So fern wie ein Traum
war vollkommen unbeschwert. Ist das der Grund für alles, was Sie heute sind?«
Sie nickte langsam mit dem Kopf, als er die nächsten Tiere aus ihren Boxen zu führen begann. »Gut gesagt«, murmelte sie. »Nein, das hoffe ich doch nicht, obgleich es mir natürlich eine solide Grundlage gegeben hat, auf der ich etwas aufbauen konnte.«
»Und meine Grundlage war nun einmal weniger solide.« Obgleich er es nicht wollte, verriet seine Stimme eine gewisse Bitterkeit. »Sie brauchen mich nicht daran zu erinnern, aus welchen Verhältnissen ich stamme, Mrs. Templeton, das ist mir nur zu gut bewusst.«
Sie unterbrach ihn, indem sie seine Hand ergriff. »Das war nicht als Kritik gemeint. Ich bin nicht blind, Michael, und ich möchte auch nicht, dass Sie denken, ich sei engstirnig. Ich kann sehen, dass Sie hier etwas aufbauen. Und ich weiß, warum Sie Ihre Kindheit früher hinter sich gelassen haben, als irgendjemand es tun sollte.«
Als er schwieg, ließ sie ihn lächelnd wieder los. »Ich weiß, was in meinem eigenen Haus vorgeht, Michael, und ich weiß auch, was im Leben der Freunde meiner Kinder passiert. Ich habe Mitleid mit dem Jungen, der du warst, auch wenn dich das sicher stört. Es hat mir das Herz gebrochen, mit ansehen zu müssen, was mit dir geschah.«
»Das war vollkommen unnötig.«
»Das glaube ich nicht, aber wie du selbst gesagt hast, ist die Vergangenheit vorbei und die Gegenwart das Einzige, was zählt. Man hört nie auf, Mutter zu sein, Michael. Man hört nie auf, sich zu sorgen. Laura ist eine erwachsene Frau, frei, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und ihr eigenes Leben zu leben, wie es ihr gefällt, aber trotzdem mache ich mir weiter Sorgen, trotzdem interessiere ich mich für alles, was sie tut, trotzdem wünsche und hoffe ich stets, dass sie die richtige Entscheidung trifft.«
Er wusste, was sie ihm sagen wollte, hatte sich darauf gefasst gemacht. »Und jetzt fragen Sie sich, ob Ihre jüngste Entscheidung wohl richtig war.«
Sie nickte. »Ja. Ich will nicht sagen, dass Sex nichts Dauerhaftes ist. Wenn man Glück hat, kann das durchaus sein. Aber allein genommen reicht er nicht.«
Er hatte erwartet, dass man versuchen würde, ihn von Laura abzubringen, aber so leicht würde man ihn nicht los werden. »Falls Sie hierher gekommen sind, um mich zu bitten, mich von ihr fern zu halten, dann haben Sie den Weg umsonst gemacht. Das werde ich nicht tun.«
Sie sah ihn ruhig an. »Wenn du es tätest, wäre ich ehrlich enttäuscht von dir. Worum ich dich bitte, ist, gut zu ihr zu sein.« Sie blickte in Richtung der Pferde, die fröhlich auf der Koppel tänzelten. »Sei bitte einfach gut zu ihr.«
»Das kann ich Ihnen versprechen«, antwortete er ihr. »Ich werde sie nie so behandeln, wie Ridgeway es getan hat. Ich werde sie weder betrügen noch belügen noch irgendetwas von ihr nehmen, was sie mir nicht von sich aus gibt. Und ich werde sie niemals in dem Gefühl zurücklassen, sie hätte versagt.«
Susan wandte sich ihm wieder zu. Mehr noch als die Worte überzeugte sie der Zorn in seiner Stimme, dass er es vollkommen ehrlich meinte. »Du verstehst die Sache besser als ich gehofft hatte.«
»Ich verstehe sehr wohl, wie es ist, wenn man sich als Versager fühlt.« Und er wusste, dass er verglichen mit einer Frau wie Susan Templeton vielleicht kein Versager, aber ganz sicher auch kein riesiger Erfolg war. »Wenn das alles ist, ich habe noch zu tun.«
»Michael.« Sie erinnerte sich, wie leicht erregbar und ungeduldig er seit jeher gewesen war, griff nach seinem Arm und sah ihn ruhig an. »Es ist schön, dich wieder hier zu haben«, sagte sie. »Würdest du jetzt so gut sein und mir das Pferd zeigen, von dem du mir erzählt hast? Ist es vielleicht der große Kerl dort drüben, der guckt, als ginge er bereitwillig für dich in den Tod?«
Michael atmete zischend aus und fragte sich, ob je ein Mann eine der Templeton-Frauen verstand. »Ja, das ist Max. Er guckt nur deshalb so unterwürfig, weil er auf eine Karotte hofft.«
»Ach, stell mich ihm doch bitte vor.«
»Ich habe ihr tatsächlich gesagt, dass ich mit ihm ins Bett gehe«, flüsterte Laura, während sie im Ankleidezimmer des Ladens herumliegende Kleider aufsammelte. »Ich kann nicht glauben, dass ich einfach dagestanden und meiner eigenen Mutter erzählt habe, dass ich mit Michael Sex habe.«
»Ich nehme an, dass das nicht weiter überraschend für sie war.« Margo stellte diverse Schuhe ins Regal. »Und wahrscheinlich war sie noch nicht
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