So einfach kann das Leben sein
Sideboard. Sie zündete eine Kerze an. Und wie jeden Abend murmelte sie dabei, nicht ohne ein wenig zu lächeln: „Ich verzeih dir. Möge auch Gott das tun. Damit du wenigstens bei ihm immer daheim bleibst.“
Wir erreichen nicht immer gleich jene, die wir lieben. Zwischen uns stehen Missverständnisse und schlechte Erfahrungen, aber auch ganz einfach die Distanz aus Kilometern oder – endgültig – der Tod. Doch wir sind, was wir sind, auch durch jene, die von uns getrennt sind. Wer einfach gut sein will, füllt Dank und Bitte nicht zuerst mit den eigenen Anliegen. Er nimmt ernst, dass er aus der Liebe Gottes und seiner Mitmenschen geschaffen ist. Sein Gebet ist deswegen zuerst ein Sorgen um das Wohl derer, die sich um ihn sorgten. Bei Gott spielt es dabei keine Rolle, ob da nur ein kleiner Riss zu den anderen ist oder ob sie gar gestorben sind – er hört gern, was in Liebe gebetet wird.
4. Die sieben Hauptsünden
Wer das Glück sucht durch schlichtes Gutsein, muss mit Hindernissen rechnen. Unser Verstand ist oft weiter als unser Herz. Wir wissen, was wir tun sollten. Es ist uns klar, worin wir konsequent sein müssen. Und trotzdem gilt heute wie damals: „Ich begreife mein Handeln nicht: Ich tue nicht das, was ich will, sondern das, was ich hasse“ (Römer 7,15). Der Apostel Paulus steht fassungslos vor diesem Widerspruch. Schließlich meint er: „Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, dann bin nicht mehr ich es, der so handelt, sondern die in mir wohnende Sünde“ (Römer 7,19).
Genauso empfinden die Menschen bis heute. Sie fühlen sich fremdbestimmt, wenn sie ihren Willen zum Gutsein nicht in die Tat umsetzen können. Als wären da tausend Halteseile, die den Schritt, der „eigentlich“ dran wäre, hemmen. Sie flüstern einem die Frage ein, ob man das denn nötig habe, nun gut zu sein (Stolz). Oder sie lenken die Aufmerksamkeit darauf, dass andere es leichter haben im Leben (Neid). Diese und andere bohrende Fragen behindern den Menschen, der entschlossen ist, gut zu sein.
Sie hemmen das spontane Verlangen, mehr zu sein als ein Automat, der einen Schlag nur mit einem Gegenschlag beantworten kann. Was in der christlichen Tradition die sieben Hauptsünden genannt wird, benennt sieben Geisteshaltungen, die der Freiheit des Geistes im Weg sind. Sie werden auch Todsünden genannt; ihre Wirkung nimmt aller Freiheit den Atem und führt schließlich zum Beziehungstod. Wer sich ihrer bewusst wird, kann ihrem Automatismus entkommen, mit dem sie den Menschen zwingen, wider besseres Wissen schlecht zu handeln.
Wer einfach gut sein will, widersagt diesen Hauptsünden aktiv. Ein kräftiges: „Ich will nicht stolz sein, habgierig, unkeusch …“, ist die logische Errungenschaft eines entschiedenen: „Ich will einfach gut sein!“
Wer einfach gut sein will, läuft sich nicht tot. Statt sich unmäßig alles einzuverleiben oder zornig alles hinzuwerfen, wählt der Gute ein Leben mit Augenmaß. Statt sich abzuheben, will er lieber mitleben. Er will ein freigiebiger Weggefährte sein, nicht ein Sonderling, der alles todernst nimmt.
Mit welcher der sieben Hauptsünden habe Sie eine gute Geschichte erfolgreichen Widerstands? Welche der sieben Hauptsünden ist Ihr Thema? Inwiefern? Welche ersten Schritte, davon frei zu werden, nehmen Sie sich vor? Wer könnte Ihnen dabei helfen?
Stolz überwinden
Ihre Söhne verdienen gut. Sie haben ihr Auskommen. Die Ehefrauen und Kinder leben, wie man so sagt, in guten Verhältnissen. Sie hatten ja auch alles dafür getan, dass die beiden Jungs eine gute Ausbildung bekamen. Leider, so mussten sie jetzt feststellen, hatten sie dabei nicht an ihre eigene Zukunft gedacht. Die Rente reichte zwar; aber sie würden auch mal gerne verreisen. Doch daran war nicht zu denken, außer vielleicht so ein Billigangebot ohne jeden Komfort, ganz zu schweigen von einer interessanten Reiseleitung. – Ja, das wäre wirklich mal was anderes. Doch jetzt die Söhne um Geld bitten? Und auch noch dafür?
Wir sind in Sorge um unser Ansehen. Deshalb wachen wir darüber, dass keiner Böses von uns denkt, niemand unsere Schwächen bloßlegt oder unsere wahren Bedürfnisse entdeckt. Zu viel dieser Sorge macht einsam. Sie säht Misstrauen zwischen die Menschen. Der Stolz hindert die Menschen daran, einander Weggefährten zu sein, die Stärken und Schwächen miteinander teilen. Wer einfach gut sein will, übt sich in ein demütiges Selbstbewusstsein ein, das sich nicht von den anderen abhebt,
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