So fern wie ein Traum
dankbar sein.
Trotzdem, obgleich er gewusst hatte, dass sie kommen würde, traf ihn ihr Anblick, wie sie plötzlich im Türrahmen stand, mit ihrem Haar, das in der Sonne schimmerte, und warmen, weichen, grauen Augen, unvermutet wie ein Magenschwinger.
»Ich habe heute etwas früher im Laden Schluss gemacht«, setzte sie an. Sie zitterte vor Aufregung. Irgendetwas stimmte nicht. Selbst wenn sie taub und blind gewesen wäre, hätte sie es gespürt. »Ich dachte, da meine Eltern mit den Mädchen zum Essen in Carmel sind, sollte ich vielleicht fragen, ob ich statt ihrer dich bekochen kann.«
»Frauen, wie du gehören nicht hinter den Herd, mein Herz. Frauen wie du haben ihr Küchenpersonal.«
»Du wärst sicher überrascht.« Ohne auf eine Einladung zu warten, trat sie entschlossen ein und ging an ihm vorbei in Richtung Küchentür. »Ms. Williamson hat uns allen, sogar Josh, zumindest die Grundlagen des Kochens beigebracht. Ich mache ganz außergewöhnlich gute Fettucine Alfredo, und ich dachte, ich komme nur schnell, und sehe nach, was ich an Zutaten mitbringen muss.«
Zu sehen, wie sie in der Küche stöberte, als gehöre sie dorthin, sich vorzustellen, er könne jeden Abend nach einem anstrengenden Tag nach Hause kommen, wo sie ihn voller Freude bereits erwartete, brach ihm das Herz.
»Ich habe keine besondere Vorliebe für ausgefallene Gerichte, Süße«, erklärte er kühl und herablassend.
»Tja, dann versuchen wir es einfach mit etwas anderem.« Weshalb nur sprach er sie nicht mit ihrem Namen an? Seit er aus Los Angeles zurückgekommen war, hatte er noch nicht einmal ihren Namen über die Lippen gebracht. Sie sah ihn an und konnte nicht verhindern, dass sie aus dem Herzen sprach. »Oh, ich habe dich vermisst, Michael. Ich habe dich so sehr vermisst.«
Sie war auf halbem Weg in seine Richtung, und er meinte, fast schon zu spüren, wie sie ihre weichen, zarten Arme innig um seinen Nacken schlang, doch eilig wich er einen Schritt zurück und hob abwehrend die Hände.
»Ich bin total verdreckt. Ich hatte noch keine Gelegenheit, unter die Dusche zu springen, und ich bin sicher, dass du deine hübsche Seidenbluse nicht ruinieren möchtest.«
Weshalb sollte ihre Bluse plötzlich wichtig sein? Er hatte ihr bereits eine Bluse vom Leib gerissen, ohne daran zu denken, ob sie dadurch ruiniert würde. Er hatte sie seit Tagen nicht mehr in den Armen gehalten, und trotzdem stand er ihr jetzt mit einem beinahe gelangweilten Blick gegenüber.
»Was ist los, Michael?« Sie zitterte. »Bist du böse auf mich?«
Er legte den Kopf auf die Seite und sah sie reglos an. »Warum tust du das? Warum nimmst du immer an, dass du für alles, was auch immer geschieht, verantwortlich bist? Scheint ein echtes Problem von dir zu sein«, fügte er rüde hinzu, als er an ihr vorbeiging und sich ein Bier aus dem Kühlschrank nahm.
Er machte die Flasche auf, hob sie an seine Lippen und nahm einen tiefen Zug. »Sehe ich aus, als wäre ich böse auf dich?«
»Nein.« Laura faltete die Hände und hob, halbwegs gefasst, den Kopf. »Nein, das tust du nicht. Du wirkst eher leicht verärgert, weil ich dir im Wege stehe. Ich dachte, du wolltest heute Nacht mit mir zusammen sein.«
»Hübsche Vorstellung, aber meinst du nicht, dass das alles inzwischen lange genug gelaufen ist?«
»Das alles?«, fragte sie.
»Und ich, Süße. Wir haben die Sache so weit durchgezogen, wie sie durchzuziehen war.« Wieder setzte er die Flasche an seine Lippen, trank einen großen Schluck und fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund. »Hör zu, du bist eine wirklich tolle Frau. Ich mag dich. Ich mag deinen Stil, sowohl im Bett als auch außerhalb. Aber wir beide wissen, dass es für uns beide keine Zukunft gibt.«
Sie würde Luft holen, sagte sie sich. Egal, wie zugeschnürt ihre Kehle auch war, sie würde langsam und gleichmäßig Luft holen. »Ich nehme an, das soll bedeuten, dass du beschlossen hast, Schluss zu machen«, sagte sie.
»In Los Angeles habe ich ein paar gute Angebote gekriegt, also habe ich meine Pläne geändert. Ich bin den Frauen, mit denen in geschlafen habe, gegenüber für gewöhnlich fair, daher wollte ich dich wissen lassen, dass ich nächste Woche dorthin ziehe.«
»Du ziehst nach Los Angeles? Aber dein Haus…«
»Hat mir noch nie etwas bedeutet«, fiel er ihr mit einem Schulterzucken ins Wort. »Einfach ein Haus. Ein Haus ist wie das andere.«
Ein Haus war wie das andere. Eine Frau war wie die andere, dachte sie betäubt.
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