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Snobs: Roman (German Edition)

Snobs: Roman (German Edition)

Titel: Snobs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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selbst in Verlegenheit.
    »Ich möchte einfach, dass Sie mit ihr reden.«
    »Nun, ich habe schon vermutet, dass ich sie nicht in Ihrem Auftrag entführen soll.« Ich stellte mein Glas ab. »Aber was kann ich schon sagen? Ich glaube, sie hat völlig den Verstand verloren.« Charles lächelte. »Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich viel ausrichte, wenn ich ihr das mitteile, wo sie doch nicht einmal auf Sie oder ihre Mutter hört.«
    Die arme Mrs. Lavery! Diese Nachrichten würden Gedanken an Harakiri in ihr wecken.
    »Das weiß ich, aber …«, Charles stockte. »Ich meine, Sie kennen die Welt, in der sich dieser Simon bewegt. Ich möchte nicht, nun, unhöflich sein, aber ist das die Art von Welt, die Edith gefallen würde? Hat sie sich das alles schon richtig überlegt?«
    Das war eine sehr vielschichtige Frage, viel komplexer, als Charles es selber ahnte. Es lässt sich nicht vorhersehen, wer die Welt der Bühne mögen wird. Adela fühlte sich darin gleich so wohl wie ein Fisch im Wasser und hatte nie Schwierigkeiten, sie mit ihrem anderen, konservativeren gesellschaftlichen Kreis in Einklang zu bringen. Sie entdeckte, dass ihr diese ständige Krisenstimmung, diese Belagerungsmentalität, diese Bereitschaft, entweder zu feiern oder zu hungern, sehr sympathisch waren. Andere, meine Schwiegermutter zum Beispiel, finden Theaterleute einfach schrecklich und halten sie für moralisch verkommene, mit Schminke verkleisterte Primitivlinge, die sich durch alle Betten schlafen und in Restaurants voll laufen lassen. Auch dieses Bild, dem übrigens Charles zuneigte, enthält ein beträchtliches Quantum Wahrheit. Charles fand es recht amüsant, einen Schauspieler zu seinen Bekannten zu zählen, aber es war kein Zufall, dass dieser einzige Schauspieler in seinem Gesichtskreis eine recht traditionelle Erziehung genossen hatte. Wenn Charles auf einen Drink zu uns kam und andere Gäste aus verschiedenen Fernsehserien wiedererkannte, machte ihm das zwar Spaß, aber er hatte nicht den Wunsch, sich mit ihnen anzufreunden. Dies warf Licht auf eine seiner Hauptschwierigkeiten bei der ganzen Affäre: Edith hatte seine Welt von innen kennen gelernt, eine Welt, die, wenn sonst nichts, so
doch Eleganz und eine reizvolle Umgebung zu bieten hatte. Es war Charles einfach unbegreiflich, wie Edith diese Welt bewusst für ein Umfeld aufgeben konnte, das er so anziehend fand wie Pappkulissen.
    Die Gefahr der Bühnenwelt besteht natürlich darin, dass selbst Menschen, die anfänglich ihrem Glitzer erliegen, eines Tages darüber hinauswachsen. Die Dramen des Alltags werden stets in den grellsten Farben ausgemalt, und für viele kommt der Augenblick, in dem das Schluchzen in der Garderobe, die Intrigen gegen den Regisseur, die mitternächtlichen Beruhigungsanrufe für sie zur pubertären Farce mutieren. Manche Schauspieler ersticken dieses Gefühl wachsender Leere mit der Entdeckung eines »guten Zwecks«, in dessen Dienst sie ihr Bedürfnis nach täglichem Verdruss und Konfliktstoff stellen. Nichts ist einfacher, als einen Haufen Schauspieler zu mobilisieren, die mit heller Entrüstung gegen so gut wie alles protestieren. Doch ein solches Engagement ist nicht nach jedermanns Geschmack und wird vor allem von den Pragmatikern belächelt. Außerdem droht eine Gefahr, der selbst Bühnengrößen nicht immer entgehen: die Versuchung, bei so vielen hehren Kampagnen gegen die Ungerechtigkeit der Welt mitzumarschieren, dass der eigene Beitrag schließlich an Gewicht verliert. Das beste Mittel gegen die verblassenden Reize des Theaterlebens ist immer noch der Erfolg. Geld und Prestige, die der Ruhm mit sich bringt, sind an und für sich schon höchst erfreulich und erweitern die Möglichkeiten, die das Leben einem bietet. Dieser Gedanke brachte mich wieder zur Frage zurück, wie Edith sich in ihre neue Existenz einfinden würde. Ich versuchte, ehrlich zu antworten.
    »Ich glaube, das hängt davon ab, wie erfolgreich Simon ist.«
    Charles schüttelte ungeduldig den Kopf. »Ich sage nicht, dass sie etwas dagegen hätte, mit Jude Law zusammenzuziehen, aber wie erfolgreich ist der Kerl überhaupt? Ich habe noch nie von ihm gehört. Und Edith ist daran gewöhnt, auf großem Fuß zu leben, wissen Sie.«
    Das wusste ich. »Schwierig zu sagen. In letzter Zeit hat er einige gute Rollen an Land gezogen. Er könnte leicht die Hauptrolle in einer Serie bekommen, und dann hätte er es geschafft.«
    »Oder er schafft es nicht.«
    Das konnte natürlich durchaus sein.

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