So einfach kann das Leben sein
sie nie so recht gute Freunde, aber die Jahre in der Lehre verbanden. Danach hatten sie sich immer mal wieder getroffen. Doch nach dem Autounfall traute Kai sich einfach nicht mehr zu Dirk. Sein Bein musste amputiert werden. Allein diese Vorstellung schreckte Kai davor zurück, ins Krankenhaus zu gehen. Was sollte er sagen? Bestimmt war Dirk am Boden zerstört. Und ihn selbst würde es auch nur belasten, dem Kameraden nicht helfen zu können. In diese Gedanken versunken, klingelte das Handy. „Hallo, sind Sie Kai? Der Kai, der mit Dirk in die Schule ging? Hier ist Station 3 b, Schwester Elke. Dirk fragt, ob sie ihm nicht mal den Mitschnitt Ihres letzten gemeinsamen Konzert-Besuchs vorbeibringen könnten?“
Wer krank ist, wird doppelt bestraft. Ihn trifft oft unvermittelt, sich einschränken zu müssen. Und weil sich seine Gewohnheiten ändern, müssen sich viele in der näheren und weiteren Umgebung darauf einstellen. Das ist längst nicht allen selbstverständlich. So klammert man den Krankgewordenen einfach aus seinem Alltag aus – und das nur, um bei sich selber alles beim Alten lassen zu können. Gut, wenn Sie das durchschauen! Und manchmal einfach nur hellhörig werden für die Signale, mit denen der Kranke das Maß von Nähe und Solidarität reguliert.
Tote begraben
„Ich lass mich auf die grüne Wiese streuen“, meinte die betagte Dame zu ihrem Neffen, als die Sprache auf das Sterben kam. „Wer soll sich schon um mein Grab kümmern?“ Darauf entspann sich ein kleiner Disput. Am Ende stand ein klares: „Das lass mal meine Sorge sein.“ Ungläubig schaute die Dame den Mann an. Sie hatte ihn als kleinen Jungen oft bei sich gehabt; ihre Schwester bat sie öfter darum, ihn zu nehmen. Sie tat das selbstverständlich. Obwohl sie ihre eigenen Pläne dabei begraben musste, war die Pflicht ihr damals zur Liebe geworden. Verwirrt fasste sie sich an den Kopf: Sollte wirklich ebenso selbstverständlich aus der Liebe Pflicht werden können, die über den Tod hinausging?
Was als Bestattungsvorsorge angeboten wird, ist die traurigste Frucht falsch verstandenen Pochens auf Selbstbestimmung: Jetzt muss man sich auch noch selbst entsorgen. Der Liebe und dem Netz der Beziehungen wird nicht mehr viel zugetraut. Im Blick auf den Tod kann Sie das heilsam erschrecken. Je weniger Sie der Familie und den Freunden zutrauen, umso mächtiger wird die Versuchung, sich „weg“ zu machen. Es gehört zur Sorge um das eigene Glück und das der anderen, dieses Thema immer wieder auszugraben und umsichtig anzusprechen. Wenn Sie alleinlebend sind, sorgen Sie mit für ein gemeinsames Grabfeld in der Gemeinde auf dem auch die Erinnerung an Sie von Mitmenschen der nachfolgenden Generation in Ehren gehalten wird.
3. Die sieben geistigen Werke der Barmherzigkeit
Wer glücklich sein will, muss einfach nur gut sein. Doch das erfordert einen hehren Entschluss. Sie dürfen nicht mehr zu allem Ja und Amen sagen. Die sogenannten Gut-Menschen sind langweilig. Sie passen sich allem an. Die fallen kaum auf. Auf den ersten Blick scheinen sie angenehme Zeitgenossen zu sein. Auf den zweiten Blick zeigt sich, dass sie unzuverlässig sind. Sie hängen ihre Fahne geschickt in den Wind. Mit ihnen kann man nicht gut zusammen sein. Kaum hat man das Zimmer verlassen, beginnen sie unfreundlich zu reden über den, der eben noch von ihnen freundlich hervorgehoben wurde.
Wer wirklich gut sein will, übt Verlässlichkeit. So wird aus ihm einer, der aus seiner Bindung an das Gute gütig wird. Diese beiden Worte hängen zusammen: Güte strahlt der aus, der von Glaube, Hoffnung und Liebe getragen wird. Als guter Mensch ist er der Wahrheit verpflichtet. Er will gerecht sein und sucht nicht den eigenen Vorteil. Er ist nicht geizig gegenüber dem Bessergestellten, und er übervorteilt nicht den Schwachen. Der Gute erträgt, dass alle Menschen gleich an Würde sind, aber ungleich in ihren Fähigkeiten. Er weiß, dass jedem das Seine zukommt, und nicht jedem das Gleiche. Wer gut sein will, spricht nicht unbedacht alles nach. Er passt nicht zu denen, die mit möglichst wenig Reibung es einfach durchs Leben schaffen wollen. Seine Fragen zielen auf den Sinn hinter den Handlungen. Somit erweist sich, wer gut ist, als wahrer Auf klärer. Verkrustetes Denken (und Glauben!) bricht er auf. Eingeschliffene Handlungsweisen und gewöhnlichen Pessimismus befragt er nach den Gründen. Mit seinen Vorschlägen hat er Größeres im Sinn als das Heute oder Morgen. Am
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