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So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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wie sie allein spielen. Aber er nickt.
    Â»Das geht uns doch allen so.«
    Hanna seufzt.
    Â»Aber bei mir ist es oft der Fall. Ich komme mit Herden von Kindern einfach nicht zurecht.«
    Jan sieht vor seinem inneren Auge die Kinder aus der »Lichtung«. Lächelnde Gesichter. Josefine, Leo und all die anderen. »Man darf sie nicht als Herde betrachten«, sagt er. »Sie sind Individuen. Kleine Persönlichkeiten.«
    Â»Findest du? Auf jeden Fall klingen sie wie Affen. Es ist so ein entsetzliches Lärmen in der ›Lichtung‹, dass ich abends, wenn ich nach Hause komme, fast taub bin.«
    Hanna trinkt ihr Glas leer, und es wird still.
    Schließlich steht Jan auf. »Ich hole uns noch mal was.«
    Sie protestiert nicht, und so ist er nach ein paar Minuten mit zwei frischen Gläsern Wodka Orange zurück. Als er sich an den Tisch gesetzt hat, möchte er zum ursprünglichen Gesprächsthema zurückkehren, und deshalb sieht er sich kurz um und fragt dann: »Aber du kennst jemanden in der Klinik, oder?«
    Hanna zögert, nickt aber.
    Â»Und wen?«
    Â»Das sage ich nicht. Wen triffst du selbst?«
    Â»Niemanden«, erwidert Jan schnell. »Keine Patienten.«
    Â»Aber du willst doch zu ihnen hinein, stimmt’s? Als ich an dem Abend durch die Schleuse zurückgekommen bin, warst du im Keller. Warum schleichst du denn da unten rum?«
    Jetzt ist es Jan, der schweigt.
    Â»Neugier«, sagt er dann.
    Â»Ganz bestimmt.« Hanna lächelt ihm müde zu. »Aber du musst nicht glauben, dass du einen Weg in die Klinik finden wirst.«
    Â»Ach so? Aber du wanderst ohne Probleme durch die Schleuse?«
    Sie nickt schnell. Der Wodka scheint sie zu entspannen.
    Â»Ich habe einen Kontakt«, erklärt sie. »Also, in der Klinik. Jemanden, dem ich vertraue.«
    Â»Wer ist es?«
    Â»Sag ich nicht.«
    Die Musik ist jetzt lauter worden, aber das Lokal wirkt gar nicht mehr so groß wie vorher. Es sind mehr Gäste gekommen, die jetzt um die Tische und an der Bar sitzen. Das Medina Palace ist ein Nachtclub, und die Leute kommen spät hierher, aber sie bleiben lange. Nachtmenschen.
    Â»Wir zwei sollten einander auch vertrauen«, sagt er.
    Ihre blauen Augen sehen ihn kühl an.
    Â»Warum denn?«
    Â»Weil wir uns gegenseitig helfen können.«
    Jan verstummt. Ihm ist aufgegangen, dass Hanna ihm möglicherweise helfen kann, Rami zu treffen, er weiß aber nicht genau, wie.
    Hannas Glas ist leer, sie sieht auf die Uhr. »Ich muss gehen.«
    Ein wenig unsicher erhebt sie sich vom Tisch.
    Â»Warte«, sagt Jan schnell. »Warte kurz. Ich besorge noch was zu trinken. Magst du Likör?«
    Hanna setzt sich wieder. Schnell ist er wieder an der Bar, genauso schnell wie Ramis Eichhörnchen, und dann mit vier kleinen Gläsern auf einem Tablett zurück. Ein doppelter Satz Kaffeelikör, um Zeit zu sparen.
    Â»Prost, Hanna.«
    Â»Prost.«
    Sie trinken, es schmeckt süß, und die Welt hüllt sich noch mehr in Watte. Die Musik dröhnt laut, und Jan beugt sich zu Hanna vor. »Was hältst du von Marie-Louise?«
    Hanna lächelt ein wenig.
    Â»Frau Kontrolletti«, sagt sie und kichert. »Sie würde einen Schlaganfall kriegen, wenn das, wovon du erzählt hast, bei uns passieren würde.«
    Â»Was habe ich erzählt?«
    Â»Das mit dem Jungen, der im Wald verschwunden ist.«
    Jan nickt kurz, mit gesenktem Blick. Er möchte nicht über William reden, also wechselt er das Thema.
    Â»Ist Lilian verheiratet?«
    Â»Nein. Sie war es einmal, aber es hat nicht funktioniert. Ihr Mann ist sie irgendwie leid geworden.«
    Jan fragt nicht weiter nach, doch er überlegt, wer wohl der Mann war, der Lilian am Abend zur Vorschule begleitet hat. Hat sie einen Neuen?
    Sie schweigen wieder, aber das ist nur gut, denn dann kann Jan etwas mehr trinken. Doch er versucht sich zusammenzureißen und betrachtet Hanna über das Glas hinweg.
    Â»Sollen wir spielen?«
    Hanna leert ihr Glas.
    Â»Was spielen?«
    Â»Rätselraten.«
    Â»Worüber?«
    Â»Ich rate, mit wem du dich in Sankt Psycho triffst, und du rätst, wen ich dort treffen möchte.«
    Â»Sankt ... Wir sollen diesen Namen nicht verwenden.«
    Â»Ich weiß.« Jan lächelt verschwörerisch. »Okay, ich fange an. Ist es ein Mann?«
    Hanna sieht ihn mit glasigem Blick an, dann nickt sie kurz. »Und bei dir?«, fragt sie.

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