Snow Crash
lernen.«
»Du solltest mal versuchen, während der StoÃzeit auf dem Ventura zu surfen. Vielleicht würdest du dann lernen, wo deine Grenzen sind.«
Der JuMa lacht, soll sagen, okay, wenn du es auf die Tour willst. Er deutet zur Tür. »Der Mann, mit dem Sie sprechen wollen, ist da drinnen. Ob er mit Ihnen sprechen will, weià ich nicht genau.«
»ScheiÃe, er hat mich ja verlangt«, sagt Y. T.
»Er ist durch das ganze Land gereist, um bei uns zu sein«, sagt der Typ, »und er scheint sich bei uns ziemlich wohl zu fühlen.«
Alle anderen JuMas murmeln und nicken zustimmend.
»Und warum steht ihr dann hier drauÃen rum?« fragt Y. T. und tritt ein.
Im Inneren des Franchise ist die Lage erstaunlich entspannt. Onkel Enzo ist da und sieht genau wie auf den Bildern aus, nur
gröÃer als Y. T. erwartet hat. Er sitzt an einem Tisch und spielt Karten mit ein paar anderen Typen in Anzügen wie Bestattungsunternehmer. Er raucht eine Zigarre und nippt an einem Espresso. Kann offenbar gar nicht genug Stimulation bekommen.
Ein ganzes transportables Onkel-Enzo-Lebenserhaltungssystem steht hier drinnen. An einem anderen Tisch wurde eine tragbare Espressomaschine aufgestellt. Daneben steht ein Schränkchen, hinter den offenen Türen kann man eine groÃe Folientüte italienischen, entkoffeinierten, löslichen Espresso und eine Kiste Havannazigarren sehen. AuÃerdem steht ein Lametta in einer Ecke, der an ein gröÃer als übliches Laptop eingestöpselt ist und vor sich hin murmelt.
Y. T. hebt den Arm und läÃt die Planke in ihre Hand fallen. Sie knallt sie auf den freien Tisch und nähert sich Onkel Enzo, wobei sie das Päckchen von der Schulter nimmt.
»Gino, bitte«, sagt Onkel Enzo und nickt in Richtung des Päckchens. Gino kommt näher, um es ihr abzunehmen.
»Ich brauchâ Ihre Unterschrift hier drauf«, sagt Y. T. Aus unerfindlichen Gründen nennt sie ihn nicht »Kumpel« oder »Opa«.
Sie wird vorübergehend von Gino abgelenkt. Plötzlich ist ihr Onkel Enzo ziemlich auf die Pelle gerückt und hat ihre rechte Hand in seine linke genommen. Ihre Kurierhandschuhe haben auf dem Handrücken eine Ãffnung, die gerade groà genug für seine Lippen ist. Er haucht einen Kuà auf die Hand von Y. T. Warm und feucht. Weder schlabberig und eklig noch antiseptisch und trocken. Interessant. Der Typ hat ausreichend SelbstbewuÃtsein. Herrgott, ist der gewieft. Klasse Lippen. Irgendwie feste und muskulöse Lippen, nicht gallertartig und blubberig wie die Lippen von Fünfzehnjährigen sein können. Onkel Enzo hat einen ganz schwachen Duft nach Zitrone und Tabak um sich. Um ihn richtig zu riechen, müÃte man ganz nahe bei ihm stehen. Er ragt über ihr auf und steht wieder in züchtiger Entfernung, wo er sie mit funkelnden Altmänneraugen ansieht.
Macht einen echt netten Eindruck.
»Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich darauf gefreut habe, dich kennenzulernen, Y. T.«, sagt er.
»Hi«, sagt sie. Ihre Stimme klingt trillernder, als ihr lieb ist. Daher fügt sie hinzu: »Was ist eigentlich in der Tasche, das so scheiÃwertvoll ist?«
»Ãberhaupt nichts«, sagt Onkel Enzo. Sein Lächeln ist nicht gerade verschlagen. Mehr verlegen, etwa: Was für ein peinlicher Trick, um jemanden kennenzulernen. »Hat alles nur mit Imagepflege zu tun«, sagt er und macht eine wegwerfende Geste mit einer Hand. »Es gibt nicht viele Möglichkeiten für einen Mann wie mich, sich mit einem jungen Mädchen zu treffen, die in den Medien nicht unrichtige Darstellungen nach sich ziehen. Es ist albern. Aber wir achten auf so etwas.«
»Und weshalb wollten Sie mich kennenlernen? Soll ich eine Lieferung für Sie zustellen?«
Alle Typen im Zimmer lachen.
Das Geräusch erschreckt Y. T. ein wenig und erinnert sie daran, daà sie vor Zuschauern auftritt. Sie wendet den Blick einen Moment von Onkel Enzo ab.
Onkel Enzo entgeht es nicht. Sein Lächeln wird eine Winzigkeit verkniffener, und er zögert einen Augenblick. In diesem Augenblick stehen alle anderen Typen in dem Zimmer auf und streben zum Ausgang.
»Du wirst mir nicht glauben«, sagt er, »aber ich wollte mich einfach dafür bedanken, daà du vor ein paar Wochen diese Pizza zugestellt hast.«
»Warum sollte ich Ihnen nicht glauben?« fragt sie. Sie ist selbst erstaunt, so nette
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