So einfach kann das Leben sein
meisten freut es ihn, wenn Menschen staunend ausrufen: „Du meine Güte!“ – weil sie entdecken, was sie alles verpassen, wenn sie ihren Möglichkeiten zum Gutsein nicht trauen. Wer einfach gut sein will, reinigt seinen Geist. Er befreit ihn aus der Einsamkeit, indem er ihn auf unbequeme Menschen und Situationen ausrichtet. So kann der Geist die Freiheit trainieren, die das Gute auch da verwirklichen will, wo es scheinbar keinen Zweck mehr hat. Denn das Gute nährt sich aus der Hoffnung, die Gott für das Heil aller Menschen hat.
Sünder zurechtweisen
Marina hatte sich nicht getäuscht. Kevin war wirklich noch nie in Amerika gewesen. Sein ganzes Gerede in der Kantine über New York und Chicago war reine Angeberei gewesen. Ein eher zufälliges Gespräch mit einem von Kevins ehemaligen Freunden hatte sie aufgeklärt. Eigentlich konnte ihr das ja gleich sein. Sollten sich doch die anderen weiter an der Nase herumführen lassen. Die Wichtigtuerei würde an ihr jetzt glatt vorbeigehen. Andererseits: Der schöne Kevin kam ihr plötzlich ziemlich hässlich vor. Und dumm dazu. Sie entschloss sich zu einer Verabredung mit ihm. Irgendwie wollte sie nicht, dass er bald auch seine Arbeitskollegen zu seinen „Ehemaligen“ zählen musste.
Die Menschen glauben nur schwer, dass sie vor Gott etwas Besonderes sind. Jeder möchte sich vom anderen etwas abheben. Da ist der Schritt weg von der eigenen Wahrheit leicht getan. Es ist ein Schritt in die Einsamkeit. Mit immer weniger Menschen kann der Sünder sein Leben teilen. Er sitzt in der Spirale, die ihn immer mehr nur für sich und seine Wirkung aufmerksam macht. Wer einfach gut sein will, fängt bei sich an, die eigenen Schwächen nicht zu verstecken. Daraus werden Wille und Kraft, den scheinbar Starken in Wahrheit zu begegnen.
Unwissende lehren
Die Leute mit den Transparenten gegen Tierversuche taten ihm leid. Bei Wind und Wetter hielten sie den Passanten ihre Botschaft entgegen. Abscheuliche Bilder enthielten ihre Handzettel. Er wählte seinen Weg durch die Stadt schon so, dass er ihnen nicht begegnen musste. Als Mediziner wusste er, was die Kollegen mit den Tieren alles anstellten. Er hatte ja selber mitgemacht. Nur Jana hatte sich schon zu Studienzeiten aufgeregt und von Alternativen zum Tierversuch geredet. Auf sie gehört hatten sie allerdings nicht. Als ihm sein Sohn am Abend eröffnete, in die Fußstapfen des Vaters treten zu wollen, musste er an die Leute mit ihren Transparenten denken. Morgen schon würde er zumindest mal anrufen im Labor, ob sich was geändert hatte …
Keiner kann alles wissen. Auch im Internet-Zeitalter hat nicht jeder Zugriff auf alles. Es sind meistens die Armen, denen heute wie damals die Teilhabe am Wissen der Menschheit versagt bleibt. Wer einfach gut sein will, teilt sein Wissen mit anderen Menschen auch dann, wenn er daran nichts verdient. Als sachverständiger Bürger kann er sich in den Ausschüssen der Parlamente einbringen. Vereine warten auf engagierte Mitstreiter, die ihr Wissen mit anderen teilen wollen.
Zweifelnden raten
Ob sie Lora wirklich zur Hauptschule gehen lassen sollten? Sie wollte doch immer nur das Beste für ihr Kind! Hatten sie etwas übersehen? Lora war doch wirklich nicht dumm. Andererseits hatte ihnen das Gespräch mit dem Klassenlehrer die Augen dafür geöffnet, dass Loras Stärke in praktischen Dingen lag. Der Lehrer hob auch die sozialen Fähigkeiten der Elfjährigen hervor. Sie könnte sich besser entwickeln, wenn sie nicht am Anfang der neuen Schule überfordert werden würde. Das alles klang plausibel. Sie konnten in den Argumenten auch nichts entdecken, was sich, wenn sie ehrlich waren, nicht mit ihren eigenen Beobachtungen deckte. Am Ende fanden sie es doch gut, dass sie noch mal eindringlich zum Elterngespräch gebeten worden waren.
Es gibt viele Möglichkeiten. Immer muss der Mensch wählen. Dabei muss er abwägen, was ihm wirklich wichtig ist. Er muss überprüfen, ob er alles berücksichtigt hat, was zu der Entscheidung dazugehört. In diesem Prozess sind Ratgeber gefragt, die nicht mit ihrer Sicht der Dinge hinterm Berg halten. Wer einfach gut sein will, hält sich bereit für das Fragen des Zweifelnden. Er lässt ihn mit seiner Unsicherheit nicht allein. Wer sich mit der eigenen Sichtweise der Dinge ins Gespräch bringt, verhilft zu einer klareren Entscheidung.
Betrübte trösten
Er hatte daran gedacht. „Wie geht es dir heute?“, fragte Kilian sie vorsichtig. Zwei
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