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So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren

So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren

Titel: So bin ich eben - Erinnerungen einer Unbezaehmbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliette Gréco
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schluckte Schlaftabletten, um diese plötzliche Aversion gegen Menschen, die so wenig zu mir passt, für immer loszuwerden. Aber warum? Eigentlich sind Selbstmordgedanken für mich etwas Fremdes.
    Um vier Uhr morgens fand Françoise Sagan mich im Badezimmer auf dem Boden liegend. Sie rief den Notarzt.
    Als ich die Augen öffnete, blickte ich in ein zauberhaftes Gesicht, das eine Schwesternhaube krönte. Und ich sagte: »Sie sind aber schön.«
    Ich hatte mit dem Leben wieder Frieden geschlossen.
    Diese Verzweiflungstat konnte ich mir nicht so leicht verzeihen. Wahrscheinlich hatte mir der Mut gefehlt, ich hatte, wie es oft meine Art ist, zu impulsiv, zu übertrieben reagiert.
    Eigentlich kämpfe ich eher gegen unsinnige Meinungen und falsche Urteile an, bekämpfe alles, was in einer starren Verweigerung enden kann.
    Ich gehe für die Rechte der Homosexuellen auf die Straße und lasse mir von denen, die in ihrer Intoleranz andere diskriminieren, ins Gesicht spucken.
    Trotzdem mache ich weiter, ich gebe nicht auf. Ich sei mutig, sagt man mir.
    Ich ging nach Deutschland, um für die zu singen, die den Krieg nicht gewollt hatten, die schrecklich unter dem Nationalsozialismus leiden mussten – von denen man zu selten spricht. Nie wird über den deutschen Widerstand gesprochen. Und die Kinder, sie sind für die Taten ihrer Eltern nicht verantwortlich.
    Bei einer Pressekonferenz sagte ich das. Sicher darf man nie die Millionen Menschen vergessen, die im Kugelhagel umgekommen sind oder die im KZ ihr Leben verloren. Aber man muss der deutschen Jugend eine Chance geben.
    Bei jedem Konzert in Deutschland fragten mich die jungen Leute, und sie fragen mich noch immer, ob ich Hass gegen das deutsche Volk hege. Diese Wunde wird nie verheilen, sage ich dann; aber Hass führt zu nichts, das sage ich auch. Ein jeder erkennt sich in seinen Taten und seinem Ehrgefühl wieder.
    1965 gehe ich nach Ostberlin und gebe an einem Tag drei Konzerte nacheinander. Nach jedem Konzert gibt es eine Viertelstunde Pause. In diesen fünfzehn Minuten verlassen zweitausendfünfhundert Zuschauer den Saal, während ich mich auf die nächsten zwei Stunden vorbereite. Für diese sportliche Leistung meinerseits braucht es Opfermut. Man jubiliert.
    Nach dem Marathon habe ich keine Stimme mehr. Zwei Tage später singe ich im Westen, ohne die geringsten Bedenken.
    Oft kehre ich nach Deutschland zurück. Ich gehe wochenlang auf Tournee oder gebe ein Konzert in der wunderbaren Berliner Philharmonie.
    Auf Deutsch singe ich das Liedchen »La fourmi«. Das bringt die deutschen Zuhörer zum Lachen, was uns in dem Glück, beisammen zu sein, noch mehr zusammenschweißt.
    Die anderen
    Im Mai 1968 rebellierten die jungen Franzosen gegen die Gesellschaft.
    In meiner Wohnung in der Rue de Verneuil beherbergte ich einige der Aktivisten. Mein damaliger Ehemann Michel Piccoli und ich mussten über das edle Hermès-Ledergepäck lächeln, das die Drahtzieher der Revolte bei uns abstellten. Diese charmanten bürgerlichen Studenten suchten die Konfrontation und warfen mit Pflastersteinen.
    Ich habe immer Stellung bezogen, leise, aber bestimmt.
    So unterstützte ich François Mitterrand im Präsidentschaftswahlkampf gegen Valéry Giscard d’Estaing. Ich sang auf seinen Wahlveranstaltungen, wegen mir musste das Publikum auf die Rede des Kandidaten eine Weile warten. Ich habe François Mitterrand immer bewundert, ganz gleich, was er tat. Auch wenn er mit seinen Entscheidungen der Zeit immer etwas hinterherhinkte.
    Bei meinen Reisen, die mich nahezu in alle Ecken der Erde führten, habe ich gelernt, fremde Menschen zu beobachten, fremde Kulturen zu entdecken. Ich bin zu neugierig und zu wissbegierig, um mich nur in Hotelhallen oder auf Begrüßungssoireen herumzutreiben. Ich erobere die Stadt zu Fuß oder mit dem Taxi, ich kundschafte die Umgebung aus.
    Schauen, dann wieder weitergehen, mit den Menschen reden, das Treiben auf der Straße beobachten, das essen, was die Einheimischen essen – so begreift man am ehesten die Unterschiede und Differenzen zwischen der westlichen Welt und Afrika, zwischen den saftig grünen Regionen der Erde und ihren ausgedorrten Landschaften, zwischen den Ländern, in denen Frieden herrscht, und denen, die im Krieg sind, zwischen dem Christentum und den anderen Weltreligionen.
    In Japan sind die Menschen außerordentlich höflich, ihre Kultur ist unvergleichlich feinsinnig. Das sind Denker und Philosophen, aber gleichzeitig furchterregende Krieger und

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