So coache ich
muss Montag wieder arbeiten. Ich kann nicht mehr.«
»Was ist denn passiert?«
»Meine Chefin hat mir andere Dienstzeiten zugewiesen
und andere Aufgaben. Aber das pack ich nicht. Ich kann da nicht mehr hin.« Sie fängt wieder an zu weinen.
Ich lasse sie fünf Minuten erzählen, was in den letzten Monaten passiert ist, und sie sagt abschließend: »Ich glaube, meine Chefin will mich rausdrängen, dass ich vorzeitig in Rente gehe. Aber ich kann mir das doch noch nicht leisten.«
»Wann würdest du denn in Rente gehen wollen?«
»Im Herbst 2012.«
»Also, so lange willst du noch durchhalten?«
»Ja, aber ich schaffe das nicht.« Sie weint wieder.
Etwas später, als sie sich wieder beruhigt hat, frage ich sie: »Wenn eine Kollegin dir diese Geschichte erzählen würde, was würdest du ihr raten?«
Caroline überlegt kurz und sagt: »Ich würde ihr raten, mit der Chefin ganz ehrlich zu sprechen. So geht’s doch nicht weiter.«
Ich: »Ist das eine gute Idee?«
»Ja, ich glaube, ich muss das tun. Ich weiß ja gar nicht, was sie gegen mich hat, was habe ich denn getan?«
»Frag sie.«
»Aber ich kann nicht so gut kritisieren, das ist doch mein Problem.«
»Warum musst du das? Wäre es nicht besser, wenn du einfach von dir erzählen würdest, wie es dir geht? Und was du dir vorstellst, wie es weitergehen sollte?«
Caroline ist jetzt ganz konzentriert: »Ja, das könnte ich. Ich könnte sagen, Frau X., ich möchte noch bis Ende des nächsten Jahres arbeiten. Wie können wir das hinkriegen?«
»Ja, das klingt gut.«
»Aber wenn ich dabei wieder weinen muss?«
»Dann weinst du halt. Danach putzt du dir die Nase und sagst noch mal, was du von ihr möchtest. Schlechter als jetzt kann die Situation nicht werden, oder?«
»Nein, schlimmer geht’s nicht.«
»Dann kann es also nur besser werden?«
»Ja, ich werde am Montag mit ihr sprechen. Ich will von ihr wissen, warum sie mich so behandelt. Ich will diesen anderen Dienst nicht. Ich will bis Ende 2012 arbeiten.«
»Rufst du mich an, wenn du mit deiner Chefin gesprochen hast?«
»Ja, das mache ich. Danke.«
Welche Menschen brauchen Lösungen?
Die etwas erreichen wollen
Die etwas verändern wollen
Die unglücklich über etwas sind
Die ein Problem haben
Die eine Herausforderung suchen
Die Wünsche verwirklichen wollen
Die Sehnsüchte haben
Die Erfolg haben wollen
Ich habe vor vielen Jahren einmal selbst in einer sehr bedrückenden Situation, in der ich keinen Ausweg mehr sah, einen wildfremden Menschen getroffen, der mir tröstend gesagt hat: »Es gibt immer eine Lösung, auch wenn Sie sie noch nicht sehen!« Was ist in dem Augenblick passiert? Ich habe meinen Kopf gehoben, habe mich entspannt, habe meine Tränen getrocknet, habe wieder geatmet. Mein Hirn, das in Schockstarre gelegen hatte, fing wieder an zu arbeiten. Und ein Hauch von Hoffnung schlich sich in mein trauriges Gemüt.
Es gibt immer eine Lösung, auch wenn wir sie noch nicht sehen. Das ist grandios. Denn es impliziert, dass wir nur hingucken müssen, und wir werden sie entdecken. Die Lösung
ist quasi schon da – wir müssen nur noch das Türchen aufsperren, hinter der sie sich vielleicht versteckt. Und allein kommen wir oft nicht darauf. Die kleistsche Formel von der allmählichen Verfertigung der Gedanken beim Reden ist der Schlüssel. Wir müssen reden, wenn wir auf eine Lösung kommen wollen. (Oder wenn wir gerade niemanden haben, dann können wir aufschreiben, was wir denken.)
Deshalb spreche ich von Lösungsorientiertem Kurzcoaching. Es geht nicht um Fragen oder Statements: Wer ist schuld? Warum hast du nicht …? Die anderen sind so gemein! Immer bist du so! Mach doch! Ist doch einfach! Es geht auch nicht um die jahrelange Aufarbeitung von Kindheitserfahrungen oder alten Kränkungen. Es geht nicht um den Blick zurück (vielleicht mal ganz kurz und zielgerichtet), sondern um Wünsche: Ich möchte! Ich will! Ich werde! Es geht darum, Hirnleere zu überwinden, Denkstarre zu lösen, Gefühle in Wörter zu fassen, Wünsche aussprechen zu dürfen. Das alles bedeutet: Stress zu lösen. Denn Stress macht blöd.
Haben Sie das gewusst: Stress macht blöd. Warum? Weil in Stresssituationen die Hirntätigkeit eingeschränkt ist. Angst und Probleme aktivieren die reinen Überlebensmechanismen: flüchten oder kämpfen. Das Blut fließt in die unteren Extremitäten (zum Weglaufen), die Kraft konzentriert sich in den Muskeln (zum Zuhauen), da bleibt nicht viel fürs Hirn: Wir können nicht mehr
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