So bitterkalt
durch die Betonwände, und dann erkennt Jan, was es ist. Ein Motor.
Ein anschwellendes Heulen.
Es ist das Geräusch des Fahrstuhlmotors. Der Fahrstuhl bewegt sich vom Besuchszimmer nach unten, er ist auf dem Weg in den Keller.
Jan lässt die Klinke los. Er horcht.
Der Fahrstuhl bleibt mit einem klickenden Geräusch im Keller stehen. Ein paar Sekunden ist alles still, dann hört Jan deutlich, wie die Stahltür aufgeschoben wird. Jemand betritt den Kellergang.
23
Jan steht wie versteinert im Schutzraum. Entscheide dich , denkt er.
Seit der Fahrstuhl geöffnet wurde, hat er lediglich die Hand ausgestreckt und das Licht im Schutzraum ausgeschaltet, um sich nicht zu verraten.
Doch seither steht er wie festgefroren da und horcht, ohne zu wissen, was er tun soll. Die Geräusche, die er hört, kommen aus dem Keller, sie hallen von den Steinwänden wider.
Er nimmt deutlich wahr, wie die Tür zum Fahrstuhl wieder zuschlägt, und meint, drauÃen im Gang jemanden gehen zu hören. Leise, schleichende Schritte, die sich entfernen.
Jemand geht leise vom Fahrstuhl durch den Kellergang.
Jemand ist auf dem Weg die Treppe hinauf zur »Lichtung«.
Zu den schlafenden Kindern Leo, Mira und Matilda.
Jan muss sich jetzt aus seiner Erstarrung lösen, und endlich tut er es auch. Er macht einen Schritt in Richtung des Kellergangs. Sein Schatten bewegt sich über die Wand. Zwei Schritte und dann ein dritter.
Doch da geht plötzlich das Licht aus. Der Schatten verschwindet, der Kellergang wird pechschwarz.
Jan ist klar: Die Person, die aus dem Fahrstuhl gekommen ist, ist jetzt die Treppe hochgestiegen und hat das Licht ausgeschaltet.
Die Tür zur Vorschule wird schleifend geöffnet und schlägt wieder zu. Der Besucher aus Sankt Psycho muss eine Magnetkarte bei sich gehabt haben.
Jetzt ist er in der Vorschule. Und Jan, der die Verantwortung für die Kinder da oben hat, steht im Keller.
Natürlich hat er seine eigene Karte, um in die Vorschule zu gelangen, aber was hilft ihm das?
Er braucht eine Waffe, etwas, womit er sich und die Kinder verteidigen kann. Er tastet im Dunkel des Schutzraumes umher, gerät an die leere Weinflasche auf dem Boden und nimmt sie auf. Wie eine Keule. Er packt die Flasche am Hals und hält sie vor sich.
DrauÃen im Kellergang ist es stockdunkel, nur aus dem Fahrstuhlfenster sickert schwach ein gelber Lichtschein herein. Er bewegt sich vorsichtig an der Wand entlang zur Treppe hin.
Den Schutzengel an seinem Gürtel hat er schon fast vergessen, als er plötzlich einen leisen hallenden Laut aus dem kleinen Gerät vernimmt.
Schlurfende Geräusche und dann etwas, was wie Atemzüge klingt. Es hat sich jemand in das Schlafzimmer der Kinder geschlichen.
Ein Besucher bei den Kindern.
Jans Herz fängt an zu rasen, er geht schneller.
Die meisten Patienten im Krankenhaus sind ungefährlich, das hat Doktor Högsmed ihm versprochen. Und Âdennoch denkt er in diesem Augenblick nur noch an die Gefährlichen unter ihnen. Er denkt an Ivan Rössel, den Mörder, und an Margit, die alte Frau mit einer rauchenden Schrotflinte.
Verdammte ScheiÃe . Mit schnellen, kurzen Schritten geht Jan durch den Kellergang, immer an der Wand entlang. Der Beton fühlt sich unter seinen Händen wie feines Sandpapier an.
Ein Rascheln ist zu hören, als seine Hand eines der Kinderbilder von der Wand wischt, doch er bleibt nicht stehen.
Plötzlich stoÃen seine Schuhe an etwas Hartes. Die Betontreppe. Vorsichtig steigt er Schritt für Schritt hinauf, bis seine Hände die Kellertür berühren. Doch die ist zu.
Jan muss aufschlieÃen, aber plötzlich kann er sich nicht mehr an den Code erinnern. Sein Kopf ist völlig leer. Es war Marie-Louises Geburtstag, aber wann war der?
Wann?
Er dreht die Lautstärke am Babyfon hoch und vernimmt das Geräusch scharrender FüÃe, da läuft jemand bei den schlafenden Kindern herum. Ein Besucher aus Sankt Psycho.
Der Code, wie lautet der Code?
Jan muss nachdenken. Er entspannt sich und beschwört langsam die Zahlen herauf, bis sie eine nach der anderen in seinem Kopf auftauchen. Drei, eins, null, sieben. Er tastet in der Dunkelheit und tippt die Zahlen ein, zieht die Karte durch das Lesegerät und hört, wie das Schloss klickt.
Vorsichtig und mit erhobener Flasche öffnet er die Tür.
In der Garderobe ist es still.
Er macht zwei Schritte in den Raum, dreht sich um
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