag so sonnig und warm wie im Juni. Fast ärgerte ich mich, dass sie für ihre sorglose Fehlplanung auch noch belohnt wurden. Bei der ziemlich langen Sequenz spielten Elizabeth Gunning (die aggressivere der beiden Amerikanerinnen, Louanne) und Campbell (Simon) in einer Liebesszene, die schließlich durch Creevey (mich) unterbrochen wurde. Deshalb saß ich lesend am Rand des Geschehens, genoss die idyllische Szenerie und wartete, bis ich an die Reihe kam. Da tauchte Edith vor mir auf.
»Was höre ich da? Mein Freund, der geheimnisvolle Unbekannte!« Ich nickte zustimmend. »Ist es etwas Ernstes?« Ich äußerte dazu, da ich mich nun einmal als geheimnisvoller Unbekannter entpuppt habe, sei es höchst unwahrscheinlich, dass sie andernfalls davon erfahren hätte. »Ist sie Schauspielerin?«
»Ganz und gar nicht.«
»Du brauchst nicht gleich so entrüstet zu tun. Warum sollte sie denn keine sein?«
»Nun, sie ist keine. Sie arbeitet bei Christie’s.«
Edith schnitt eine Grimasse. »Nicht eine dieser Hochwohlgeborenen an der Empfangstheke mit einem Earl als Onkel, die immer so überlegen tun und dann nichts, was man sie fragt, beantworten können?«
»Genau. Nur dass sie keinen Earl als Onkel, sondern einen Baronet als Vater hat.«
»Wie heißt sie denn?«
»Adela FitzGerald.«
»Ich bin enttäuscht von dir.« Sie ließ sich neben meinem Klappstuhl auf die Grasböschung fallen. Da weitere freie
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