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So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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flüstert er nun fast: »Können wir vorher ein bisschen reden? Ehe du nach Hause fährst?«
    Â»Worüber denn?«
    Er deutet hinter sich, zur Klinik. Ȇber das, was du da oben machst.«

28
    Jan und Hanna landen im Medina Palace, es war ihr ­Vorschlag, dorthin zu gehen. Der Nachtclub befindet sich im Keller von Vallas einzigem Luxushotel, der Tureborg, einem Hochhaus aus Glas und Stahl, das scheinbar gern ein richtiger Wolkenkratzer wäre. Da sie direkt von der Arbeit kommen, sind sie für diese Lokalität nicht gerade passend gekleidet, und Jan hat außerdem Milchflecken auf seinem Pullover, nachdem Matilda beim Abendessen versehentlich ihr Glas umgekippt hat. Der Türsteher im dunklen Anzug öffnet ihnen die Tür nur mit einem gewissen Zögern.
    Â»Gehst du oft hierher?«, fragt Jan.
    Â»Manchmal.«
    Seit sie aus dem Bus gestiegen sind, hat Hanna zwei Zigaretten geraucht; sie antwortet leise auf seine Fragen und hat den Blick gesenkt, als sie den Club betreten.
    Hinein in ein großes Spielzimmer.
    Jan ist noch nie in einem richtigen Nachtclub gewesen, nicht einmal in Göteborg, und als er die hohe schwarze Decke sieht, an der lange Rohre verlaufen, und die Wände mit ihren kalten, metallischen Oberflächen, spürt er, dass er auch nicht hierhergehört. Doch an diesem Donnerstagabend sind nur wenige Gäste im Club. Die Musik ist leise genug, um sich unterhalten zu können, aber doch so laut, dass man ungestört ist.
    Jan sucht einen Glastisch in einer Ecke aus – ein verborgener Tisch für Geheimnisse.
    Â»Möchtest du etwas?«
    Â»Einen Drink«, sagt Hanna leise. »Mit Saft.«
    Jan geht zur Bar. Das Angebot ist luxuriöser als in Bills Bar, es gibt verschiedenste Drinks, außerdem Champagner und Kognak. Er holt zwei Gläser Orangensaft, doch Hanna probiert das Getränk und sieht dann enttäuscht aus. »Ich habe doch Drink gesagt. Kannst du sie nicht bitten, was reinzutun?«
    Â»Was denn?«
    Â»Irgendwas Beruhigendes.«
    Jan sieht sie stirnrunzelnd an. »Du meinst Alkohol?«
    Â»Zum Beispiel.«
    Fünf Minuten später sitzen sie mit zwei Drinks und einem großen Schweigen am Tisch.
    Â»Das heißt, du hast mir heute Abend nachspioniert«, sagt Hanna schließlich.
    Â»Was heißt hier nachspioniert?« Jan sieht in sein Glas. »Ich fand einfach, dass Lilian heute etwas angespannt wirkte, als sie kam. Also habe ich noch eine Weile im Hof gesessen und herauszufinden versucht, weshalb.«
    Hanna senkt den Blick. »Wusstest du, dass ich oben im Krankenhaus war?«
    Â»Nein«, erwidert Jan, »aber ich weiß, dass jemand dort war und dann durch die Vorschule rausgegangen ist, also habe ich überlegt, wer das wohl gewesen sein könnte. Warst du schon oft dort?«
    Hanna nimmt einen großen Schluck aus dem Glas, als ob Wodka Orange ein Gesundheitstrank nach einem Saunabesuch wäre. Jan nippt nur.
    Â»Ein paarmal«, sagt sie leise. »Ich habe es nicht gezählt.«
    Â»Und wie lange machst du das schon?«
    Â»Seit Mai«, erzählt sie. »Da war ich seit vier Monaten in der ›Lichtung‹.«
    Â»Und Lilian weiß, dass du dorthin gehst?«
    Hanna blinzelt mit ihren blauen Augen. Sie scheint zu überlegen, wie viel sie erzählen kann, und schließlich sagt sie: »Ja. Wir sind doch Freundinnen, also steht sie Schmiere für mich. Ich gehe nur rauf, wenn sie die Abendschicht hat.«
    Â»Nicht nur dann«, sagt Jan. »Du warst auch an einem Abend oben, als ich gearbeitet habe. Ich habe dich mit dem Fahrstuhl kommen hören, und dann bist du durch die Vorschule rausgegangen.«
    Â»Ja, an dem Abend habe ich mich verspätet.«
    Â»Und heute warst du auch oben im Besuchszimmer?«
    Hanna nickt schweigend.
    Â»Was machst du da oben denn?«
    Jetzt antwortet sie nicht.
    Â»Du triffst dich mit jemandem, oder? Ist es ein Wachmann?«
    Hanna nimmt ein paar Schlucke und betrachtet das halb leere Glas. Dann wechselt sie das Thema: »Manchmal bin ich die Kinder so wahnsinnig leid. Es macht Spaß zu arbeiten, aber manchmal, wenn ich zu lange mit ihnen zusammen war, kann ich richtig Panik kriegen. Sie wollen immer nur dieselben Sachen machen, wieder und wieder. Dieselben Spiele ...«
    Jan hat noch nie gesehen, dass Hanna in der Vorschule wirklich mit den Kindern gespielt hätte, die meiste Zeit steht sie nur da und schaut ihnen zu,

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