Snow Angel
habe ich schon lange keine Zeugin mehr erlebt.“
„Das soll mich jetzt beruhigen, ja? Nein, ganz im Ernst, Frederic. Wir haben etwas übersehen. Magnussen ist am späten Nachmittag des 25. August 2011 auf seinem Hochstand angeschossen worden. Zumindest steht das so in seiner Anzeige von damals. Mutmaßlich war das Westphal. Die Täterbeschreibung passt jedenfalls. Er hat zwei Mal geschossen. Ein Projektil hat man aus Magnussens Knie gepopelt, das andere wurde im Holz des Hochstandes sichergestellt. Beide haben wir in der Asservatenkammer. Wir müssen nur unsere Ballistiker die Geschosse mit Westphals Waffen abgleichen lassen. Ich habe das schon in Auftrag gegeben.“
Frederic nickt. „Das deckt sich mit dem, was das Mädchen von ihm erfahren hat. Stellt sich jetzt bloß noch die Frage, warum der Alte uns diese Ablenkungsstory aufgetischt hat“, überlegt Schürle.
„Er hat sich das ausgedacht, als wir ihn mit dem Foto des Schmuckstückes konfrontiert haben. Damit wollte er ganz gewiss nicht von seiner Wilderei ablenken. Dass wir ihn da überführt haben, wird ihm klar sein. Nein, Frederic. Der will von was ganz anderem ablenken!“
„Du glaubst, er hat was mit dem Verschwinden von Laura Turm zu tun, oder?“
„Wenn mich mein Bauch nicht täuscht, ganz sicher.“
„Nee, oder? Ich hatte doch gerade schon eine Frau mit Bauchgefühlen! Könnt ihr Mädels nicht mal bei den Fakten bleiben?“
Cornelia sieht ihn mit wissendem Lächeln an. „Mann, du hast keine Ahnung! Intuition! Schon mal was davon gehört? Was glaubst du, wie es mich damals gewurmt hat, dass ich den verdammten Fall nicht aufklären konnte? Da hatte ich nämlich nicht die leiseste Spur von Bauchgefühl. Jetzt habe ich eins und dem werde ich akribisch nachgehen. Bis du Fakten hast!“
„Ist ja gut, ist ja gut. Mit reinem Bauchgefühl wird sich unser Staatsanwalt wohl auch eher weniger zufrieden geben. Wo setzen wir also an?“
„Ballistik plus Fundort des Schmuckes. Die Peter hat was von einer Wachsjacke geschrieben. Da hat das Ding drin gesteckt. Und die werden wir jetzt mal genauer ansehen lassen. Wäre doch gelacht, wenn wir dem alten Molch nicht auf die Schliche kommen.“
„Wie hat Magnussen reagiert, als du ihn mit dem Fund des Amuletts konfrontiert hast?“
„Ich habe ihm zunächst nur das Foto gezeigt. Ich habe nicht gleich alles Pulver verschossen. Wirst du dir doch denken können.“
Frederic nickt. „Und?“
„Der Mann ist so elektrisiert gewesen, das kannst du dir nicht vorstellen. Zuerst die ganze Bandbreite aus Freude und Hoffnung, dass wir sie gefunden haben könnten. Dann hat er gefragt, warum wir nur ein Foto des Amuletts haben. Du hättest ihn umkippen sehen sollen, als ich ihn aufgeklärt habe. Nein, Frederic! Magnussen können wir ausschließen. Der hat ganz sicher nichts mit dem Verschwinden der Frau zu tun. Außerdem sprechen wirklich alle Fakten dagegen.“
Nachdenklich sieht Frederic die Kollegin von der Seite an. Sie wirkt überhaupt nicht zufrieden. Eine steile Denkfalte hat sich zwischen ihren Augenbrauen gebildet, die ihm sehr vertraut vorkommt.
„Da ist doch noch mehr? Was geht dir gerade im Kopf rum? Ich sehe doch deine grauen Zellen förmlich rotieren.“
„Ja, du hast recht. Etwas ganz anderes macht mir nämlich Gedanken: Wäre es das erste Mal, dass sich so ein durchgeknallter Wichser eine junge Frau kascht und sie irgendwo gefangen hält? Ganz ohne Lösegeldforderung? Vielleicht ist ja Laura Turm kein Mordopfer und es hat einen Grund, warum wir keine Leiche gefunden haben?“
„Mach mich nicht irre, Conny! Das hieße dann, dass eine eingekerkerte Frau derzeit irgendwo unversorgt sitzen könnte? Kannst du dir das bei Westphal vorstellen?“
Cornelia Sänger zuckt die Achseln. „Ich trau dem Kerl fast alles zu. Momentan ist es nicht mehr als eine Befürchtung - oder eine Hoffnung, dass sie noch lebt. Wenn da etwas dran ist und wir dem nicht nachgehen, werde ich meines Lebens nicht mehr froh!“
Schürle nickt. „Dann lass uns anfangen.“
Sie sieht ihn entschlossen an. „Entlass du die beiden. Es wird Zeit für einen Tritt in den Hintern bei der KT und ein dringendes Gespräch mit dem Staatsanwalt.“
23. Kapitel
Huberts Pick Up steht vor dem Präsidium.
So schwierig es auch am vergangenen Tag gewesen war, ihn zu erreichen: Heute hat eine kurze Nachricht auf der Mailbox ausgereicht, ihn sofort auf den Plan zu rufen. Simon wird den
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