Snobs: Roman (German Edition)
Rebecca . Offenbar hofft man, dass die Produktion ins West End kommt.«
»Edith, wenn eine Neuinszenierung von Rebecca es von Bromley nach London schafft, dann fress ich einen Besen.«
»Das hat man ihm jedenfalls gesagt.«
»So etwas sagt man aus zwei Gründen: erstens, damit der Schauspieler anbeißt, und zweitens, damit er seinen Freunden etwas weniger Dürftiges zu erzählen hat, wenn sie nach seinem momentanen Engagement fragen. Vergiss nicht, ich kenne mich aus in der Branche.«
Sie nickte sanft. »Wahrscheinlich hält dich Charles deshalb für den idealen Unterhändler. Du sollst mir zeigen, wie schäbig das Theatermilieu ist, wenn der Lack ab ist. Charles hat es aufgegeben, mich an die Herrlichkeiten von Broughton zu erinnern, doch das steht mir alles noch einmal bevor, wenn Googie auf den Plan tritt.« Sie schüttelte sich und tat, als würde sie sich schrecklich davor fürchten.
Ich war etwas gekränkt. »Ich sehe nicht ganz ein, warum ich dich nicht an die Herrlichkeiten von Broughton erinnern sollte«, sagte ich. Sie zuckte mit den Achseln. Plötzlich ärgerte mich ihr blasiertes Getue. Ich wusste besser als die meisten, wie viel Aufwand sie getrieben hatte, um Charles zu ködern, und jetzt wollte ich mir von ihr nicht den Ennui der Aristokratin vorspielen lassen, die sich endlich aus einer arrangierten Ehe befreit. »Jetzt hör aber auf!«, sagte ich und verscheuchte damit die Bedienung wieder, die sich mit unseren Vorspeisen näherte. »Du hast dieses Leben geliebt. Jede Minute davon. Die buckelnden Verkäuferinnen und die kriecherischen Friseure. Das ganze ›Ja, Mylady, nein Mylady‹. Das wirst du vermissen, weißt du.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das werde ich nicht. Du weißt besser als jeder andere, dass ich damit nicht aufgewachsen bin.«
»Genau deshalb wirst du es auch so vermissen.« Ich seufzte. »Du hast eine gewaltige soziale Deklassierung vor dir, fürchte ich.«
»Nach fürchten klingst du aber gar nicht«, sagte sie, »sondern eher, als ob du das aufregend fändest.« Sie trank einen Schluck Perrier, als die Teller gebracht wurden. »Und wenn Simon ein Star wird? Was dann? Sind an Stars nicht mehr Leute interessiert als an einem langweiligen alten Lord?«
Da erkannte ich, dass Edith im Taumel eines der Liebe ähnlichen Gefühls zwei gewaltigen Irrtümern aufgesessen war. Erstens wog sie die Vorzüge eines Aristokraten- und eines Starlebens gegeneinander ab und nahm an, dass sie in beiden Fällen als Partnerin etwa gleich viel davon profitieren würde. Doch nichts könnte von der Wahrheit entfernter sein. Die Frau eines Earls ist eine echte Countess. Wenn Menschen ihre Gesellschaft suchen, dann nicht nur, um über diesen Weg auch ihren Mann zu erreichen. Noch besser: Wenn die Familie, in die sie eingeheiratet hat, ihre Güter noch besitzt wie die Broughtons, dann bietet der Peer seiner Frau mit seinem Landbesitz ein kleines Königreich, in dem sie als Königin herrschen kann. Die Frau eines Stars dagegen ist … seine Frau. Weiter nichts. Wenn Menschen die Beziehung zu ihr pflegen, dann in der Regel nur, um sich bei ihrem Mann einzuschmeicheln. Er hat kein Land, in dem sie regieren kann. Sein Königreich ist das Studio oder die Bühne, wo kein Platz für sie ist, wo sie bei ihren seltenen Besuchen sogar im Weg ist, ein Laie, der arbeitenden Menschen in die Quere kommt. Sie bleibt von den Insiderwitzen ausgeschlossen, die ihren Mann mit seinen Kollegen verbinden, sogar für den Agenten ist sie nur interessant, weil sich über sie vielleicht Kontrolle auf ihn ausüben lässt. Bei Partys gehen ihre Ansichten den anderen anwesenden Schauspielern nur auf die Nerven. Und das Schlimmste von allem: Steht die geschiedene Aristokratin in der Gesellschaft mit einem lädierten, aber dennoch rechtsgültigen Titel da und kann sich so auf die Suche nach einem neuen Mann machen, verwandelt sich die geschiedene Frau eines Stars wieder
in ein Nichts zurück. Wie es viele Exfrauen von Hollywoodstars erleben mussten.
Ediths zweite Fehleinschätzung war gröberer Natur. Der Vergleich war schlichtweg falsch. Charles war ein Lord. Simon war kein Star. Noch war meiner Meinung nach die Wahrscheinlichkeit groß, dass er jemals einer werden würde. Ich wurde langsam bissig. »Worauf gründest du deine hohe Meinung von Simons Aussichten?«
»Du bist heute wirklich ätzend. Aber …« Ihr Blick bat nun wirklich um Verständnis, was mich wieder milder stimmte. »Ich liebe ihn einfach. Ich weiß
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