Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
Vom Netzwerk:
zusammen unterwegs waren ...«
    Â»Ja, was denn?«
    Â»Dass ich in einer Tagesstätte gearbeitet habe und einmal einen Jungen im Wald verloren habe.«
    Sie nickt, er kann sehen, dass sie sich erinnert.
    Â»Hast du ... hast du mit jemandem darüber geredet?«
    Hannas Gesicht ist wie immer leer und ausdruckslos.
    Â»Nein, mit niemandem.«
    Â»Gut«, sagt Jan.
    Es sieht aus, als wolle Hanna noch etwas sagen oder fragen, aber dann räumt sie nur das letzte Geschirr ein und schließt die Küchenschränke. »Dann mach ich jetzt mal Schluss.«
    Â»Tu das. Hast du noch Pläne für heute Abend?«
    Â»Ich weiß nicht. Vielleicht ein bisschen trainieren.«
    Dass Hanna ins Fitnessstudio geht, hätte Jan sich eigentlich denken können. Sie ist dünn, sieht aber gut trainiert aus. Nicht so mager wie Rami.
    Zehn Minuten später ist sie nach Hause gegangen, und Jan hat die Eingangstür abgeschlossen. Jetzt ist er allein in der Vorschule. Er hat zwar keinen Fernseher und keine Stereoanlage, aber im Kopf hat er das Echo der Songs, die er am Abend zuvor mit den Bohemos gespielt hat. Das hat Spaß gemacht, vielleicht lädt Lars Rettig ihn mal wieder ein mitzuspielen.
    Vielleicht – wenn er es schafft, heute Abend die Briefe ins Besuchszimmer zu schmuggeln.
    Als es endlich Viertel vor elf ist, geht er und holt den dicken Umschlag und die beiden Schutzengel aus dem Spind.
    Es fühlt sich ein wenig lächerlich an, aber dennoch zieht er seine Fahrradhandschuhe an und wischt das ganze Kuvert mit einem trockenen Lappen ab, um keine Fingerabdrücke oder Haare zu hinterlassen. Falls Doktor Hög­smed es findet.
    Fünf Minuten vor elf hängt er den eingeschalteten Schutz­engel in das dunkle Schlafzimmer der Kinder und öffnet dann mit der Magnetkarte die Kellertür. Mit dem Umschlag in der linken Hand und dem zweiten Schutz­engel am Gürtel geht er in den Keller, an den Tierzeichnungen vorbei.
    Der Fahrstuhl wartet auf ihn, er betritt ihn und drückt auf den Knopf. Die Stahlkammer vibriert und beginnt dann, sich nach oben zu bewegen.
    Der Fahrstuhl bleibt mit einem Ruck stehen. Jan beugt sich zum Fenster vor und sieht, dass es im Besuchszimmer dunkel ist. Es ist niemand zu sehen.
    Er wartet und horcht, doch es ist nichts zu hören. Dann betritt er den Raum. Wie immer, wenn er sich in Sankt Patricia befindet, zerrt die Neugier an ihm, die pochende Sehnsucht, mehr zu erfahren.
    Die Möbel im Raum sind eckige Schatten, doch aus dem Fahrstuhl hinter ihm und von der Glasscheibe in der Tür zum Krankenhaus fällt ein wenig Licht herein. Jan schaut durch das Glas und stellt fest, dass auf der anderen Seite ein langer Korridor beginnt. Keine Menschenseele ist zu sehen. Aber die Tür ist selbstverständlich verschlossen, auf diesem Weg kommt er nicht weiter.
    Jetzt geht er zum Sofa und hebt das linke Sitzpolster hoch. Dann steckt er das Kuvert so tief wie möglich unter das Kissen. Er klappt das Polster wieder zurück und rückt die Sitze zurecht. So.
    Jan wirft einen letzten Blick auf das Sofa, dann geht er in den Fahrstuhl zurück und fährt wieder in den Keller. Langsam steigt er die Treppe zur Vorschule hinauf. Dort angekommen, richtet er das Bett im Personalraum, damit er sich schlafen legen kann. Doch wie immer fällt es ihm schwer einzuschlafen.
    Jetzt steckt er drin. Er arbeitet noch keine drei Wochen im Sankt Patricia, ist aber schon Teil einer Schmugglerbande.
    Das ist Ramis Schuld. Falls sie es denn ist – Josefines Mutter, mit dem neuen Namen Maria Blanker.
    Er liegt in der Dunkelheit wach und bereut plötzlich, das Kuvert von Rettig nicht aufgemacht zu haben. Ob einer der Briefe an sie gerichtet war?

Luchs
    Die Uhr tickte. Natürlich konnte Jan das Geräusch nicht hören, während er durch den Wald lief. Aber er spürte die Sekunden verfliegen – die Zeit raste –, jetzt musste er bestimmte Dinge in kürzester Zeit erledigen.
    Die Steinwände der Klamm erhoben sich rechts und links von ihm, und hier hing der zweite rote Stoffpfeil, den er am Abend zuvor aufgehängt hatte. Im Unterholz wiesen deutliche Spuren darauf hin, dass der kleine William hier entlanggelaufen war – und er hätte ja auch gar keinen anderen Weg nehmen können.
    Jan passierte das offene Eisentor und ging dann langsamer. Jetzt war er aus der Klamm heraus und hielt Ausschau nach dem Jungen.
    Den

Weitere Kostenlose Bücher