So erregend rätselhaft (German Edition)
sie sich eben unterhalten hatten. Wann hatten sie diesen zwanglosen Umgangston entwickelt? Sie konnte sich nicht erinnern. Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt, freundschaftlich mit ihm umzugehen.
Er ist das Monster, schon vergessen? Er ist der Mann, der dir Isabella wegnehmen wird. Er ist nicht freundlich. Er ist nicht charmant. Er ruiniert dein Leben.
Immer noch mit dem Kindersitz in der Hand, in dem Isabella friedlich schlief, ging Dex Lucy ins Haus voraus. Als er Isabella im Wohnzimmer in einer etwas dunkleren Ecke abstellte, strich er sanft mit einer Fingerspitze über ihre Wange.
Diese zärtliche Geste schnürte Lucy die Kehle zu, und sie spürte erneut Angst in sich aufsteigen.
Vielleicht war er nicht gerade ein Monster, aber er würde ihr Isabella wegnehmen. Das war ihr noch nie so klar gewesen wie in diesem Moment.
Bis jetzt hatte sie insgeheim immer noch gehofft, dass … dass was? Dex ihr Isabella einfach so übergeben würde?
Nein. Das würde nicht passieren. Solange er glaubte, er sei der Vater, würde er um das Sorgerecht kämpfen.
Aber was, wenn …
Lucy starrte geschockt ins Leere.
„Was, wenn sie nicht von ihm ist?“ Völlig unbeabsichtigt hatte sie das leise vor sich hin gesagt.
„Was meinst du damit, dass sie vielleicht nicht von mir ist?“
Sie fuhr herum. Dex stand keinen Meter von ihr entfernt. Einen Augenblick lang starrte Lucy ihn nur mit offenem Mund an, während wilde Panik in ihr aufstieg.
„Na ja, wir haben ja das Ergebnis des Vaterschaftstests noch nicht vorliegen, richtig? Bis dahin wissen wir es eigentlich nicht mit Sicherheit, oder?“
„Gibt es noch jemanden, der der Vater sein könnte?“
Sie glaubte es nicht. Sie war damals in der Bar gewesen, als Jewel sich Dex an den Hals geworfen hatte. Sie hatte alles aus der Ferne beobachtet, schockiert, dass ihre Schwester mit einem der Männer, in deren Firma sie arbeitete, auch nur flirtete. Erst später hatte Lucy erfahren, dass Jewel wenige Tage zuvor von Messina Diamonds gefeuert worden war.
Soweit Lucy wusste, war Dex der einzige Mann, mit dem Jewel in dem Monat geschlafen hatte. Und Jewel hatte immer bereitwillig über ihre Affären geredet. Meistens ausführlicher, als es Lucy recht war. Aber was, wenn sie sich irrte? Was, wenn sie ihre Schwester nicht so gut kannte, wie sie dachte?
„Ich weiß es nicht“, antwortete sie ehrlich.
Einen Moment lang betrachtete er sie forschend. Sie konnte nur hoffen, dass er ihr nichts anmerkte.
Endlich sagte er: „Die Frage ist einfach. Mit wie vielen Männern hast du in dem Monat, in dem du schwanger geworden bist, geschlafen? Nur mit mir? Oder noch mit einem anderen? Und Isabella hast du vor meiner Tür ausgesetzt, weil ich mehr Geld habe als der andere?“
Für einen Moment verwirrte Lucy die Frage. Sie hatte in dem fraglichen Monat mit gar keinem Mann geschlafen. Aber das wollte Dex eigentlich auch gar nicht wissen.
Und so beleidigend seine Andeutungen auch waren, sie hatte das alles durch ihre große Klappe schließlich selbst heraufbeschworen.
Ärgerlich auf sich wie auf ihn fuhr sie ihn an: „Wie kommst du darauf, dass ich nur mit dir und einem anderen Mann geschlafen habe? Vielleicht waren es ja Dutzende.“
So. Das sollte ihn zum Schweigen bringen.
Statt jedoch schockiert oder sogar gekränkt zu sein, lachte er auf. Verdammt.
„Netter Versuch.“ Er betrachtete sie noch etwas länger, dann schüttelte er den Kopf. „Nein, das nehme ich dir nicht ab. Nicht eine Sekunde glaube ich, dass es auch nur noch einen anderen gab, geschweige denn Dutzende.“
„Es könnte aber sein.“
„Nein. Ausgeschlossen. Du bist einfach nicht der Typ dazu. Weißt du, was ich denke? Ich denke, dass unsere gemeinsame Nacht eigentlich gar nicht zu deinem Charakter passt.“
Er machte noch einen Schritt auf sie zu, und sie wich Richtung Tür zurück.
„Du kennst mich nicht gut genug, um meinen Charakter zu beurteilen.“ Es überraschte sie, wie atemlos ihre Stimme klang, wie schwach ihr Protest war. Wie das Klopfen ihres eigenen Herzens sie erschreckte.
„Ach ja?“, murmelte er, während er ihr eine Haarsträhne hinters Ohr strich. „Aber ich bin ein exzellenter Menschenkenner. Und du kommst mir nicht wie eine Frau vor, die mit vielen Männern zusammen war. Dafür bist du zu unschuldig.“
Sie merkte, wie sie errötete, und verwünschte sich. Jewel würde jetzt nicht rot werden. Jewel wurde nie rot.
„Sieh dich an“, fuhr er fort und strich mit seinen Knöcheln sanft
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