So coache ich
sehen, die er wahrscheinlich auch hat.
9. Die Fehlersonne
Anwendung: Nach Fehlern aus Selbstvorwürfen finden
Situation: Zum Selbstcoachen und zum Coachen von anderen
Voraussetzung: Ehrlichkeit, Versöhnungsbereitschaft
Methode: Dieser Impuls entspricht der Feedforward-Methode nach Marshall Goldsmith.
Dauer: 20 bis 30 Minuten
»Wie konnte mir das nur passieren?« Kennen Sie diesen Tonfall, in dem sich Menschen selbst beschimpfen? Sie oder er hat einen Fehler gemacht und nimmt sich das total übel. Ach, so sind Sie auch? Na, dann wird Ihnen dieser Coaching-Impuls helfen. Die Fehlersonne ist eine supergute Übung für Menschen, die selbst ihre größten Kritiker sind.
Ich arbeite seit etwa zehn Jahren im Coaching mit diesem Tool. Es hilft, Menschen aus ihren Selbstvorwürfen herauszuführen und den Blick nach vorne zu richten. Dieser Coaching-Impuls ist auch sehr gut im Selbstcoaching anzuwenden, weil er eine klare Vorgehensstruktur hat.
Im Jahr 2008 lernte ich in New York Marshall Goldsmith kennen, der zu den 50 amerikanischen Topcoaches zählt. Er sagt, dass er seinen Klienten, die meisten sind Vorstände von Weltfirmen, das »Feedforward« beibringe. Das Wort Feedback hat sich längst auch in der deutschen Sprache seinen Platz erobert: »Darf ich Ihnen mal ein Feedback geben?« Es bedeutet, etwas Gewesenes zu beurteilen, also zurückzuschauen. Negatives Feedback nennt man auch manchmal »Manöverkritik«.
Goldsmith hält dies für eine Methode von gestern. Zukunftsträchtig sei ein »Feedforward«, also ein Blick nach vorne. Statt sich in der Fehlersuche zu suhlen und – auch ein sehr deutsches Phänomen – vor allem einen Sündenbock
auszumachen, sollte man lieber gemeinsam überlegen, wie zukünftig solche Fehler vermieden werden können, sprich: gemeinsam für die Zukunft planen.
Natürlich fühlte ich mich von Goldsmith mit meiner Fehlersonne sehr bestätigt. Als sehr lösungsorientiertes Tool fügt es sich gut in die LOKC-Methode ein, bei der es nicht um Tiefenpsychologie geht, sondern um »Höhenpsychologie«, denn Coaching ist auf der Höhe der Zeit. Dieser Coaching-Impuls konzentriert sich nicht auf Schuld und Schuldzuweisungen, sondern auf die nüchterne Analyse und das Suchen nach Optimierungsmöglichkeiten. Wie wussten schon unsere Vorfahren: »Es macht keinen Sinn, über verschüttete Milch zu jammern.« Engländer nennen das übrigens »Shit happens«.
Ein Beispiel wird Ihnen die Arbeit mit der Fehlersonne erläutern:
Karina M., 27, arbeitet als Sekretärin in der Geschäftsführung eines mittelständischen Unternehmens. Sie macht sich heftige Vorwürfe, weil sie vor einer Woche vergessen hat, die Einladung zu einer wichtigen Sitzung zu verschicken. Ihr Chef war kurz sauer. Die Situation konnte auch noch gerettet werden. Aber Karina nimmt sich das sehr übel: »Ich weiß überhaupt nicht, wie mir das passieren konnte.«
Keine hilfreiche Formulierung, sie beinhaltet Selbstbeschimpfung statt Analyse. Die Fehlersonne soll ihr helfen, den Blick wieder nach vorne zu richten.
Hier die fünf Schritte bei der Arbeit mit der Fehlersonne:
1. Schritt: Alles hat zwei Seiten
Sie nehmen ein DIN-A-4-Blatt quer. Teilen Sie das Blatt durch eine senkrechte Linie in der Mitte.
2. Schritt: Die Sonne geht auf
In die linke Hälfte des Blatts malen Sie eine Sonne. In die Sonnenmitte schreiben Sie den Fehler, den Sie gemacht haben, oder über den Sie nachdenken.
Karina M. schreibt: »Vergessen, die Einladung rauszuschicken«.
Dann malen Sie einige Sonnenstrahlen dazu und schreiben daran alle Ursachen, die im Rückblick Ihrer Meinung nach zum Fehler geführt haben.
Karina schreibt: Morgens zu spät gekommen – Streit mit Freund gehabt – Kollegin war krank – Telefon hat ständig geklingelt – Keine To-do-Liste gemacht – Reise für Chef umplanen – Große Hektik.
3. Schritt: Eine zweite Sonne geht auf
Jetzt malen Sie in die rechte Hälfte des Papiers ebenfalls eine Sonne. In die Mitte schreiben Sie das Ziel, also: Wie soll es in Zukunft sein, damit dieser Fehler nicht mehr vorkommen kann?
Karina schreibt in die Mitte: »Einladung pünktlich raus!«
An die Sonnenstrahlen notieren Sie für jede Ursache eine Verbesserungsmöglichkeit.
Karina schreibt für:
Morgens zu spät gekommen – Eine Viertelstunde früher losfahren
Streit mit Freund gehabt – Kann immer mal passieren (Wunsch: vor Stresstagen im Job Privatstress gering halten)
Kollegin war krank – Mit Chef wegen
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