Snobs: Roman (German Edition)
Hauptrolle in einer Serie neben einem beliebten weiblichen Star, doch die Serie wurde ein Flop. Dann zog er eine gute Rolle in einem Hollywood-Fortsetzungsfilm an Land, der beim Publikum durchfiel. Und nach und nach schwenkte das Schweinwerferlicht von ihm ab zu den neueren, jüngeren, blonderen Männern, von denen es unerschöpfliche Reserven zu geben schien. Er war gut – oder gut genug – und sah aus wie ein junger Gott, vor allem, wenn er gut fotografiert wurde, und der Durchbruch konnte immer noch kommen, aber es gab keine Zeit mehr zu verlieren. Und nun hatte ihn höchst unerwartet sein Privatleben in die Presse katapultiert. Edith hatte ihn zum Gesprächsthema gemacht.
Die Behauptung, er würde sich keine Gedanken um Frau und Kinder machen, ist wohl verfehlt. Das tat er sicher – so weit er dazu fähig war. Deirdre hatte ihr Bestes für ihn getan und er liebte seine Kinder wirklich, aber wahrscheinlich hatte sich die Beziehung über die letzten Jahre in zunehmender Eintönigkeit dahingeschleppt. Wir hatten
die beiden zu Beginn der Dreharbeiten in Broughton zusammen gesehen, wobei klar wurde, dass Deirdre ihn nicht mehr als romantischen Helden betrachtete, sondern immer mehr als großen, aufsässigen Jungen. Er wollte angebetet werden, stattdessen bekam er gesagt, er solle sein Gemüse aufessen. Natürlich war ich mir nicht sicher, wie viel uneingeschränkte Anbetung er von Edith erwarten konnte. Oder wie lange er sie erwarten konnte.
»Darling, bitte … wir müssen da hin …« Unbewusst hatte Simon sich Edith gegenüber einen schmeichelnden Ton angewöhnt, halb Verführer, halb Versicherungsvertreter. »Ich bin ungern lästig, aber du musst dich mit dem Gedanken anfreunden, dass ich mein Brot selbst verdienen muss. Ich bin nicht Charles, der auf seinen Gütern herumstreift und Befehle erteilt. Ich muss mich unter die Leute mischen. Ich muss sie daran erinnern, dass es mich gibt.«
Edith saß vor dem kleinen Frisiertisch in ihrem trübseligen Schlafzimmer und runzelte konzentriert die Stirn, als sie ihr Spiegelbild studierte. Wirklich zu blöd, das Ganze – ihre traurige Berühmtheit war ihr zuwider. Jedes Mal, wenn eine »Freundin« sie anrief und berichtete, dass wieder ein Journalist über sie hergezogen habe (»Ich dachte, ich erzähl’s dir lieber, bevor du es ohne Vorwarnung in der Zeitung liest«, säuselte es selbstgefällig durch die Leitung), verdüsterte sich ihre Stimmung von neuem. Sie wünschte sich Ruhm, der das Prestige hob und Glanz verlieh, keinen Ruhm, der durch widerwärtiges Ausbreiten schmutziger Wäsche zustande kam. Sie ertappte sich sogar dabei, dass ihr ihre Schwiegereltern Leid taten, wenn sie an die Zeitungen dachte, die wahrscheinlich von Charles oder den Dienern vorzensiert wurden, bevor die Uckfields sie zu Gesicht bekamen. Der arme Charles … wie wurde er wohl mit dem Ganzen fertig? Und diese schrecklichen Partys, zu denen sie Simon immer begleiten sollte. War Smalltalk mit diesen seltsamen Wesen von einem anderen Stern wirklich so notwendig? Sie war zu lange in Broughton gewesen, um die vorgefasste Meinung leicht wieder abzustreifen, Simons Bekannte wären nicht ernst zu nehmen – nützlich, um eine Abendgesellschaft
in Schwung zu bringen, aber für den täglichen Umgang nicht ganz passend.
»Warum?«, fragte sie.
Er sah ihr zu, wie sie sich sorgfältig und gekonnt schminkte. Er kannte ihre Gedanken, doch sie waren ihm egal. Wenn sie sich wieder in ihren alten Kreisen bewegen wollte, statt ihre ganze Zeit in den seinen zu verbringen, so hatte er nichts dagegen. Im Gegenteil, er wartete schon mit leiser Ungeduld darauf, einige Mitglieder ihrer Clique kennen zu lernen. Sie hatte ihn ein paar betuchten, aber gutbürgerlichen Bekannten aus Fulham vorgestellt, doch das war nicht, was ihm als ihr Beitrag zum gemeinsamen gesellschaftlichen Leben vorschwebte. Wenn sie davon träumte, ihn an der Presse vorbei zu seinem Trailer bei Universal zu begleiten, sah er sich bereits in Tweed gekleidet, ein Gewehr über der Schulter, ein willkommener Gast in anderen Häusern vom Format Broughtons, wo er mit anderen großen Damen flirten konnte und von anderen bedeutenden Familien mit offenen Armen empfangen wurde. Zu alledem sollte ihm seine Verbindung mit Edith verhelfen. Er begriff nicht, vielleicht, weil auch sie es nicht begriff, dass die große Welt drauf und dran war, ihre Türen vor der kleinen Edith zuzuschlagen. Von nun an müsste sie sich mit der Gesellschaft
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