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Snow Crash

Titel: Snow Crash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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nimmt Y. T. wieder an der Hand und geht einfach mit ihr über die Brücke. Y. T. hat kaum Zeit, darüber nachzudenken, was das bedeutet, da wird es ihr auch schon klar, sie sieht die vielen hageren Asiaten, die sie anstarren wie ein Menü mit fünf Gängen, und sieht ein: Ich bin auf dem Floß. Tatsächlich auf dem Floß.
    Â»Das sind Hongkong-Vietnamesen«, sagt Raven. »Stammen aus Vietnam, sind nach dem Krieg als >Boat-People< nach Hongkong gekommen – das heißt, sie leben schon seit mehreren Generationen auf ihren Sampans. Hab keine Angst, es ist nicht gefährlich für dich.«
    Â»Ich glaube nicht, daß ich den Rückweg finden würde«, sagt Y. T.
    Â»Nur die Ruhe«, antwortet er. »Ich habe noch nie eine Freundin verloren.«

    Â»Hast du jemals eine Freundin gehabt?«
    Raven wirft den Kopf zurück und lacht. »In alten Zeiten jede Menge. Neuerdings nicht mehr soviel.«
    Â»Ach ja? In alten Zeiten? Hast du da deine Tätowierung bekommen?«
    Â»Ja. Ich bin Alkoholiker. Hat mir viel Ärger eingebracht. Seit acht Jahren bin ich trocken.«
    Â»Wie kommt es dann, daß jeder Angst vor dir hat?«
    Raven dreht sich zu ihr um, grinst breit, zuckt mit den Achseln. »Ach, weißt du, weil ich ein unglaublich ruchloser, effizienter, kaltblütiger Killer bin.«
    Y. T. lacht. Raven auch.
    Â»Was hast du für einen Job?« fragt Y. T.
    Â»Ich bin Harpunierer«, sagt er.
    Â»Wie in Moby Dick?« Das gefällt Y. T. Sie hat das Buch in der Schule gelesen. Die meisten in ihrer Klasse, sogar die Großhirne, waren der Meinung, daß es total überkandidelt sei. Aber ihr hat all das, was mit Harpunieren zu tun hatte, gut gefallen.
    Â»Nee. Verglichen mit mir waren diese Moby Dickster Memmen.«
    Â»Was harpunierst du denn?«
    Â»Was du willst.«
    Von da an sieht sie nur noch ihn an. Oder unbelebte Gegenstände. Denn sonst würde sie nichts anderes mehr sehen als Tausende dunkle Augen, die sie anstarren. In der Hinsicht hat die Situation nichts mehr mit ihrem Dasein als Schöpflöffelschwingerin für die Unterdrückten gemein.
    Teilweise liegt das daran, daß sie so anders ist. Aber teilweise auch daran, daß es keine Privatsphäre auf dem Floß gibt, man kommt voran, indem man von einem Boot auf das nächste springt. Aber auf jedem Boot wohnen etwa drei Dutzend Menschen, daher ist es, als würde man den Leuten ständig durch das Wohnzimmer spazieren. Oder das Bad. Oder das Schlafzimmer. Logisch, daß sie einen anstarren.
    Sie stapfen über eine behelfsmäßige Plattform aus Ölfässern. Zwei Vietnamesenmacker streiten wegen etwas, das wie ein
Stück Fisch aussieht. Derjenige, der in ihre Richtung steht, sieht sie kommen. Sein Blick gleitet ohne Pause über Y. T., fällt auf Raven, und seine Augen werden groß. Er weicht zurück. Der andere Typ, der ihnen den Rücken zugekehrt hat, dreht sich herum, springt buchstäblich in die Luft und stößt ein unterdrücktes Stöhnen aus. Beide machen Raven schnell Platz.
    Und da fällt ihr etwas Wichtiges auf: Diese Leute sehen sie nicht an. Sie würdigen sie nicht mal eines zweiten Blickes. Alle sehen Raven an. Und das hat nichts mit dem Angaffen einer Berühmtheit oder so was zu tun. Diese ganzen Floßmacker, diese harten, furchteinflößenden Homeboys des Meeres, haben eine Scheißangst vor dem Typ.
    Und sie hat ein Rendezvous mit ihm.
    Und es hat gerade erst angefangen.
    Als sie durch ein weiteres vietnamesisches Wohnzimmer gehen, muß Y. T. plötzlich an die ätzendste Unterhaltung denken, die sie je mit ihrer Mutter geführt hat, vor einem Jahr, als ihre Mutter ihr den Rat gab, wie sie sich verhalten sollte, wenn ein Junge frech werden sollte. Ja, Mom, klar, ich werd’ dran denken. Nein, ich vergesse es bestimmt nicht. Y. T. hat gewußt, daß der Rat wertlos war, und dies hier ist Beweis genug dafür.

48
    Vier Männer sitzen in dem Rettungsboot: Hiro Protagonist, freiberuflicher Stringer der Central Intelligence Corporation, dessen Erfahrung sich auf sogenannte »trockene«« Operationen beschränkt, das heißt, er saß herum und nahm Informationen in sich auf, die er später einfach in die Bibliothek eingab, die Datenbank von CIC, ohne jemals wirklich etwas zu tun. Jetzt erlebt er gerade seinen ersten, im wahrsten Sinne des Wortes nassen Einsatz. Hiro ist mit zwei Schwertern

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