Snuff: Roman (German Edition)
Polizeiautos. Kloweiß. Der Mann, an dem sich eine ganze Generation von Männern gemessen hat. Der größte Pornodarsteller seiner Generation.
Ich frage: Bist du wirklich unfruchtbar?
Bacardi dreht Mr. Toto langsam um und sieht sich die einzelnen Namen an. »Lizbeth Taylor«, liest er. »Deborah Harry... Nathalie Wood...« Er gibt mir den Hund zurück und sagt: »Ich bin beeindruckt.« Mr. Totos Stoffhaut ist mit Bräunungscreme beschmiert, mit braunen Fingerabdrücken. Bacardis Unterschrift ist ein großes »B« und ein zweites großes »B«, beide Buchstaben verlieren sich in unleserlichem Gekritzel.
Ich nehme Mr. Toto entgegen und sage: »Und jetzt die fünfzig Dollar.«
Bacardi schnaubt, er lässt die Schultern hängen und zieht die Mundwinkel so tief runter, dass sein mächtiges Kinn das Amulett vor seiner rasierten Brust bedeckt. »Mann...«, sagt Bacardi, »warum?«
Jetzt halte ich ihm die gewölbte Handfläche hin und sage: »Weil Dan Banyan schon lange her ist und ich immer noch Kreditkartenzinsen und die Raten für Häuser und Autos zahlen muss. Weil du jetzt eine Pille brauchst, und weil ich die Kohle brauche.«
Drüben macht sich Nummer 72 auf die Socken in unsere Richtung. Nicht direkt. Erst ein paar Schritte zum Büffet, wo er einen Kartoffelchip isst. Dann noch ein Schritt, und er bleibt neben dieser Sheila stehen und flüstert ihr was ins Ohr, worauf sie in ihren Papieren zu blättern anfängt. In Wirklichkeit will er in einem großen Bogen zu Bacardi und mir zurück.
Die Assistentin ruft: »Meine Herren, darf ich um Aufmerksamkeit bitten?« Sie schaut auf ihr Clipboard und ruft: »Die folgenden drei Darsteller bitte zu mir...«
Die Männer am Büffet hören auf zu kauen. Die Veteranen erstarren, Plastikrasierer schweben überm Leder ihrer Wadenmuskeln und Gesäße. Wer gerade am Telefonieren ist, ob mit Handy oder schnurlosem Headset, verstummt und hebt lauschend den Kopf.
»Nummer 21...«, ruft Sheila. »Nummer 283... und Nummer 544.« Sie streicht das Papier auf ihrem Clipboard glatt, hebt eine Hand senkrecht über ihren Kopf und winkt. »Hier entlang, meine Herren«, sagt sie.
Ich schüttle die Pillenflasche, sie ist jetzt halb leer, so dass die restlichen Pillen laut klimpern können, und sage: »Das war knapp.« Ich sage: »Also, fünfzig Dollar. Oder nimm die Pille, die du in Verwahrung genommen hast.«
Branch Bacardi atmet tief ein, seine Brust- und Rückenund schrägen Bauchmuskeln schwellen gewaltig an, und stößt dann einen langen, mit Pfefferminz gewürzten Seufzer aus. »Du hast also«, sagt er, »wirklich was mit Dolly Parton gehabt?«
Mein Puls hämmert mir in den Ohren. Ich schließe ein Auge. Öffne es. Schließe das andere Auge. Öffne es. Ich werde nicht blind, noch nicht.
Und eine Stimme sagt: »Kann ich mit dir reden?« Eine Männerstimme.
Hab ich’s nicht gesagt? Plötzlich steht Nummer 72 ganz in der Nähe, nur ein paar Schritte hinter Bacardi und mir.
Bacardi klopft mit einem braunen Finger auf das goldene Amulett, die Nagelhaut ist noch dunkler braun. Er sagt: »Diese Pille, das ist eine von diesen Wunderdrogen.« Er klopft und sagt: »Egal, was dir fehlt, Mann, das Zeug hier hilft dir.« Sein Lächeln wird zu einem schmalen Strich, die falschen Zähne verschwinden hinter seinen gebräunten Lippen, und Branch Bacardi sagt: »Diese Pille hilft gegen alles.«
Ich drehe mich zu dem jungen Mann um, Nummer 72, streiche mir, um ihn darauf aufmerksam zu machen, mit den Fingern über den Schädel und frage: »Fallen mir wirklich die Haare aus?«
12
Sheila
Ms. Wright joggt auf dem Bürgersteig, ihre Knie pumpen hüfthoch vor ihr her, ihre Oberschenkel straff und stramm in schwarzen Radlershorts. Ihre Brüste, eingezwängt in einen weißen Sport-BH, hüpfen auf und ab, schwingen hin und her. Die Arme in den Ellbogen rechtwinklig abgebogen, die Hände schlackern locker im Takt. Die Füße patschen in Tennisschuhen auf den Beton.
Ihr Bauch stramm und gebräunt. Keine Dehnungsstreifen. Nichts weist darauf hin, dass sie Mutter ist.
In ihrem Schritt spannt sich das schwarze Spandex über einer kleinen Schwellung. Größer als ein Kamelzeh. Eine Ausbeulung, größer als ein Elchknöchel. Viel größer als ein Kitzler. Ms. Wrights Schritt schwillt, quillt, hüpft. Sie läuft und läuft, ihr Fuß klatscht auf den Beton, und die Beule in ihren Radlershorts beginnt in einem schwarzen Spandexbein hinabzuwandern.
Wir joggen am Rand einer Grünanlage entlang.
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