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So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Weile. »Sie war mit einem Kartoffelbauern in Blekinge verheiratet. Das war vor fünfundzwanzig Jahren. Ihr Mann verließ den Hof immer freitags, um in die Stadt zu fahren und Kunden zu treffen. Doch eines Tages erfuhr Margit von einer Nachbarin, dass er im Stadthotel ein Zimmer hatte. Ein Zimmer für eine Freundin, vielleicht auch für mehrere. Da ging sie zum Waffenschrank und holte sein Schrotgewehr heraus.«
    Jan sieht ihn an. »Ist sie ins Hotel gefahren und hat ihn erschossen?«, fragt er.
    Rettig schüttelt den Kopf. »Sie hat ihre Kinder in die Scheune gebracht und sie erschossen. Erst die beiden ältesten, jedes mit einem Schuss, dann hat sie nachgeladen und das kleinste erschossen.« Rettig seufzt. »Seitdem sitzt sie da oben.«
    Es wird erneut still im Zimmer. Rettig hat aufgehört zu essen. Er schüttelt sich, als wollte er vergessen, was er erzählt hat, doch dann fährt er fort: »Aber Margit wird von deinen Vorschulkindern ferngehalten, darauf kannst du dich verlassen. Sie kommt nicht in die Nähe von Kindern.«
    Langsam öffnet Jan den Mund.
    Â»Ich glaube, das will ich alles gar nicht wissen ...«
    Â»Aber jetzt weißt du es«, entgegnet Rettig leise. »Es gibt vieles, was man über die Leute in seiner Umgebung gar nicht wissen will. Ich selbst weiß mehr, als mir lieb ist.«
    Â»Ãœber die Patienten?«
    Â»Ãœber alle.«
    Jan nickt langsam. Er denkt an die Kinderbücher, die er in der Küche versteckt hat. Er hat seine eigenen Geheimnisse.
    Â»Und das, was in die Klinik gebracht werden soll«, fragt er nun noch einmal nach, »das sind ausschließlich Briefe? Nichts anderes?«
    Â»Keine Drogen, keine Waffen, nur Briefe«, bestätigt Rettig und fügt hinzu: »Was denkst du denn, Jan? Ich arbeite doch selbst da drinnen. Glaubst du, ich will, dass Leute wie Ivan Rössel Drogen und Messer in die Finger kriegen?«
    Jan sieht ihn an. »Sitzt Ivan Rössel da oben?« Den Namen kennt er aus dem Fernsehen und den Zeitungen. Auch der Taxifahrer hatte ihn genannt.
    Â»Klar.«
    Â»Der Mörder Rössel?«
    Â»Ivan Rössel. Genau«, bestätigt Rettig mit gedämpfter Stimme. »Unter den Gästen in unserem Pensionat sind einige Berühmtheiten. Wenn du wüsstest.«
    Alice Rami , denkt Jan. Aber laut fragt er nur: »Wann willst du eine Antwort wegen der Briefe?«
    Â»Am liebsten jetzt.«
    Â»Ich muss ein bisschen nachdenken.«
    Rettig beugt sich zu ihm vor. »Wir haben unten im Hafen einen Probenraum. Dort können wir eine Runde mit den Bohemos spielen, und dann plaudern wir hinterher ein bisschen. Hast du Lust?«
    Jan zögert, nickt dann aber.
    Â»Komm morgen Abend um sieben dahin. Das wird groovy.«
    Nachdem Rettig gegangen ist und Jan die Eingangstür abgeschlossen hat, bereut er sofort, dass er zugesagt hat. Warum lässt er sich auf eine Jamsession mit den Bohemos ein? Er hat sie gehört, sie sind zu gut für ihn.
    Er schielt zu seinen Trommeln hinüber und würde sich am liebsten sofort hinsetzen und üben, aber dafür ist es zu spät am Abend. Also geht er stattdessen in die Küche und holt die vier versteckten Bücher aus der Schublade.
    Die Tiermacherin, Die Prinzessin mit den hundert Händen, Die Hexenkrankheit, Viveca im Steinhaus. Inzwischen kennt er die Geschichten fast auswendig. Er weiß, dass die Prinzessin ruft: »Ich bin nicht unglücklich, ich mag Unglücke eben einfach!«, als sie eines Tages im Dorf auftaucht, und er weiß, dass die ersten Symptome der Hexenkrankheit sind, dass einem die Haare schmelzen.
    Warum liest er diese Bücher wieder und wieder? Vielleicht sucht er nach einer versteckten Botschaft. Wenn es Ramis Bücher sind, dann muss sie einen Hintergedanken gehabt haben, als sie sie von Josefine in die Vorschule schmuggeln ließ.
    Und schließlich findet er etwas, das eine Botschaft sein könnte. Als er zum wahrscheinlich fünfzigsten Mal Die Tiermacherin durchblättert, entdeckt er plötzlich unten auf der ersten Seite neben dem Text einen kleinen Tintenfleck. Das ist nichts Besonderes, doch auf der nächsten Seite gibt es ebenso einen Tintenfleck, gleich groß und an fast derselben Stelle. Und auf der folgenden Seite noch einen.
    Jan sieht näher hin, er hat bisher immer nur auf die Bildseiten geachtet und deshalb diesen Fleck im Textteil nicht entdeckt. Der Klecks sieht aus wie

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