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Snobs: Roman (German Edition)

Snobs: Roman (German Edition)

Titel: Snobs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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und sehr gegen Charles’ Willen Bob und Annette eingeladen hatte, die auf Mallorca bei den Chases zu Gast gewesen waren, als Edith und Charles ihre Flitterwochen dort verbrachten. Edith wollte Annette, die natürlich einen lebhaften Briefwechsel mit ihrer bedeutenden neuen Freundin geführt hatte, gern wiedersehen, sie wollte aber auch Charles ärgern und ebenso Googie, vor allem aber wollte sie Eric Chase ärgern, der mit Caroline ebenfalls in Broughton war. Sie tippte darauf, dass er vor Wut kochen
würde, wenn sie dieses Paar seinen Schwiegereltern als »Freunde von Eric‹« vorstellte, als wären sie typisch für seinen Umgang. Und sie hatte völlig Recht.
    Simon, Adela und ich waren zum Dinner eingeladen – Bella hatte sich für ein paar Tage nach London abgesetzt –, und so stießen wir an jenem Abend um acht Uhr zu diesem bunt zusammengewürfelten Haufen im Salon der Familie. Die unpassende Besetzung verhieß einen unharmonischen Abend, der gleich mit einem Missverständnis losging: Adela hielt Eric eine geschlagene Stunde lang für ein Mitglied der Filmtruppe statt für einen Angehörigen der Familie. Je mehr Namen er fallen ließ, desto mehr wurde sie in ihrer Meinung bestärkt, bis er schließlich mit rotem Gesicht verbittert auf »meinem Schwiegervater, Tigger« verwies. Und sogar dann sah sie zur Bestätigung noch zu mir herüber.
    Lady Uckfield dagegen legte es mit ihrem Verhalten bewusst darauf an, Edith zu enttäuschen. Das ganze Wochenende kümmerte sie sich mit besonderer Aufmerksamkeit um Bob und Annette; gleichzeitig vermittelte sie durch eine diskrete Herzlichkeit, wie erleichtert sie war, in Adela eine verwandte Seele zu finden – wohl ein indirektes Kompliment an mich.
    Nachdem sie einen Schauspieler in ihre Kreise aufgenommen hatte, beruhigte es sie sehr, dass er sich letztlich als ihresgleichen erwies. Sie fand es höchst passend, dass ihre Freunde Personen heirateten, von denen sie mehr oder weniger gehört hatte. Zufällig kannte sie eine von Adelas Tanten recht gut und hatte im selben Jahr wie ihre Mutter debütiert, was sich alles comme il faut in ihre kurios geordnete Welt fügte. Genau diese Sicherheit hatte ihr Charles mit seiner Wahl von Edith vorenthalten, und man konnte sich schwer des Verdachts erwehren, dass die muntere Liebenswürdigkeit, mit der Lady Uckfield meine Zukünftige aufnahm, eine kleine Spitze gegen ihre Schwiegertochter enthielt. Adela blühte natürlich unter so viel Aufmerksamkeit auf, zumal sie sich der Spielchen, die ringsum gespielt wurden, nur halb bewusst war. Ich fand Edith bei einem der Fenster, wo sie verdrießlich auf die überaus gemischte Gesellschaft
starrte. Sie nickte meiner Auserwählten zu. »Was hab ich dir gesagt? Sie ist perfekt.«
    »Ich weiß.« Ich folgte ihrem Blick, der von der innigen Sofaszene in eine entfernte Ecke hinübergewandert war, wo Caroline Chase gebannt dem Geplauder Simons zuhörte, der wie immer voll in Fahrt war. Zwischen den Grüppchen wanderte ein leicht verzagter Charles umher und erbot sich, die Gläser nachzufüllen. »Der gute alte Charles. Wer hat ihn beim Dinner?« Die Frage war mir gedankenlos entschlüpft, ihre Unverschämtheit nicht beabsichtigt. Edith jedenfalls wies mich nicht zurecht, wie sie es hätte tun sollen, sondern zuckte mit den Achseln.
    »Wer weiß? Wir haben einen grauenhaften Abend vor uns.« Ich sah sie fragend an. »Bob und Annette Watson führen uns alle aus.«
    »Das ist aber sehr nett von ihnen. Wie um alles in der Welt kommen sie denn dazu?«
    Edith teilte meine Sicht der Dinge nicht. »Das ist noch nicht alles. Sie haben einen Tisch in Fairburn Hall reserviert. Googie tut entsetzt, ist aber gleichzeitig ganz aus dem Häuschen. Sie kommt um vor Neugier, was aus dem Landsitz geworden ist, seit die de Marneys ihn aufgegeben haben, würde das aber um ihr Leben nicht zugeben.«
    Dass Edith für die Einladung der Watsons so wenig Dank übrig hatte, überraschte mich nicht. Mit derlei Dingen tritt man natürlich bei den Broughtons und ihresgleichen tief ins Fettnäpfchen. In England besteht einer der traurigsten Fehler, die ein Emporkömmling machen kann, in übertriebener Großzügigkeit. Was wirklich erstaunt, denn was gäbe es Liebenswürdigeres, als Geschenke und Leckereien mitzubringen und die versammelte Wochenendgesellschaft auszuführen? Und doch sind solche noblen Gesten ein genauso klares Zeichen, dass der Möchtegernwohltäter ein Neuling in noblen Kreisen ist, als hätte er sich

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